Fleischhygiene und Fleischqualität

bei der Farmwildhaltung

Ao. Univ.-Prof. Peter Paulsen, Dipl. ECVPH
Abteilung für Hygiene und Technologie von Lebensmitteln, Vetmeduni Vienna

Zur Betäubung, Schlachtung und weiteren Bearbeitung von Farmwild gibt es in Österreich spezifische Vorschriften bzw. Erlässe. Schlachtungen zur Fleischvermarktung unterliegen der üblichen tierärztlichen Fleischuntersuchung.

 

Die Farmwildhaltung ist ein Zweig der landwirtschaft­lichen Tierhaltung. Nach der VO (EG) Nr. 853/2004 ­fallen unter den Begriff „Farmwild“ Zuchtlaufvögel sowie Landsäugetiere [außer Haustieren der Gattungen Rind (einschließlich Büffel und Bison), Schwein, Schaf, Ziege sowie als Haustiere gehaltene Einhufer] aus Zuchtbetrieben. Begreiflicherweise hat hier die tierärztliche Bestandsbetreuung eine zentrale Rolle. Bei manchen Farmwildarten ist die Fleischgewinnung nur ein Teil der Wertschöpfungskette, zum Beispiel bei Straußen.

Zur Farmwildhaltung eignen sich herdenbildende Tierarten, neben Laufvögeln sind dies etwa Rotwild und Damwild, weiters Sikawild und Muffelwild. In einigen Staaten der EU werden auch Wildschweine gefarmt. Während es für den Eigenbedarf der TierhalterInnen Erleichterungen gibt, unterliegen Schlachtungen zur Fleischvermarktung der üblichen tierärztlichen Fleischuntersuchung und sind in zugelassenen Betrieben durchzuführen; eine Schlachttieruntersuchung hat zu erfolgen. Es gibt aber unter bestimmten Auflagen die Möglichkeit, dass die TierhalterInnen diese Untersuchung vornehmen. Zur Betäubung, Schlachtung und weiteren Bearbeitung von Farmwild gibt es in Österreich spezifische Vorschriften bzw. Erlässe (Leitfaden für bewährte Verfahrensweisen betreffend Tierschutz bei der Schlachtung; Leitlinie Farmwild). 

Tötungsart entscheidet über Fleischqualität 

Huftiere werden praktisch immer durch Kugelschuss in den Gehirnschädel getötet. Die Tötungsart bzw. die Behandlung der Tiere davor hat wesentlichen Einfluss auf Fleischqualitätsaspekte. Dies soll im Folgenden kurz erläutert werden.

Neben der hygienischen Qualität kann man vereinfacht die Genussqualität von Verarbeitungseigenschaften und ernährungsphysiologischen Aspekten abgrenzen. Die Muskulatur der Wildwiederkäuer zeichnet sich durch hohe Eiweißgehalte (> 20 %) bei niedrigem Bindegewebsanteil und niedrigen intramuskulären Fettgehalten aus, je nach Tierart sind es unter 1 %. Das Fettsäuremuster des intramuskulären Fettgewebes ist grundsätzlich günstig, das Verhältnis der Omega-6- zu den Omega-3-Fettsäuren kleiner als 4:1 (außer beim Wildschwein). Bei den meisten Wildarten überwiegen in der Muskulatur sog. „rote“ Fasern, diese sind reich an Myoglobin; die Muskeln sind gut kapillarisiert und damit an eine andauernde, mäßige Belastung sehr gut angepasst. 

Die Muskeln haben dadurch auch die für viele Wildarten typische rote Farbe. Bei tieferen End-pH-Werten (24 Stunden nach der Schlachtung) ist der Rotton eher hell, da Gewebswasser leichter an der Fleischoberfläche austritt und durch die Lichtreflexion das Fleisch so heller erscheint; bei höherem End-pH wird das Gewebswasser besser gebunden und das Fleisch ist an der Oberfläche trocken und dunkel. In der Praxis sind End-pH-Werte von bis zu 5,8 durchaus normal, ab Werten von 6,0 ergeben sich Einschränkungen in der Verwertbarkeit (Tab. 1). Frisches Fleisch mit hohen End-pH-Werten neigt sowohl bei aerober Lagerung als auch in der Vakuumverpackung zu raschem Verderb. Hintergrund ist ein prämortaler Glykogenmangel, damit kann nach dem Tod wenig Milchsäure gebildet werden und es sind damit die proteolytischen Bakterien (z. B. Pseudomonaden) auf der Fleischoberfläche im Vergleich zu Kohlenhydratverwertern bevorzugt. 

