Chiropraktik

in der Tiermedizin

 

Chiropraktik ist eine manuelle Therapiemethode, die in der heutigen Form seit Mitte des 19. Jahrhunderts existiert und deren Wurzeln bereits in der Kinderstube der Menschheit zu finden sind. Was also soll an Chiropraktik innovativ sein?

Per definitionem ist Innovation „ein Vorgang, welcher durch die Anwendung neuer Verfahren, die Einführung neuer Techniken oder die Etablierung erfolgreicher Ideen einen Bereich, ein Produkt oder eine Dienstleistung erneuert und auf den neuesten Stand bringt“. Man kann definitiv davon ausgehen, dass Chiropraktik eine erfolgreiche Idee ist, deren Etablierung sich lohnt und die die tierärztliche Dienstleistung erneuert und auf den neuesten Stand bringt. Lassen Sie mich erklären, warum. 

Sie gehen wie die meisten davon aus, dass Chiropraktik eine Technik ist, mit der man dubiose Wirbelsubluxationen wieder einrenken kann? Sie haben recht. Allerdings fehlen Ihnen bei diesem Bild ein paar Hintergrundinformationen. Sie sehen sozusagen nur die Spitze des Eisbergs.

Wie sollen Sie auch mehr sehen, wenn die Medizin seit dem 19. Jahrhundert in Riesenschritten extrem erfolgreiche und wertvolle Apparate entwickelt hat, die immer spezifischer strukturelle Veränderungen lokalisieren und reparieren? Detailliertere Informationen zu erhalten ist erstrebenswert – aber je fokussierter man hinschaut, desto mehr gerät das „große Ganze“ aus dem Blickfeld.

Chiropraktik ist eine integrative Heilmethode. Alle integrativen (oder auch alternativen) Heilmethoden haben eines gemeinsam: Sie sehen Körper, Geist und Seele als Ganzes und streben danach, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu fördern. Die Philosophien integrativer Heilmethoden weichen vielleicht voneinander ab, aber ein gemeinsamer Nenner wird immer detaillierter durch die Erkenntnisse der „Astrophysik der Medizin“ – die Gehirnforschung – erkannt. Mit den Erkenntnissen der funktionellen Neurologie der letzten beiden Dekaden begann auch die Renaissance der Chiropraktik.

Dieser Artikel soll sich natürlich nicht primär mit funktioneller Neurologie beschäftigen, er soll Sie neugierig machen und Ihrem wissenschaftlich geschulten Fokus einen Blickwinkel auf das „große Ganze“ anbieten: Das Nervensystem kontrolliert und managt den Körper. Es sitzt allerdings ziemlich abgeschirmt in der Schädelkalotte und kriegt selbst vom eigenen Körper und seiner Umwelt nichts mit. Schlau, dass das Gehirn eine Menge Rezeptoren angestellt hat, die jederzeit umfassend Meldung machen über den Status quo des Lebens. Das Gehirn ist also darauf angewiesen, dass alle diese Informationen das Gehirn erreichen – überwiegend über das Rückenmark. Es ist faszinierend, wie das Gehirn in jeder Millisekunde unglaubliche Massen an sensorischen Informationen erhält, integriert und angepasste Aktionen über efferenten Output an Muskeln und Drüsen anfordert.

Problematisch wird es, wenn der afferente Input fehlerhaft oder zeitlich auch nur leicht verzögert ankommt. Es ist ziemlich genau untersucht, wie eine nur leicht spürbare Hypomobilität eines Wirbels zu herabgesetzter Nervenleitgeschwindigkeit führen kann. Das Bild vom Ist-Zustand im Gehirn ist nicht mehr perfekt, und subsequent kann das Gehirn den Körper auch nicht mehr perfekt anleiten. Schäden können entstehen – nicht nur im Bereich dieses einen Wirbels: Schonhaltungsmuster betreffen ganze Regionen des muskuloskeletalen Apparates. Der Körper verliert Flexibilität, er kann den Anforderungen der äußeren und inneren Welt nicht mehr exakt folgen. In diesem chronischen Zustand ist der Körper verletzlicher: Einem falschen Tritt kann nicht zeitnah gegengesteuert werden, ein Sturz oder eine Überlastung einer Sehne können z. B. die Folge davon sein. Die Ein- und Austrittsstellen der Spinalnerven an der Wirbelsäule sind der Arbeitsplatz eines Veterinärchiropraktikers, dort räumt er die „Blockaden“ aus dem Weg. Warum er wo, wie und wann Wirbel justiert, ist das, was vom Eisberg nicht zu sehen ist.

Ein guter Veterinärchiropraktiker kann das „große Ganze“ lesen. Er kann fühlen, wo fehlerhafter afferenter Input entsteht, und die wahrscheinlichste Ursache für ein komplexes Schonhaltungsmuster beseitigen. Er wird den Patienten individuell erfassen und behandeln. Er weiß, dass strukturelle Schäden repariert werden sollten, und wird dafür den fokussierten schulmedizinischen Blickwinkel wählen. Er kann als Chiropraktiker funktionelle Probleme lösen, damit sie nicht zu strukturellen Schäden führen. Und er wird zwischen diesen beiden Situationen unterscheiden. Dieses Wissen und diese Fähigkeiten bereichern jede Praxis. Zusätzlich zur kurativen schulmedizinischen Dienstleistung können die vorbeugende und die rehabilitative chiropraktische Versorgung der Patienten das tierärztliche Praxisangebot harmonisch ergänzen. Trauen Sie sich, innovativ zu sein!