Viruserkrankungen im Fokus:

Wie gefährlich ist Covid-19 für unsere Haustiere?

Bettina Kristof

SARS-CoV-2-Infektionen bei Haustieren sind Einzelfälle, wobei sich die Tiere jeweils bei ihrem Frauerl bzw. Herrl an­gesteckt haben. Katzen scheinen empfänglich zu sein – Hunde eher nicht.

Das Coronavirus versetzt uns derzeit in Angst und Schrecken, unser Leben ist total umgekrempelt. Es besteht vor allem Unsicherheit in Bezug auf die Frage, wie das Virus übertragen wird. Spielen Tiere dabei eine Rolle, und wenn ja, welche? Um Licht ins Dunkel zu bringen, interviewten wir Univ.-Prof. Dr. Norbert Nowotny, der mit der wissenschaftlichen Erforschung von von neu auftretenden Virusinfektionen und Zoonosen am Institut für Virologie der Vetmeduni Vienna ­beschäftigt ist.

Herr Professor Nowotny, in unserem Land herrscht der Ausnahmezustand. Auch Tierhalter sind verängstigt und Tierärzte häufig mit der Frage konfrontiert, ob Haustiere ansteckend sind. Was sagen Sie als Fach­mann dazu?
Coronaviren sind eine große Virenfamilie. Jede Tierart hat ihre eigenen Coronaviren. Diese Coronaviren gibt es schon lange und sie haben nichts mit dem derzeitigen Corona­virus SARS-CoV-2, dem Auslöser der Krankheit Covid-19, zu tun. Bisher gibt es erst drei Coronavirusinfektionen, die ausgehend von Tieren auf den Menschen übergesprungen sind: SARS, MERS und eben jetzt ­Covid-19. Vor allen anderen brauchen Menschen keine Angst zu haben. Der Ursprung von SARS-CoV-2 liegt wahrscheinlich in einer chinesischen Fledermaus. Fleder­mäuse tragen viele verschiedene Viren in sich, auch Corona­viren. Sie erkranken nicht daran, scheiden sie aber aus. Im Fall von SARS-CoV-2 hat ein anderes empfängliches Tier, höchstwahrscheinlich ein Pangolin (Chinesisches Schuppentier, Anm.), Coronavirus-­hältige Exkremente aufgenommen und sich so mit dem Virus infiziert. Das Problem sind nicht Fledermäuse oder der Pangolin, das Problem liegt in den chinesischen ­Lebendtiermärkten, wo Hunderte verschiedene lebende und tote Tierarten, auch Wildtierarten, angeboten werden und eine große Zahl an Menschen mit diesen in Kontakt kommt. In der Folge hat sich vermutlich ein Mensch bei einem ­Pangolin angesteckt. Da das Virus offensichtlich nicht nur die Fähig­keit hatte, Menschen zu infizieren, sondern auch jene, sich ziemlich schnell von Mensch zu Mensch auszubreiten, kam es zur derzeitigen Pandemie. Derzeit (Stand 6. April 2020, Anm.) wurde weltweit bereits bei nahezu 1,3 Millionen Menschen Covid-19 diagnostiziert – wobei die Dunkelziffer der Infizierten weitaus höher ist.

Sind unsere Haus- und Nutztiere durch Covid-19 gefährdet?
Bisher (Stand 6. April 2020, Anm.) wurden Einzelfälle von Infektionen bei Katzen – inklusive Großkatzen – und Hunden beschrieben. Es gab bisher keinen einzigen Fall einer Infektion bei einem landwirtschaftlichen Nutztier. Eine chinesische Untersuchung zeigte, dass prinzipiell Katzen und Frettchen für eine Infektion mit SARS-CoV-2 empfänglich sind, nicht aber Hunde, Schweine, Hühner und Enten. In einer serologischen Untersuchung in Wuhan wiesen elf von 102 untersuchten Katzen Antikörper gegen SARS-CoV-2 auf, wobei Katzen aus Haushalten mit Covid-19-Patienten die höchsten Antikörpertiter aufwiesen. Es scheint also so zu sein, dass sich einige wenige Haustierarten bei erkrankten Menschen infizieren können. Es gibt jedoch bisher keinerlei Hinweis darauf, dass sich Menschen bei ihren Haustieren infiziert haben. Eben kam über die Nachrichtenagenturen die Meldung, dass ein Malaysia-Tiger im New Yorker Zoo positiv getestet wurde. Der Tiger hatte einen trockenen Husten, aber kein Fieber. Auch zwei weitere Tiger und drei Löwen in diesem Zoo in der Bronx zeigten Symptome, vor allem Appetitlosigkeit. Die Großkatzen wurden ziemlich sicher von einem Tierpfleger infiziert, der positiv getestet wurde, aber keine Symptome zeigte. Die bisher bekannt gewordenen zwei Hunde aus Hongkong, die in Haushalten mit diagnostizierten Covid-19-Patienten gelebt haben, scheinen das Virus auf kontaminierten Oberflächen „erschnüffelt“ zu haben, wodurch es mechanisch auf ihre Nase kam und dort nachgewiesen wurde. Wahrscheinlich handelte es sich dabei aber um keine echten Infektionen.

