Farmwildhaltung

in Österreich

Ing. Mag. Jürgen Laban
Obmann des Bundesverbands Österreichischer Wildtierhalter

 

Die Farmwildhaltung stellt für Landwirte eine zunehmend attraktive Alternative zu anderen extensiven Bewirtschaftungsformen in der Landwirtschaft dar. War man vor 30 Jahren noch ein Exot unter Bauern, wenn man Wildtiere züchtete, so ist die Wildhaltung heute ein anerkannter Betriebszweig geworden. In Österreich gibt es derzeit circa 1.700 landwirtschaftliche Wildhalter, die hauptsächlich Damwild und Rotwild zur Fleischgewinnung halten.

Aber auch bei den Konsumenten erfreut sich Wildfleisch immer größerer Beliebtheit. Der Trend hin zu weniger Fleisch, dafür aber höherer Qualität, sowie der Wunsch, die Herkunft der Produkte zu kennen, und jener nach ­Regionalität entsprechen voll und ganz dem Wildfleischan­gebot der Farmwildhalter.

Höchste Qualität

Farmwildhalter haben die Möglichkeit, alle Faktoren zu steuern, die die Qualität beeinflussen. Das beginnt bei der artgerechten Fütterung, dem Vermeiden von Mangel­phasen in den Wintermonaten und dem Ausgleich des Mineralstoffhaushalts.

Die stressfreie Tötung durch den Schuss auf der Weide und sofortiges Ausbluten tragen wesentlich zur Fleischqualität bei. Die Verbringung in einen hygienischen Schlachtraum, fachgerechtes Ausweiden und Abziehen der Decke sind Voraussetzung, um höchste Qualität zu erzielen. Die anschließende gekühlte Reifung über drei bis fünf Tage und die saubere, hygienische Verarbeitung im Schlacht- und Verarbeitungsraum garantieren beste Qualitätsergebnisse.

Vielfach ist es nicht möglich, Wildbret aus der Jagd in dieser Qualität zu liefern. Die Kette Jäger – Wildbrethändler – Wildbretverarbeiter – Großhandel/ Supermarkt mit ­vielen unterschiedlichen Akteuren am Markt lässt ein lückenloses Qualitätsmanagement nicht zu. Somit haben nur die landwirtschaftlichen Wildhalter die Chance, das Segment für höchste Qualität nachhaltig abzudecken. Der Bundesverband Österreichischer Wildtierhalter hat sich zum Ziel gesetzt, die österreichischen Wildhalter in ­diesem Bemühen zu unterstützen und zu fördern.

Wildhaltung ist Direktvermarktung

Nur, wenn Landwirte ihr Wildfleisch über Direktvermarktung vertreiben, ist dieser Betriebszweig entsprechend lukrativ. Dabei sind neben hoher Qualität auch die schon erwähnte Herkunft und Regionalität von großer Bedeutung.

Das Fleisch muss küchenfertig zugeputzt sein, von Sehnen und Faszien befreit werden, eventuelle Fettränder müssen entfernt werden, damit der Konsument das Wildfleisch ohne weitere Vorbereitungen zubereiten kann. Unter der Marke „Wildfleisch vom Bauern“ werden den Konsumenten Rezepte zur Verfügung gestellt, es gibt Wildkochkurse und viel Wissenswertes rund ums Wild. Dies ist ein stark wachsender Markt, und vor allem die flächendeckende, ­österreichweite Verteilung der Farmwildbetriebe bietet die Möglichkeit, regional und direkt vom Bauern einzukaufen.

 
Der Wildfleischmarkt

In Österreich werden pro Kopf jährlich circa 37,2 Kilo Schweinefleisch, 12,6 Kilo Geflügel, 11,5 Kilo Rind- und Kalbfleisch und nur etwa 0,7 Kilo Wildfleisch verbraucht.

In Zahlen sind das insgesamt circa 9.000 Tonnen, von denen etwa 3.500 Tonnen aus der heimischen Jagd stammen, 1.000 Tonnen von den österreichischen Wildhaltern und immerhin 4.500 Tonnen aus dem Ausland importiert werden (Quelle: Statistik Austria).