Dass gerade Wiederkäuer in ungewohnten Situationen rasch einen Glykogenmangel entwickeln können, kennt man als DFD-Problematik beim Rind schon lange, und so verwundert es nicht, dass beim Treiben, Verladen und Transportieren von gefarmtem Rotwild in Neuseeland und bei Rentieren in Schweden tatsächlich DFD-Zustände der Muskulatur nachgewiesen wurden. Die Konsequenz daraus ist, dass die Tiere am schonendsten im Herkunftsbetrieb getötet und entblutet werden. Sofern die Tiere an Treibgänge/Behandlungsstände gewöhnt wurden (z. B. durch Futtervorlage) und das Geweih kein Hindernis darstellt, wäre eine Betäubung mittels Bolzenschussgerät möglich, in der Praxis ist aber die Tötung durch Kugelschuss das Verfahren der Wahl. 

Die österreichischen Leitlinien sehen als Haltepunkte entweder die Mitte der Stirn (den Schnittpunkt der Diagonalen Auge – Ohransatz) oder die Schläfe (zwischen Auge und Ohrgrund) vor, wobei das Geschoß senkrecht auf die Zielfläche auftreffen muss, um zuverlässig das Gehirn zu erreichen. Die Mindestenergie ist dabei von der Entfernung abhängig. Die britische Defra hat weitaus genauere Vorgaben. Nach dem Kugelschuss hat die Entblutung zu erfolgen. Danach kann das Tier zu einem zugelassenen Schlachthaus transportiert werden. 

Im Schlachtbetrieb erfolgt wie bei anderen Wiederkäuern zuerst die Enthäutung und dann die Eviszeration am hängenden Tierkörper. Damit sind aus hygienischer Sicht optimale Voraussetzungen gegeben, da Farmwild im Allgemeinen am Fell selten fäkale Verschmutzungen aufweist bzw. schon mit freiem Auge überwiegend einen „sauberen“ Eindruck macht. Ein Ausweiden im Herkunftsbetrieb ist unter tierärztlicher Aufsicht zulässig, aber der Transport des unausgeweideten Tierkörpers im Fell ist hinsichtlich der Vermeidung der Kontamination der Fleischoberflächen eine Herausforderung. Die beste Lösung ist, die Schritte von der Tierhaltung bis zur Fleischzerlegung in einen Betrieb zu integrieren.

Zur Fleischausbeute, den Teilstückgewichten und der chemischen Zusammensetzung einzelner Muskeln gibt es mittlerweile zahlreiche Studien. Ausgehend von Arbeiten zum Rentier, zu südafrikanischem Farmwild und neuseeländischem Rotwild gibt es nun auch Studien, wo europäisches Dam- und Rotwild aus Farmhaltung mit erjagtem Wild verglichen wird. 

Vom frei lebenden Wild bekannte Geruchs- und Geschmacksabweichungen wie leberähnlich oder grasig können bei Farmwild durch Gabe von Kraftfutter vermieden werden. Ob die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien auch in der Praxis verwertet werden können, hängt auch von der Betriebsgröße ab. Eine für die verschiedenen Fleischteile optimierte Verwertung setzt voraus, dass auch mehrere Tiere zu einem Zeitpunkt geschlachtet werden und nicht nur eine Einzelentnahme je nach Bedarf erfolgt. Bei der Straußenhaltung ist Ersteres der Fall; bei den Wiederkäuern ist das Potenzial als Fleischquelle für kritische KonsumentInnen derzeit noch nicht voll ausgeschöpft.