Können unsere Haustiere an Covid-19 erkranken?
Die beiden Hunde aus Hongkong zeigten keine Krankheitssymptome, eine positiv getestete Katze aus Belgien wies milde respiratorische Symptome auf.

Eine Übertragbarkeit von einem Haustier auf den Menschen gäbe es also nur in dieser speziell konstruierten Kette?
Eine Übertragbarkeit von einem Haustier auf den Menschen wurde bisher noch nie nachgewiesen. Umgekehrt sollten jedoch vor allem an Covid-19 erkrankte Personen vorsichtig beim Umgang mit ihren Haustieren sein und alle hygienischen Regeln beachten. Deshalb empfehlen die Gesundheitsbehörden, dass man sich als Besitzer von Haustieren öfter am Tag mit Wasser und Seife die Hände waschen soll, vor allem, vor und nach einem Kontakt mit dem Tier. Diese Viren haben eine fetthaltige Hülle, die durch Seife oder Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis zerstört und das Virus somit inaktiviert wird. Man sollte auch seinen Hund öfter waschen als sonst, am besten mit Wasser und Shampoo, insbesondere, nachdem er sich draußen gewälzt hat. Und beim Ausleeren des Katzenkisterls bitte unbedingt Handschuhe und einen Mundschutz tragen.

Sollen sich Tierärzte besonders schützen?
Tierärzte sind es ja gewohnt, mit tierischen Infektionskrankheiten umzugehen, daher sind gegenüber tierischen Patienten keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich. Sie sollten jedoch den empfohlenen Abstand zu den Tierhaltern einhalten. Auch sonst gelten die allgemeinen Hygienemaß­nahmen, die die Bundesregierung bekannt gegeben hat, inklusive des Vermeidens des Berührens des Gesichts mit der ungewaschenen Hand, denn die Schleimhäute von Nase, Mund und Augen sind die Eintrittspforten für das Virus. Tierärzte sollten sich die Hände mit einem alkoholhaltigen Desinfektionsmittel desinfizieren – aber das tun sie ja ohnehin im normalen Alltag.

Gibt es andere Viren, die gerade Probleme bereiten?
Gott sei Dank nicht. Übrigens: Parvoviren sind ungleich resistenter als Coronaviren. Sie bleiben an der Außenwelt wesentlich länger infektiös und sind auch schwerer zu ­inaktivieren.

Wie lange überleben Coronaviren?
Dies lässt sich schwer verallgemeinern, denn das hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Draußen an der Sonne überlebt SARS-CoV-2 weniger lang als drinnen. Generell kann man sagen, dass SARS-CoV-2 außerhalb eines Wirtes zwischen zwei und 72 Stunden lang infektiös bleibt.

Gibt es schon Therapiemöglichkeiten bei Covid-19?
Es gibt schon Therapieansätze. Derzeit testet man vor ­allem bereits zugelassene antivirale Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2, denn diese könnten ­relativ rasch eingesetzt werden, da sie ja bereits für ­andere Anwendungen beim Menschen zugelassen sind. Auch das Anti-Malaria-Mittel Chloroquin könnte gegen SARS-CoV-2 wirksam sein. Es wird jedenfalls intensiv an einer spezifischen Therapie geforscht.