Katzenfreunde kennen das Phänomen: Das Miauen der Stubentiger klingt unterschiedlich, wenn Mieze ins Freie möchte, wenn sie Lust zum Spielen hat oder wenn sie hungrig ist. Das ist auch Susanne Schötz aufgefallen. Sie ist Phonetikerin und Professorin am medizinischen Institut der Universität Lund (Schweden). Normalerweise arbeitet sie mit menschlicher Sprache, vor allem Dialekten. Über ihre eigenen fünf Katzen kam sie auf das Thema der Katzensprache – und damit zu einem neuen Forschungsprojekt: Sie untersucht die Vokalisation von Samtpfoten. Genannt hat sie das Projekt „Meowsic“ – in Anspielung auf Musik.
Frau Schötz, in Ihrem Beruf widmen Sie sich normalerweise menschlicher Sprache, den Aktionen der Zunge beim Reden, der Melodie, dem Rhythmus und der Lautstärke. Wieso haben Sie angefangen, zusätzlich die Katzensprache zu untersuchen?
Ich kann meine phonetisch geschulten Ohren zu Hause nicht einfach ausschalten, und so ist mir schnell aufgefallen, dass die Vierbeiner in verschiedenen Situationen ganz unterschiedliche Variationen von Miaus von sich geben. Die Tonhöhen sind verschieden, ebenso die Melodien. Genau das sind Punkte, die wir bei menschlicher Sprache mit Apparaten analysieren.
Aber Katzen kommunizieren ja auch mit dem Körper, nicht nur mit Lauten.
Das stimmt. Katzen untereinander kommunizieren sogar auf vier verschiedene Arten. Erstens mit Berührungen. Wenn zwei sich gern haben, kuscheln sie sich eng zusammen und pflegen gegenseitig ihr Fell. Zweitens über Körperhaltung und Bewegung: Sie machen sich groß oder klein, gehen einander aus dem Weg oder blockieren sich. Drittens, und das ist sehr entscheidend, über Gerüche und Düfte. Sie beschnuppern sich gegenseitig im Gesicht oder am Hinterteil und erkennen auch an Duftmarken, wer vor ihnen da war und ob es dem Artgenossen gut geht oder nicht. Diese Welt ist uns Menschen beinahe verborgen. Erst an vierter Stelle kommt die Vokalisation bei Katzen.
In welchen Situationen findet sie Verwendung?
In der Mutter-Kind-Beziehung zum Beispiel sind Laute wichtig. Auch im Sexualverhalten von Katzen spielen sie eine wichtige Rolle. Dann gibt es noch Vokalisation bei Aggressionen. Ansonsten ist Lautsprache der Katze-Mensch-Kommunikation vorbehalten. Die Tiere dürften schon früh gelernt haben, dass es nichts bringt, lautlos vor einem leeren Fressnapf zu sitzen. Das kriegt der Mensch nicht mit. Wer intensiv miaut, findet hingegen Beachtung. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die Miau-Frequenz ist dieselbe wie bei einem Baby, wenn es weint. Wir reagieren einfach schnell darauf.
Sind die Tonhöhen und Melodien bei Katzen von Situation zu Situation verschieden – oder auch von Tier zu Tier?
Beides. Einerseits klingt es anders, ob eine Katze Hunger hat oder ob sie Kontakt will. Andererseits hat zusätzlich jede Katze ihre ganz persönliche Note. Ich kann bei jedem Miau sagen, welche meiner Katzen das war. Es gibt Katzen, die grundsätzlich viel gesprächiger sind als andere. Siamesen oder Bengalen geben beispielsweise gern viele Laute von sich. Aber auch unter den Hauskatzen gibt es Plaudertaschen und schweigsame Wesen. Immer wieder höre ich auch von Katzen, die ihr Leben lang ruhig waren und erst nach einem außerordentlichen Erlebnis anfangen, zu sprechen. Vielleicht begreifen sie erst dann, dass es sich lohnt, dem Menschen etwas mitzuteilen. Genaues wissen wir darüber noch nicht.
Katzen schnurren ja auch. Lassen sich die Laute klassifizieren? Welche gibt es?
Seit wir die Daten kontrolliert sammeln, ordnen wir sie in neun Kategorien: Miauen, Gurren, Gurr-Miauen, Heulen, Knurren, Fauchen, Kreischen, Schnattern und Schnurren. Das Miauen, egal in welcher Variation, heißt beispielsweise immer: „Ich will deine Aufmerksamkeit!“ Das Gurren ist eine freundliche Form der Begrüßung. Wir haben jeder Kategorie ein paar Deutungen zugeteilt. Außerdem unterteilen wir in Laute, für die sich das Maul öffnen und schließen muss, und solche, die bei geschlossenem Maul erzeugt werden können.