Mag. Silvia Stefan-Gromen
Ausgabe 09/2024
Zwei Impfstoffe gegen Vogelgrippe haben sich in einem Feldversuch wirksam gezeigt. Beauftragt wurde dieser vom niederländischen Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität (LNV).
Ein Team von Wissenschaftlern des Zentralen Instituts für Tierseuchenkontrolle in Lelystad sowie der Universität bzw. des Forschungszentrums Wageningen in den Niederlanden hat die Ergebnisse einer Studie über die Auswirkungen der Immunisierung von Geflügel gegen die Vogelgrippe vorgestellt und kam zu der Schlussfolgerung, dass Impfungen eine entscheidende Form der Kontrolle darstellen könnten, indem sie die nächste Grippepandemie bei Menschen durch die Beseitigung der Quelle menschlicher Infektionen verhindern würden.
Im Rahmen des Projekts ging es um die Pathogenese und die verbesserte Diagnose und Kontrolle von Vogelgrippeinfektionen. In der in „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlichten Studie heißt es wie folgt: „Impfungen können das Übertragungsniveau auf einen solchen Umfang verringern, dass ein großer Ausbruch verhindert wird.“ Es ist allgemein anerkannt, dass Impfungen eine potenziell attraktive Maßnahme zur Kontrolle und Verhinderung von Ausbrüchen der hochgradig pathogenen Vogelgrippe (Highly Pathogenic Avian Influenza, HPAI) bieten. In den letzten Jahren wurden mehrere Impfstoffe gegen H5- und H7-Grippeviren in Geflügel entwickelt, und es wurde nachgewiesen, dass Impfungen Hühner vor offensichtlicher Krankheit (Morbidität) und Sterblichkeit schützen können. Der Grund, warum Ausbrüche von HPAI immer noch durch die Tötung und Vernichtung von infiziertem Geflügel kontrolliert werden (30 Millionen Vögel wurden in den Niederlanden während des Ausbruchs im Jahr 2003 vernichtet!), anstatt die Tiere einfach zu impfen, besteht darin, dass die Impfung zwar nachgewiesenermaßen den Tod und Symptome verhindert, aber dennoch asymptomatische Virusausscheidungen beobachtet worden waren.
Der springende Punkt: Die Übertragung verhindern
Es war daher unklar, ob immunisierte Vögel unabhängig von Ausbrüchen immer noch unbemerkt die Krankheit verbreiten können, wodurch das Risiko erneuter Ausbrüche erhöht und eine schwere Bedrohung für die Menschheit entstehen würde. Der ideale Impfstoff sollte daher nicht nur die Krankheit stoppen, sondern auch ihre Übertragung verhindern. Bisher war jedoch wenig über die Fähigkeit von Vogelgrippeimpfstoffen zur Reduzierung der Übertragung von HPAI-Viren in Hühnern oder die Quantifizierung dieser Reduzierung bekannt: Die Forschung beschäftigte sich ausschließlich mit der Effizienz des Impfstoffs in Bezug auf den Schutz der Hühner vor Krankheit. Daher blieb eine Wissenslücke in Bezug darauf, wie gut der Impfstoff die Ausbreitung des Virus reduziert, bestehen.
Dies stellt einen entscheidenden Punkt dar, der vor der Einleitung groß angelegter Impfkampagnen geklärt werden muss, und wurde zu einer dringlichen Angelegenheit, da China Pläne zur Impfung von Milliarden von Vögeln bekannt gegeben hat und Indonesien und Vietnam von der Weltorganisation für Tiergesundheit gedrängt wurden, dieselbe Richtung einzuschlagen.