Neuseeland, der Weltmarktführer für Wildfleisch, liefert davon einen beträchtlichen Teil: 50 Prozent des gesamten neuseeländischen Wildfleischs werden nach Europa geliefert, 45 Prozent davon alleine nach Deutschland und Österreich (Quelle: www.deernz.org)! Die Qualität ist sehr gut und die Preise sind nicht sehr hoch, da in Neuseeland bis zu 20 Prozent des Erlöses aus der Vermarktung des Bastgeweihs erzielt werden. Immerhin werden pro Kilo Bastgeweih, das in Asien (China, Korea etc.) für medizinische Zwecke verarbeitet wird, 250 bis 300 Dollar bezahlt.

In Europa kommt der Verwertung des Bastgeweihs keine Bedeutung zu, da die Geweihentfernung im Bast während der Wachstumsphase tierschutzrechtlich nicht möglich ist, die Konsumenten dies aus ethischen Gründen mehrheitlich ablehnen und die Humanmedizin die daraus hergestellten Produkte und deren Heilwirkung als nicht wissenschaftlich erwiesen betrachtet.

Eine Verschiebung von importiertem Wildfleisch hin zu heimischem Wild ist nur durch mehr Farmwildbetriebe möglich, denn weder der Wald noch die Wilddichte kann ausgeweitet werden. Es ist im Sinne aller österreichischen Konsumenten, mehr heimisches Wild (Herkunft) aus der näheren Umgebung (Regionalität) in höchster Qualität (Farmwild) zur Verfügung zu haben. Landwirte, die sich für die Umstellung ihrer Betriebe – weg von der Massentierhaltung oder Produkten, die in überhitzten Märkten zu Niedrigpreisen angeboten werden – auf Farmwildhaltung entscheiden, müssen von allen Seiten, vor allem Behörden, unterstützt werden! Österreich ist ein idealer Platz für die Wildhaltung, da Wild aus den Alpen und österreichischen Wäldern ein glaubwürdiges Produkt ist und damit eine Marke für Österreich sein kann. Wild aus Holland oder Süditalien tut sich da schon schwerer.

Wildhaltung

Mit der Begründung „Rotwild nimmt keinen künstlichen Einstand an“ wurde einem Landwirt, der ein Wildgehege errichten wollte und darin als Ersatz für Waldflächen einen entsprechenden Unterstand bauen wollte, die Genehmigung vom Veterinär versagt. Er solle doch Damwild halten!

Diese und etliche andere Argumente der Behörden, die bei der Genehmigung von Wildgehegen vorgebracht werden, zeigen die unnötigen bürokratischen Hürden und Unkenntnisse der Behörden hinsichtlich der Farmwildhaltung auf. Dass oben zitiertes Argument natürlich Nonsens ist, davon kann man sich in der Praxis hundertfach überzeugen. Der Bundesverband Österreichischer Wildtierhalter setzt sich daher dafür ein, Mitglieder bei Behördenverfahren zu unterstützen, will aber allen Beteiligten auch mehr Wissen über die Wildtierhaltung in der Praxis vermitteln. Ab Herbst 2019 startet die neue Webpage unter www.wildhaltung.at

Daher gibt es gute Kontakte zu Universitäten, dem Fiwi, der Vetuni, aber auch eine sehr gute internationale Vernetzung innerhalb von Europa durch die Mitgliedschaft in der Fedfa (Federation of European Deer Farmers Associations; www.fedfa.com) sowie Kontakte zu russischen und neuseeländischen Verbänden. International ist die Farmwildhaltung wesentlich weniger gesetzlichen und behördlichen Restriktionen unterworfen – damit haben die österreichischen Farmwildhalter Wettbewerbsnachteile. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten mithelfen, diese Markthemmnisse zu überwinden! Gerade in diesem Punkt kommt den österreichischen Tierärzten eine bedeutende Rolle zu.