Die vielen Wege nach dem Tod

Tanja Warter

Immer mehr Menschen wünschen sich, dass ihr geliebtes Haustier nach seinem Tod nicht in der Tierkörperverwertung landet. Daraus hat sich ein Markt entwickelt, der auch für Tierärztinnen und Tierärzte relevant ist. Einblicke in die Arbeit nach dem Tod.

Wenn ein Tier in der Tierarztpraxis stirbt, gibt es für die ­Besitzer*innen in Absprache mit der Tierärztin oder dem Tierarzt eine entscheidende, sehr emotionale Frage zu klären: Was soll mit dem Körper des Haustiers weiter passieren? Vor rund 20 Jahren war der Standard: Das Tier verbleibt in der Ordination, wird dort entweder von der Tierkörperverwertung abgeholt oder vom Tierarzt oder der Tierärztin selbst in einen TKV-Kadavercontainer gebracht. Was im Detail geschieht, darüber wurde mit den Halter*innen in ihrer Trauer meist nur vage gesprochen. 

Grundsätzlich werden tote Tiere nach dem „Grad der von ihnen ausgehenden Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier“ in drei Risikogruppen unterteilt. Haus- und Heimtiere zählen in der Tierkörperverwertung als „Kategorie-1-
Material“ – dieses birgt das höchste Risiko, muss vollständig entsorgt und verbrannt werden. Neben Haustieren zählen dazu auch Zoo- und Zirkustiere sowie gefallene Wild- oder Nutztiere. In der Tierkörperverwertung wird das K1-Material zerkleinert, getrocknet, verbleibendes Fett und Mehl mechanisch getrennt und unter Druck sterilisiert. Von verstorbenen Haustieren bleibt am Ende nur steriles Fett und Mehl übrig. Das Fett landet großteils in der Biodieselerzeugung oder wird zur Energiegewinnung genutzt, das Mehl kommt überwiegend als Ersatzbrennstoff in die Zementindustrie. 

Betrachtet man das tote Tier ausschließlich als Bio­masse, die es sicher zu entsorgen gilt, ist diese Form der Verarbeitung und Schlussverwertung sinnvoll und sachlich nachvollziehbar. Dennoch: Diese Verarbeitung in einer Tierkörperverwertung entspricht heute vielfach nicht mehr dem, was Tierbesitzer*innen unter einem respekt- oder würdevollen Abschied verstehen. Daher hat sich in den vergangenen 20 Jahren ein neuer Trend entwickelt: Nach vielen Jahren, die Hund, Katze, Kaninchen und Co mit ­ihren Menschen gemeinsam verbracht haben, werden tierische Freunde immer häufiger kremiert. Übertriebene Tierliebe oder nicht? Zumindest ist es in der Geschichte nicht neu, auch Tieren eine Bestattung zukommen zu ­lassen: Schon die alten Ägypter ließen vor Tausenden von Jahren bereits Vierbeiner beerdigen, teilweise auch gemeinsam mit Menschen. 
Das erste österreichische Tierkrematorium wurde 1992 in Wien gegründet, zehn Jahre später folgte das Krematorium Lebring in der Steiermark, das heute in zweiter Generation geführt wird. Geschäftsführer Christian Pusnik: „Als meine Schwiegereltern damals mit der Tierkremierung begannen, ernteten sie teilweise noch Kopfschütteln. Das hat sich vollkommen gewandelt.“ Heute hat der Betrieb 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bietet in Kooperation mit der PETLOG GmbH einen Service, verstorbene Tiere österreichweit in Tierarztpraxen abzuholen. „So können wir sicherstellen, dass die Kremierung innerhalb von 24 Stunden passiert“, so Pusnik. Jedes Tier wird einzeln verbrannt, Sammelkremierungen finden in Lebring nicht statt. 

Mittlerweile gibt es in Österreich neun nach dem Tier­materialiengesetz zugelassene Tierkrematorien, deren Anlagen über sehr unterschiedliche Kapazitäten und auch über verschiedene Techniken verfügen. „Unser modernster Ofen ist zu 100 Prozent computergesteuert und funktioniert ganz ohne Feuer, nur mit Hitze“, erklärt Robert Grossler, Key Account Manager für Tierärzte in Wien, Niederösterreich und dem Nordburgenland bei der Firma ­Aevum Tierkrematorium & Tierbestattung. Aevum hat zwei Kremierungsstätten, eine in Gleisdorf in der Steiermark und seit dem vorigen Jahr auch eine in Baden bei Wien. Hier können – ebenso wie in Lebring – auch Groß­tiere wie Pferde verbrannt werden. „Das neue Gerät in ­Baden benötigt nur noch zehn Prozent des Gases, das ältere Ofenmodelle brauchen. Überschüssige Abwärme geht in die benachbarte Autowaschstraße, sodass im Sinne der Nachhaltigkeit die Energie bestmöglich genutzt wird“, so Grossler.
 

