Ein Blick

in den Futternapf

Tierärztin Tanja Warter

Trends bei der Ernährung machen auch vor Haustieren nicht halt. Die Philosophien gehen dabei weit auseinander: Der eine Hund bekommt nur rohes Fleisch, der andere lebt vegan. Doch sind all diese Zugänge so unproblematisch?

Noch nie zuvor in der Geschichte haben wir Menschen uns so viele Gedanken um unsere Ernährung gemacht wie heute. Fast Food? Bio? Oder vielleicht Bio-Fast-Food? Vegetarisch, vegan, nur roh, nur gekocht, nur ­regional? Nur zuckerfrei? Nur fettarm? Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen. Die intensive Auseinandersetzung ist nachvollziehbar, denn es spielen einerseits persönliche gesundheitliche Faktoren eine Rolle, andererseits wächst das Misstrauen gegenüber der Industrie, die hinter der Lebensmittelproduktion steht. Einfach nur genügend Kalorien aufnehmen und satt werden, das ist längst nicht mehr der Maßstab. 

Auch um die Ernährung der Vierbeiner zerbrechen wir uns mehr denn je den Kopf. Es ist noch gar nicht so lange her, da mussten Katzen mit Mäusen und Milch zurechtkommen, Hunde erhielten in der Regel Speisereste. Heute möchte man sich angesichts dieser Tatsache gelegentlich fragen: Wie haben Hunde und Katzen das eigentlich überlebt? Der Kult, der bei menschlicher Ernährung oft schon mit einer Religion verglichen wird, weitet sich zusehends auch auf die Fütterung der Haustiere aus. Die Anforderungen an Tierfutter sind enorm hoch, denn im Normal­fall möchte jeder Tierhalter nur das Beste für seinen Liebling. Mit einem guten Futter verbindet man ein langes, gesundes Leben. Ganz so falsch ist das nicht, denn die Lebenserwartung unserer Hunde und Katzen ist auch durch die neue Ernährung deutlich gestiegen. Fein auf­einander abgestimmte Fertigfutter waren bis vor ein paar Jahren noch das Nonplusultra der Futtermittelindustrie. Doch dann wurden viele Menschen skeptisch. Immer öfter wollen Patientenbesitzer die gesunde Versorgung des Tieres lieber selbst in die Hand nehmen und diese wichtige Aufgabe nicht gedankenlos einer großen, unbekannten Firma überlassen. Es gab sogar eine Welle mit Gerüchten, in Fertigfutter befänden sich süchtig machende Lockstoffe. Bis heute rätseln Experten der Tierernährung, was damit wohl gemeint sein könnte. Finden ließ sich bei den ­Analysen bislang zumindest nichts dergleichen.

Barfen und Fehlernährung

Aus der Überlegung, das Tier besonders naturnah zu ernähren, entsprang ein Trend namens Barf, eine Abkürzung für „Biologisch artgerechte Rohfütterung“. „Gebarfte“ Hunde bekommen im Wesentlichen nur rohes Fleisch zu fressen. Dahinter steht der Gedanke, dem Futterspektrum des Wolfs möglichst nahezukommen. Viele Tierbesitzer schwören darauf. Ob das Barfen nun gesund ist? Die Antwort lautet: ja und nein. Es hängt im Wesentlichen davon ab, wie es umgesetzt wird. Wer sich seriös und intensiv mit dem Thema auseinandersetzt, kann seinen Hund auf diese Weise gut versorgen. Wer aber gedankenlos beispielsweise nur rohes Muskelfleisch und keine Knochenanteile füttert oder wer zu viel Leber serviert, kann schnell Mangelerscheinungen oder eine Überversorgung verursachen. Seit Barf im Trend liegt, sind bei Tierärzten immer öfter Vierbeiner vorstellig, die Symptome einer Fehlernährung aufweisen. Doch während ein Teil der Hunde nur rohes Fleisch futtern darf, müssen andere ganz ohne Fleisch auskommen. Immer mehr Hundehalter, die selbst kein Fleisch essen, wollen auch ihre Vierbeiner vegetarisch oder vegan ernähren. Neueste Studien zeigen: Möglich ist das, denn Hunde können Proteine aus Pflanzen verwerten. Die Qualität des pflanzlichen Eiweißes ist dabei aber wichtig. Nach derzeitigem Wissensstand ist Soja am besten geeignet, Bohnen und Erbsen sind Alternativen. Aber Vorsicht: Welpen und Junghunde können nicht vegan ernährt werden, auch trächtige und kranke Tiere benötigen tierisches Eiweiß. Daneben gibt es etliche weitere Fragen zur Hundefütterung, die immer wieder ­auftauchen. Hier die am häufigsten von Tierbesitzern gestellten Fragen mit Kurzantworten tiermedizinischer Ernährungs­experten:

