Coronavirus:

Empfehlungen zur Pferdegesundheit

Univ.-Prof. Dr. med. vet. Jessika-Maximiliane Cavalleri,
Dipl. ECEIM Dr. Sonja Berger, Dipl. ECEIM

Klinische Abteilung für Interne Medizin Pferde, Vetmeduni Wien

Die ExpertInnen der Universitätsklinik für Pferde der Vetmeduni Vienna geben Tipps, um Pferde in der derzeitigen Lage möglichst gesund und fit zu halten.

Seitdem sich das Coronavirus global verbreitet, herrscht auch in vielen Reit- und Pferdebetrieben Ausnahme­zustand. Durch die derzeit geltenden Ausgangsbeschränkungen und Zutrittsregelungen von Reitställen zur Bekämpfung von Covid-19 können sich PferdebesitzerInnen nur begrenzt um ihre Tiere kümmern. Zwangsläufig werden Pferde in vielen Fällen derzeit weniger als gewohnt bewegt. Deshalb ist eine bedarfsgerechte Fütterung nun umso wichtiger, um Verhaltensabweichungen und gesundheitlichen Störungen vorzubeugen.

 

Fütterung: Was und wie viel?

 

• Für eine gesunde Verdauung ist ein ausreichender Raufutteranteil essenziell. Als absolute Untergrenze werden hier 1,5 kg Trockenmasse/100 kg Körpermasse angeführt. Heu hat eine Trockenmasse (Trockensubstanz, TS) von circa 83 bis 88 Prozent, das heißt, die Mindestanforderung von 1,5 kg TS/100 kg KM entspricht zumindest circa 1,7 kg Heu/100 kg KM.

• Ebenso ist auf eine ausreichend lange Dauer der Futter­aufnahme zu achten. Diese liegt z. B. bei Großpferden bei 40 bis 60 Minuten/kg Stroh, bei 25 bis 50 Minuten/kg Heu, aber bei maximal zehn bis 20 Minuten/kg Hafer oder Mischfutter. Eine lange Kauzeit ist für eine ­ausreichende Speichelproduktion, Zahnabnutzung und -reinigung sowie eine optimale Vorverdauung im Magen essenziell und beugt auch Langeweile und Stalluntugenden vor. Heu muss lange gekaut und ausreichend eingespeichelt werden, dadurch füllt sich der Magen langsam und es kommt zu einer guten Durchmischung des Futterbreis mit Magensäure. Diese begünstigt eine ausgeprägte pH-Wert-Senkung des Mageninhalts, die das Risiko einer mikrobiellen Überwucherung des Dünndarms reduziert.

• Generell gilt: Zu geringe Raufuttermengen, zu lange Fresspausen (über vier Stunden), zu große Kraftfutter­mengen oder schlecht verdauliche Getreidestärke erhöhen das Risiko für Koliken, Magengeschwüre und Störungen der Darmflora. Achten Sie deshalb auf ein ausreichendes Raufutterangebot und ermöglichen Sie eine langsame Futteraufnahme durch die Verwendung von „Slow Feeder“-Systemen (Heusäcke, engmaschige Heunetze, Heuboxen etc.).

• Sofern Ihr Pferd spezielle Bedürfnisse hat (schwer­futtrige Pferde, Pferde mit Erkrankungen wie Equinem ­Asthma, Hufrehe, EMS, Equinem Cushing-Syndrom oder PSSM), muss die Fütterung natürlich individuell in Absprache mit Ihrem betreuenden Tierarzt bzw. Ihrer betreuenden Tierärztin angepasst werden.

• Derzeit enthält das bereits sprießende Gras große Mengen an Zucker und Fruktanen – vermeiden Sie daher ­längere Weideaufenthalte und weiden Sie sehr langsam an, falls Weideaufenthalte zur Sicherstellung der Bewegung Ihres Pferdes unumgänglich sind. Füttern Sie immer zuerst ausreichend Heu.

 

StallBedingungen optimieren

 

• Erwägen Sie, die Einstreu auf nicht essbare Produkte (Weichholzspäne, Miscanthus, Fichtenholzgranulat, Leinstreu etc.) umzustellen. Eine Strohaufnahme von mehr als einem Viertelkilo Stroh pro 100 kg Körpermasse des Pferdes erhöht das Risiko für Verstopfungskoliken, insbesondere bei Bewegungsreduktion.

• Pferde im Erhaltungsbedarf benötigen in der thermo­neutralen Zone, abhängig vom Pferdetyp, zwischen 0,4 und 0,64 MJ ME/kg KM 0,75. Geht man von einem durchschnittlichen Energiegehalt von 6,4 MJ ME/kg TS im Heu aus, kann der Energieerhaltungsbedarf problemlos mit ausschließlicher Heufütterung gedeckt werden. Sofern keine gesundheitlichen Probleme vorliegen oder das Raufutter von minderer Qualität ist, sind auch Eiweiß-, Kalzium-, Phosphor-, Kalium-, Magnesium- und Eisenversorgung über das Grundfutter ausreichend gedeckt. Mangel kann bei der Versorgung mit Natrium, Selen, Jod und Vitaminen auftreten, weshalb die Bereitstellung eines Salzlecksteins und die Zufütterung eines vitaminisierten Mineralfutters empfohlen werden.

 

In Bewegung bleiben

 

• Die Tierhaltungsverordnung sieht als Mindestanforderung Folgendes vor: „Mehrmals wöchentlich ist eine ausreichende Bewegungsmöglichkeit wie freier Auslauf, sportliches Training oder eine vergleichbare Bewegungsmöglichkeit sicherzustellen.“ Demnach müssen Pferde die Möglichkeit zur freien Bewegung haben oder bewegt werden – das umfasst aber kein Reiten oder Trainieren des Pferdes. Bewegungsmangel kann negative ­Auswirkungen auf die Selbstreinigungsmechanismen der Atemwege haben, weswegen vermehrt auf eine gute Belüftung der Stallungen und eine möglichst staubarme Umgebung Wert gelegt werden sollte. Regelmäßige Kontrollen zur rechtzeitigen Erkennung etwaiger Magen-Darm-Beschwerden oder anderer gesundheitlicher Probleme sind unumgänglich.

Service

Universitätsklinik für Pferde der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna):
www.vetmeduni.ac.at/de/pferde

Informationen der Zentralen Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Pferdezüchter (ZAP) für Pferde-einstellbetriebe – Maßnahmen zur Verhinderung
einer Ansteckung mit dem Coronavirus:
www.pferdezucht-austria.at

Stellungnahme der Vereinigung Österreichischer Pferdetierärzte (VÖP) zur Versorgung von Pferden in Einstellbetrieben:
www.pferdemedizin.at/media/pdf/Corona-Stellungnahme.pdf