Auch Aevum bietet einen Abholservice für verstorbene Tiere an; anders als die Firma Petlog, die ausschließlich Tierarztpraxen anfährt, holt Aevum verstorbene Tiere aber auch bei den Eigentümern daheim ab. Tierhalter*innen sind grundsätzlich dazu verpflichtet, tote Tiere an eine zugelassene Einrichtung (etwa eine Sammelstelle in der Gemeinde, TKV, Tierfriedhof, Krematorium) zu übergeben. Laut Bundesministerium ist aber auch das Vergraben einzelner Haustiere (wie Hund, Katze oder Kleintier) gestattet, wenn es sich nicht um ein seuchenverdächtiges Tier handelt. Doch Vorsicht: In einzelnen Bundesländern bestehen Einschränkungen. Infos über die örtlich geltenden Bestimmungen bekommt man beim Gemeindeamt oder beim Magistrat. In allen Krematorien Österreichs können verstorbene Tiere außerdem von den Besitzer*innen selbst abgegeben werden, was Transportkosten spart. 

Apropos Kosten: Für die Kremierung orientieren sich diese in der Regel am Gewicht der Tiere und werden üblicherweise auf den Homepages veröffentlicht. Beispiele für die Einzeleinäscherung eines 20 kg schweren Hundes laut Webseiten: Aurora Tierkrematorium in Oberperfuss, Tirol: 285 Euro; Tierkrematorium Lebring, Steiermark: 290 Euro; Aevum in Baden bei Wien: 329 Euro; Tierkrematorium Wien: 313,50 Euro. Dienstleistungen wie die Abholung und Extras wie Särge oder Urnen bestimmen den endgültigen Preis. Es lohnt sich daher, einen Blick auf die Details zu werfen.  Teilweise werden auch günstigere Sammelkremierungen angeboten, bei denen die Asche nicht ausgehändigt wird. Bei Aevum beispielsweise wird die Asche im „Seelenpark“ in Brunnsee in der Steiermark ausgestreut. 

Während Tierkrematorien in Österreich um Transparenz bemüht sind und nach dem Tiermaterialiengesetz zugelassen sein müssen, hat sich parallel auch die eher undurchsichtige Berufsgruppe der Tierbestatter*innen etabliert. Diese fungieren als Schnittstelle zwischen Krematorien und Tierhalter*innen oder Tierärzt*innen. Bei Tierbestatter*innen handelt es sich um ein freies Gewerbe, für das spezielle Vorgaben fehlen. Wo ein Bestatter kremieren lässt, liegt ganz in seinen Händen. Der Preis spielt im umkämpften Markt eine entscheidende Rolle, und auch Krematorien im Ausland mischen mit. Zahlen zu Tierbestattern in Österreich liegen offiziell nicht vor, im Branchenverzeichnis Herold ergibt die Suche 41 Treffer.

Jüngst erschütterte ein Skandal die Szene: Ein Tier­bestatter hatte den Kunden gegenüber zwar behauptet, das verstorbene Tier sei kremiert worden, doch wegen der retournierten Aschemenge kamen bei einer Besitzerin Zweifel auf. Schließlich stellte sich heraus, dass der Bestatter irgendeine Asche ausgehändigt hatte. Wer als Tierarzt/Tierärztin mit einem Tierbestatter bzw. einer Tierbestatterin kooperieren möchte, sollte die Arbeitsweise daher genau überprüfen: 1. Nachfragen, mit welchem Krematorium die Zusammenarbeit stattfindet. 2. Auch beim Krematorium nachfragen, ob der Bestatter bzw. die Bestatterin als regelmäßige/r Kunde/Kundin dort bekannt ist. Diese Empfehlung kann man auch Tierhalter*innen geben, damit sie sicher sein können, dass es sich um einen seriösen Anbieter bzw. eine seriöse Anbieterin handelt. Christian Pusnik: „Auch wir im Krematorium Lebring haben schon Fälle von schwarzen Schafen unter den Bestatter*innen mitbekommen, die die Trauer der Menschen für ihren finanziellen Profit ausnützen. Kritisches Nach­fragen ist uns daher ein wichtiges Anliegen.“

Mit steigendem Aufkommen in den Krematorien geht die Anfrage für Erdbestattungen auf Tierfriedhöfen, von denen es acht zugelassene in Österreich gibt, allgemein zurück. Die Asche bei sich zu haben, sie an einem Lieblingsort des Tiers oder im Garten auszustreuen oder die Urne aufzubewahren trifft die Wünsche der Tierhalter*innen oft besser. Ein Grab bietet dagegen Vorteile für jene Menschen, die einen fixen Ort zum Trauern aufsuchen möchten. Friedhöfe für Mensch und Tier, oft Wald- oder Naturfriedhöfe, komplettieren das Angebot. 

Für Tierbesitzer*innen ist es daher hilfreich, sich schon im Vorfeld Gedanken für den Weg des Tiers nach seinem Tod zu machen. Das erspart Stress und angestrengte Recherchen in jenem Moment, in dem die Trauer am größten ist. Fragen nach Preisen und Arbeitsweisen sind zu diesem Zeitpunkt bestenfalls bereits geklärt.