Was ist besser: Trocken- oder Dosenfutter? 
Dabei können sich Tierbesitzer ganz an ihrer und der Vorliebe ihres Hundes orientieren, denn er kann mit beidem gut leben. Es darf dies und das sein.

Sind im Fertigfutter Stoffe enthalten, die Hunde süchtig machen? 
Nein. Aber vielen Fertigfuttern werden Aromen bei­gemischt. Leberextrakt ist ein Beispiel dafür. So wird ein Produkt schmackhafter – süchtig macht es aber nicht.

Sind in billigem Fertigfutter Sägespäne und alte Autoreifen enthalten?
Nein. Es besteht aus Produkten, die beim Schlachten übrig bleiben, weil sie nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt sind. Viele Innereien, Pansen, Ohren oder sehnige Stücke gehören dazu. Theoretisch könnten wir Menschen das auch essen, wir wollen es aber nicht.

Ist Getreide schädlich für meinen Hund? 
Grundsätzlich nicht. Neue Untersuchungen zeigen, dass Hunde in den Jahrtausenden, in denen sie mit Menschen zusammenleben, ihr Verdauungssystem umgestellt haben: Anders als Wölfe können Hunde die im Getreide ent­haltene Stärke aufspalten und verwerten.  

Braucht der Hund einen Fasttag in der Woche? 
Ein Fasttag ist nicht schädlich, bringt aber auch keine gesundheitlichen Vorteile. Ist ein Hund übergewichtig, sollte er besser kleinere Portionen bekommen und mehr Bewegung machen. 

Darf ein Hund gar keine Speisereste haben?
Doch. Es ist nicht schlimm, wenn er ab und zu etwas vom Essen der Menschen bekommt. Jedoch sollte der Hund nicht durchgehend davon ernährt werden. Auf lange Sicht können sonst Mangel­erscheinungen auftreten.

Darf ein Hund Knochen haben oder nicht?
Kein Hund muss Knochen fressen, damit er gut und ausgewogen ernährt ist. Aber die meisten Hunde lieben Knochen, und viele Besitzer möchten sie ihnen gern zukommen lassen. Knochen sollte man nicht generell verurteilen, sie müssen aber richtig gefüttert werden. Für die Zähne und als Beschäftigung sind sie dann sogar gut. Außerdem enthalten sie Mineralstoffe und Spurenelemente. Futter­knochen sollten immer roh sein, möglichst klein und bestenfalls von Jungtieren. Geeignet sind beispielsweise Rippen von Lämmern oder Kälbern. Einmal pro Woche als Snack spricht nichts dagegen. Mark­knochen hingegen sind aufgrund scharfer Kanten zu gefährlich.  

Philosophien der menschlichen Ernährung lassen sich nicht eins zu eins auf Tiere übertragen. Katzen beispielsweise kommen als Fleischfresser mit veganer Nahrung grundsätzlich nicht klar. Dennoch hat sich die Futter­mittelindustrie auch in dieser Hinsicht etwas einfallen lassen und veganes Katzenfutter auf den Markt gebracht. Dazu ist Hightech aus dem Labor nötig, denn Katzen sind absolut auf einzelne Bausteine tierischer Proteine angewiesen, die für veganes Katzenfutter mit viel Aufwand und hohen Kosten künstlich erzeugt werden müssen.