Chemotherapie als eine der Behandlungsmöglichkeiten von Tumoren bei Tieren sorgt aufgrund ihres Gefährdungspotenzials für Mensch und Umwelt immer wieder für Kontroverse und Verunsicherung unter Tierärzten. Zytostatika entfalten ihre therapeutische Wirkung, indem sie in verschiedene Bereiche des Zellzyklus eingreifen, wobei diese Effekte unspezifisch und daher nicht auf Tumorzellen beschränkt sind. Zytostatika sind mutagen, karzinogen und reproduktionstoxisch und sind laut ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (AschG, BGBl. Nr. 450/1994) gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe.
Die Apothekenbetriebsordnung 2005 (BGBl. II Nr. 65/2005) sieht eigene Räumlichkeiten für das Gebrauchsfertigmachen von Zytostatika vor, und 2011 veröffentlichte das Bundesministerium für Gesundheit Standards für das Gebrauchsfertigmachen, die Applikation und die Entsorgung von Zytostatika. Während sich Sicherheitsmaßnahmen wie eine persönliche Schutzausrüstung und geschlossene Systeme leicht auch in der tierärztlichen Praxis umsetzen lassen, bedeuten die baulichen Anforderungen und eine Sicherheitswerkbank einen erheblichen Aufwand. Daher hat die Richter Pharma AG 2011 das oncoprotect-Service ins Leben gerufen – ein in Europa einzigartiges Angebot für Tierärzte.
oncoprotect – was ist das?
Im Rahmen von oncoprotect stellt Richter Pharma nach den Angaben des behandelnden Tierarztes maßgeschneiderte Zytostatikainfusionen her. Der Tierarzt wählt den Wirkstoff, die Dosierung und das Infusionsvolumen und erhält eine Infusion (bzw. bei Vincristin auch einen Bolus), die nur noch an den Venenzugang des Patienten angeschlossen werden muss. Dadurch entfallen in der Praxis Handhabung und Lagerung von konzentrierten Zytostatika-Stammlösungen. Dafür wurde bei Richter Pharma ein eigener Reinraum mit Isolator errichtet, wodurch höchster Personen- und Produktschutz gewährleistet ist. Der Herstellungsprozess wird von einem in der Humanonkologie üblichen Computersystem angeleitet und überwacht.
oncoprotect – das System
Verwendet werden zytostatikageeignete, nadelfreie Infusionssysteme, bei denen alle Verbindungs- bzw. Anschlussstellen Luer-Lock-kompatibel und durch spezielle Ventile gegen ein versehentliches Austreten der Lösung geschützt sind. (Achtung: Um nach Abschluss der Infusion den Venenzugang über den Dreiwegehahn spülen zu können, werden Luer-Lock-Spritzen mit Innengewinde zur Verriegelung der Verbindung und zum Öffnen der Sicherheitsventile benötigt.) Die Infusionsleitung ist mit Trägerlösung befüllt und kann daher sofort an den Venenzugang des Patienten angeschlossen werden. Üblicherweise wird 0,9-prozentige Kochsalzlösung verwendet, nur Carboplatin wird in fünfprozentiger Glukoselösung verarbeitet, um eine Umwandlung in Cisplatin zu verhindern, da dies bei Katzen und Tieren mit Nierenerkrankungen zu Problemen führen könnte.
Standardmäßig angeboten werden die gängigsten in der Veterinärmedizin eingesetzten Zytostatika Carboplatin, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Mitoxantron, Vinblastin und Vincristin. Weitere Substanzen können je nach Verfügbarkeit auf Anfrage verarbeitet werden.
Dank der geringen Größe Österreichs ist es möglich, die Lieferzeiten kurz zu halten und damit die Therapie zeitnah an die aktuellen Bedürfnisse des Patienten anzupassen. Um den sehr straffen Ablauf von der Bestellung bis zur Anlieferung einhalten zu können, gelten allerdings andere Bestellzeiten als sonst bei Richter Pharma üblich. Bestellungen, die Montag bis Donnerstag in der Zeit von 8 bis 11 Uhr eingehen, werden am nächsten Tag (Dienstag bis Freitag) bis circa 14 Uhr beim Tierarzt mit einem eigenen Kühltransport angeliefert. Nur bei erstmaliger Nutzung des oncoprotect-Services gilt eine Vorlaufzeit von zwei bis drei Tagen, da zunächst die Daten des Tierarztes in das oncoprotect-System eingepflegt werden müssen. Bestellungen können sowohl telefonisch (+ 43 7242 490 666) als auch per E-Mail (onkologie-vet@richter-pharma.at) aufgegeben werden.
Onkologie vernetzt
Zeitgleich mit dem oncoprotect-Service wurde das Veterinäronkologische Netzwerk Austria (VONA – eine Sektion der VÖK) gegründet, über das sich Kollegen aus der Praxis untereinander und mit Experten der Veterinärmedizinischen Universität Wien austauschen und weiterbilden können. Die VÖK bietet regelmäßig praxisorientierte Seminare zu onkologierelevanten Themen inklusive Sicherheitsstandards an. Im VONA etablierte praktische Informationen z. B. zu Standardtherapieprotokollen (Lymphom) oder dem sicheren Umgang mit Zytostatika stehen auch über oncoprotect zur Verfügung, wobei diese natürlich nur als Ergänzung zur Fortbildung zu sehen sind. Dank der Kooperation von Universität, engagierten Praktikern und Industrie wird Schritt für Schritt eine flächendeckende Versorgung mit für alle Beteiligten sicherer, ambulanter Chemotherapie in der Veterinärmedizin ermöglicht.