Leserbriefe zum Beitrag

„Mars, AniCura, Nestlé, Evidensia: Deutschlands Tiermedizin wird zum Schlachtfeld der Corporates!“ im VetJournal 12/2019–01/2020

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Im Vetjournal 12-2019–01/2020 haben Sie auf vier Seiten den Blogbeitrag des deutschen Tierarztes Dr. Ralph Rückert „Mars, Anicura, Nestlé, Evidensia: Deutschlands Tiermedizin wird zum Schlachtfeld der Corporates!“ ver­öffentlicht. Alleine die Überschrift macht auch jedem, der den Beitrag nicht gelesen haben sollte, deutlich, in welche Richtung es hier geht.

Herr Rückert bezieht sich rein auf seinen gesunden Menschenverstand und zeichnet fiktive Kriegsszenarien in seinen Texten – das ist uns bekannt. Darauf wollen wir gar nicht weiter eingehen. Es bleibt jedem Leser selbst überlassen, ob er Texten Glauben schenkt, die jeglicher Faktenlage entbehren.

Warum ich in Vertretung für das Management der Ani­cura DACH aber schreibe, sind unsere Mitarbeiter. Ihre Ideale, ihre Berufsmoral und ihr Antrieb, zu arbeiten, werden durch diesen Text von Herrn Rückert vor allen Kollegen in Österreich öffentlich mit Füßen getreten. Und dies lassen wir nicht zu! Das hat kein einziger der Kollegen verdient. Denn kein Tiermediziner, keine Tierärztliche Ordinationsassistenz, kein Therapeut oder weiterer Angestellter bei Anicura kommt auch nur im Entferntesten dem Bild gleich, das hier gezeichnet wird. Ein jeder Tierarzt, Helfer oder Therapeut hat seinen Beruf ergriffen, um Tieren zu helfen.

Alle Anicura-Tierkliniken und -Praxen werden durch einen oder mehrere Klinikleiter am Standort geführt, der/die vor Ort selbst über Mitarbeiter und Preise entscheidet/entscheiden (und wenn ich hier in der männlichen Form schreibe, schließe ich selbstverständlich die zahlreichen Frauen gleichermaßen mit ein wie die Männer). In der Regel war dieser Klinikleiter vorher sogar genau an diesem Standort zunächst selbstständig tätig und ist jetzt mit seinem Team Teil der Anicura-Gruppe geworden. Es hat sich in puncto Tiermedizin, Qualität und Ethik definitiv keine Veränderung im negativen Sinne ergeben.

Im Gegenteil: Als selbstständiger Tierarzt nehmen Buchhaltung, Einkauf oder auch Personalsuche einen Großteil der eigenen Arbeit in Anspruch. Jetzt kann sich dieser Spezialist vor allem auf seine Tätigkeit als Tierarzt, die Teamführung und die weitere Optimierung der tier­medizinischen Leistungen konzentrieren.

Und auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist besser möglich, wenn man als Angestellter arbeitet und geregelten Arbeitszeiten nachgehen kann. Für diese Art von Sicherheit sollen unsere Mitarbeiter ihren Berufsstand verraten haben? Ich denke nicht!

Entsprechend möchte ich Sie bitten, auch unserer Sicht der Dinge unkommentiert und ungekürzt Platz in einer der kommenden Ausgaben des Vetjournals einzuräumen – unseren Mitarbeitern, einem Teil der österreichischen Tierärzte, zuliebe.

Carla Naumann
Country Manager DACH
Anicura Germany Holding GmbH

 

 

 

 

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

als ordentliche Mitglieder der Tierärztekammer haben wir, die tierärztlichen MitarbeiterInnen der Anicura ­Tierklinik Hollabrunn, den Artikel des Herrn Kollegen Rückert (erschienen im Vetjournal 12/2019) über „die ­Attacke international agierender Großunternehmen“ gelesen und möchten hiermit dazu Stellung nehmen.

Wir sind besorgt, dass unsere Standesvertretung diesen Beitrag in einem öffentlichen Medium publiziert, anstatt sich auf ein kollegiales Miteinander und direkte, faire Kommunikation innerhalb der KollegInnenschaft zu besinnen.