Die niederländischen Wissenschaftler untersuchten durch sogenannte Übertragungsversuche die Auswirkung von Impfungen auf die Ausbreitung des Virus in einer Population von Hühnern. In einem Übertragungsversuch sind infizierte Hühner zusammen mit nicht infizierten Hühnern untergebracht und die Infektionskette wird überwacht. Diese Versuche ermöglichen den Forschern die Quantifizierung der Auswirkungen der Impfung auf die Übertragungsdynamik. Es wurden Vögel mit dem H7N7-Stamm infiziert, der während des Ausbruchs der Vogelgrippe im Jahr 2003 in den Niederlanden isoliert wurde, und es wurde unter Verwendung zweier auf dem Markt erhältlicher Impfstoffe geimpft; eines H7N1-Impfstoffs („Italien 99“) und eines H7N3-Impfstoffs („Pakistan 95“).
Die Forschung wurde folgendermaßen durchgeführt: In einem der Versuche wurden alle Vögel im Voraus geimpft, dann wurden fünf Hühner in einen Käfig gesetzt und mit dem Virus inokuliert. 24 Stunden später wurden fünf Kontakthühner dazugesetzt und die Ausbreitung des Virus wurde überwacht. Die Versuche wurden nach drei Wochen abgeschlossen. Es wurden außerdem Paarversuche mit geimpften inokulierten Hühnern und ungeimpften gesunden Kontakthühnern durchgeführt. In allen Fällen waren die Versuche mit strengen Sicherheitsmaßnahmen verbunden: Der H7N7-Stamm infiziert bekanntermaßen Menschen.
Ausbreitung der Krankheit konnte verhindert werden
Die Ergebnisse zeigen, dass zwei Wochen nach der Impfung beide getesteten Impfstoffe in der Lage waren, die Ausbreitung der Krankheit vollständig zu verhindern. Bei kürzeren Zeiträumen kam es jedoch trotz der Tatsache, dass die Hühner eine Woche nach der Impfung nicht mehr krank wurden, wenn sie mit dem Grippevirus inokuliert wurden, noch zu Übertragungen. Die Versuche belegen, dass Impfungen die Hühner nicht nur vor Sterblichkeit und Morbidität schützen, sondern auch die Ausbreitung eines Virus innerhalb einer Schar in solchem Umfang verringern, dass ein großer Ausbruch verhindert werden kann.
Die Wissenschaftler räumen jedoch ein, dass Impfprogramme nur als eine ergänzende Maßnahme angesehen werden sollten, da Impfungen die Übertragung des Virus wahrscheinlich nicht vollständig verhindern. In den Schlussfolgerungen einer früheren Studie derselben Forschungsgruppe wird vor der Gefahr gewarnt, dass grundlegende Maßnahmen in Bezug auf Hygiene, Transportbeschränkungen und Überwachungen nicht mehr beachtet werden, sobald die Impfkampagnen starten. Der Forscher Michiel van Boven erklärte, dass seine Gruppe außerdem weitere Versuche zu Impfungen mit Enten und Fasanen gegen das H7N7-Vogelgrippevirus durchgeführt habe, die gezeigt hätten, dass für jede spezifische wirtspathogene Kombination perfekt bestimmt werden kann, ob Impfungen ein effektives Mittel zur Verhinderung von Ausbrüchen wären. Influenza-A-Viren seien jedoch nicht nur sehr variabel, sondern könnten auch verschiedene Merkmale in verschiedenen Wirtsarten aufweisen – eine Impfung sollte daher spezifisch sein, was die Art des Impfstoffs, die Dosis und die Anzahl der Verabreichungen betreffe.
Ähnliche Versuche sind an Enten mit dem H5N1-Stamm durchgeführt worden, der während des Ausbruchs im Jahr 2004 in Pakistan isoliert wurde, wobei ein H5N2-Impfstoff verwendet wurde. Die Gruppe analysiert derzeit die Ergebnisse und wird die Schlussfolgerungen demnächst veröffentlichen.
Quelle:
Weiterführende Links:
AGES-Information zur Aviären Influenza (Vogelgrippe): https://www.ages.at/mensch/krankheit/krankheitserreger-von-a-bis-z/vogelgrippe