Auch wenn zu Beginn betont wird, dass dies die persönliche Meinung des Autors ist, fragen wir uns, mit welchem Ansinnen dieser Artikel veröffentlicht wurde. Die vorliegenden Anschuldigungen sind unwahre Unterstellungen und rufschädigend – die Kunden werden aufgerufen, Anicura-Kliniken nicht mehr zu frequentieren, unseren KollegInnen wird nahegelegt, nicht mehr zu überweisen, JungtierärztInnen, sich nicht zu bewerben. Hier gibt es wohl wenig Interpretationsspielraum. Es bleibt allen freiberuflich tätigen TierärztInnen unbenommen, sich durch gute medizinische Versorgung ihrer Patienten auf dem Markt zu etablieren. Genauso steht die Wahl des Arbeitsplatzes und des betreuenden Tierarztes jedem frei.

Wir sehen die im Beitrag beschriebene Situation daher etwas anders, worauf wir nachfolgend eingehen möchten.

Durch den Verkauf der Tierklinik Hollabrunn an Anicura wurden unsere Arbeitsstellen – und damit die tierärztliche Notdienstversorgung in Niederösterreich und im Großraum Wien – gesichert. Wir alle sind langjährige MitarbeiterInnen hier und froh darüber, weiterhin in der Klinik tätig sein zu können. Wir schätzen das gute interne Fortbildungsangebot von Anicura, von dem jede/r Mitarbeiter/in profitiert. Dies umfasst freien Zugang zu vielen wissenschaftlichen Zeitschriften, Journal Clubs sowie gut organisierte Fortbildungsveranstaltungen. Zu erwähnen sind auch die gute Vernetzung und der Austausch mit anderen Anicura-Kliniken in ganz Europa.

Jungen KollegInnen bieten wir eine tolle Ausbildung und ein gutes Arbeitsumfeld, das im Notdienst durch einen immer erreichbaren oberärztlichen Hintergrund abgerundet wird. Wir arbeiten gerne in „unserer“ Klinik! Wir finden hier gute Arbeitsbedingungen und ein kollegiales Umfeld, von dem viele nur träumen können. Es stand damals außerdem allen österreichischen KollegInnen frei, die Klinik zu kaufen.

Zum Thema Notdienst: Die tierärztliche Notversorgung in unserer Region wird durch uns in vollem Umfang (inklusive MRT-Untersuchungen) lückenlos aufrechterhalten. Im Notdienst ist nur in wenigen Kliniken rund um die Uhr ein Team, bestehend aus Ärzten und Pflegern, zur stationären Patientenbetreuung und für die Notfallambulanz anwesend, um die überwiesenen Patienten zu versorgen. Warum also müssen wir uns gegenüber der KollegInnenschaft ständig bezüglich unserer Preisgestaltung rechtfertigen? Wir legen sehr viel Wert auf die kollegiale Kommunikation und faire Zusammenarbeit mit überweisenden TierärztInnen. Dies umfasst auch eine kostenlose Beratung per Telefon und Mail.

Es ist daher zutiefst unkollegial, uns als TierärztInnen zweiter Klasse und Handlanger von Mars abzuwerten. Bezüglich des Futterverkaufs sehen wir uns als unabhängige Berater und bieten Futtermittel diversester Hersteller an. Genauso wenig sind wir in der Auswahl unserer Therapien an Vorgaben gebunden. Wir führen unsere Behandlungen evidenzbasiert und nach Notwendigkeit durch. Unsere ethischen Ansprüche sind sehr hoch. Wir veranlassen keine Untersuchungen, nur um mehr Umsatz zu generieren. Viele unserer MitarbeiterInnen engagieren sich in ihrer Freizeit unentgeltlich in verschiedenen Tierschutzprojekten und auch die Klinik leistet dazu ihren Beitrag (Wildtierschutz sowie Zusammenarbeit mit verschiedenen Tierheimen). Mangelnde Motivation ist uns also nicht vorzuwerfen! Auch wir haben langjährige Kunden, die uns am Herzen liegen und die uns als Haustierarzt gewählt haben.

Zum erwähnten hohen Frauenanteil: Frauen leisten in Österreich, angestellt und selbstständig, in allen Bereichen der tierärztlichen Versorgung einen wichtigen Beitrag und „stehen täglich ihren Mann“. Bei Anicura leisten sie auch in der Führungsebene (z. B. in der Geschäftsführung) unternehmerische Tätigkeit. Für frauenfeindliche Aussagen sollte 2020 wirklich kein Platz mehr sein. Wir werden und wollen uns auf jeden Fall weiterhin um eine gute Arbeit sowie ein kollegiales und faires Miteinander bemühen.

Mit kollegialen Grüßen

Mag. Irene Pabersath, Dr. Sabine Resch, Mag. Ramona Wogritsch, Mag. Roland Gottinger, Mag. Claudia Kraxner, Mag. Isabell Rabanser, Mag. Andrea Abel, Mag. Veronika Zechner, Dr. Petra Tegelova, Dr. Nora Fuchs, Dr. Lena Braun, Mag. Christina Silberbauer

Stellvertretend für unsere tierärztlichen Assistenten:
Johannes Guwak, Antonia Bauer, Birgit Schwentenwein, Petra Esberger, Jacqueline Schratt, Claudia Lindbichler

 

 

 

 

Sehr geehrte Redaktion, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Es erstaunt, dass die Plattform der österreichischen Tierärztinnen und Tierärzte, das Vetjournal, den Blog eines deutschen Kollegen vollkommen kommentarlos abdruckt, der noch dazu in der Hauptsache an TierbesitzerInnen gerichtet ist und nur so en passant auch an KollegInnen.

Nicht, dass wir die Diskussion über Pro und Kontra scheuen würden – lediglich die Art und Weise, wie hier mit dem Thema umgegangen wird, ist etwas verstörend. So wird die persönliche Meinung eines bekannt polarisierenden Tierarztes kundgetan. Ganz nebenbei werden schwere Vorwürfe wie Verletzung der Berufsethik, das Voranstellen finanzieller Interessen vor die Interessen der Patienten oder gar Verrat der jungen KollegInnen am Berufsstand eingestreut! Wer also für Anicura oder Evidensia arbeitet, hat keine Berufsmoral, mag eigentlich seine Kunden nicht oder ist nur auf deren Geld aus, stellt den finanziellen Erfolg vor das Wohl des Patienten, will eigentlich auch gar nicht mehr arbeiten und verspielt das „Erbe“ des Berufsstandes.

Die ÖTK sollte Stellung beziehen, wenn man sich schon dazu hinreißen lässt, einen – wie es in der Friedens­forschung heißt – Angriff unter falscher Flagge zu veröffentlichen! Und auf wen treffen diese Worte?

Gelesen wird das Vetjournal von den in Österreich arbeitenden Tierärztinnen und Tierärzten, daher auch von den rund 70 TierärztInnen, die Anicura derzeit in Österreich beschäftigt. TierärztInnen, die wie alle anderen auch – unabhängig vom Arbeitgeber – daran interessiert sind, ihren Schützlingen bestmöglich zu helfen, für ihre Patienten da zu sein, sich fortzubilden und dabei auch ein Leben neben dem Job zu haben. Die Anforderungen haben sich verändert – sowohl der medizinische Anspruch der Tierbesitzer an den Tierarzt oder die Tierklinik als auch die Arbeitshaltung und gewünschte „Work-Life-Balance“ der jungen KollegInnen. Gerne geben wir jederzeit Auskunft über die Arbeit von Anicura, über unsere Ziele – wie z. B. den Missbrauch von Antibiotika schnellstmöglich auf ein notwendiges Maß zu drosseln, die ständige Verbesserung der Qualitätskontrolle in unseren Kliniken sowie den Versuch, die Notdienstversorgung unserer Patienten trotz der hohen Anforderungen aufrechtzuerhalten und die ständige Fortbildung unserer MitarbeiterInnen voranzutreiben, und vieles mehr. Liebe KollegInnen, sprechen Sie uns an, wenn es Fragen, Unsicherheiten oder Ängste gibt!

 

Mag. Elisabeth Kasper,
GF Anicura Tierklinik & Tierheilzentrum Aspern

Mag. Verena Stangassinger,
GF Anicura Kleintierklinik Breitensee

Dipl. Tzt. Britta Witz,
GF Anicura Kleintierklinik Breitensee

Mag. Yvonne Ehrlich,
GF Anicura Tierklinik Hollabrunn

Dr. Anna Valach,
GF Anicura Tierklinik Korneuburg

Dr. Karl Grohmann,
GF Anicura Tierklinik Korneuburg