Möglichkeiten zur Optimierung des Schutzes von Hunden und Katzen in der Kleintierpraxis –

Checkliste

DDr. Regina Binder, Dr. med. vet. Christine Arhant
Institut für Tierschutzwissenschaften und Tierhaltung,
Veterinärmedizinische Universität Wien

Mithilfe des vorliegenden Fragenkatalogs lassen sich die Qualität des Tierschutzes sowie entsprechender Optimierungsbedarf ermitteln.

 
Zielsetzungen

Der tierschutzkonforme Umgang mit den Patienten, ein kundenfreundliches Management und ein tierschutzorientiertes Beratungsangebot für TierhalterInnen erhöhen den Standard der medizinischen Dienstleistungen und tragen nicht nur zum Behandlungserfolg bei, sondern verbessern auch die präventivmedizinische Versorgung der Patienten. Entspannte und optimal betreute Patienten sowie ein umfassendes Serviceangebot erhöhen zudem die Zufriedenheit der KundInnen und können sich damit positiv auf den wirtschaftlichen Erfolg der Tierarztpraxis auswirken.

Die vorliegende Checkliste soll KleintierpraktikerInnen dabei unterstützen, eine objektive Einschätzung der Qualität der Ordination und des Umgangs mit Patienten unter Tierschutzaspekten vorzunehmen und Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren. Die aus der Fachliteratur stammenden Empfehlungen zur Ausschöpfung von Optimierungspotenzialen beziehen sich auf die Bereiche Ausstattung und Management, Umgang mit Patienten, Beratung der TierhalterInnen, Euthanasie und Vorgehen bei Verdacht auf Tierquälerei.

Hinweise zur Verwendung der Checkliste

Die Checkliste beruht auf dem Übersichtsartikel „Schutz von Hunden und Katzen in der tierärztlichen Kleintier-praxis: Empfehlungen zur Optimierung der Ausstattung und des Managements sowie des Umgangs mit Patienten unter Tierschutzaspekten“ (C. Arhant, N. Hörschläger, J. Troxler und R. Binder, WTM 104, 2017 (9–10), 257–320). Sie dient dazu, den Istzustand tierschutzrelevanter Parameter in Kleintierordinationen zu erheben und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Zu diesem Zweck wurden Fragen zu verschiedenen tierschutzrelevanten Bereichen zusammengestellt (Spalte 1) und ausgewählte Lösungsansätze als Antworten vorgeschlagen (Spalte 2). Dies soll dazu anregen, im Wege der Selbstreflexion und unter Anwendung eines „Ampelsystems“ zu beurteilen, ob einzelnen Empfehlungen bereits derzeit hinreichend Rechnung getragen wird (Grün) und in welchen Bereichen Verbesserungsmöglichkeiten bestehen (Gelb); schließlich sollen jene Bereiche identifiziert werden, in welchen größere Anstrengungen zur Optimierung des Tierschutzes unternommen werden sollten (Rot). In Abhängigkeit vom Realisierungsaufwand sollte die Umsetzung erforderlicher Maßnahmen in folgenden Zeiträumen angestrebt werden:

• unmittelbar bzw. kurzfristig umsetzbare Maßnahmen (z. B. Optimierung von Umweltreizen, Anbieten von  Enrichment): ein Jahr

• mittelfristige Maßnahmen (z. B. Schulung des Personals): zwei bis fünf Jahre

• langfristige Maßnahmen (z. B. bauliche Adaptierungen): zehn bis 15 Jahre bzw. im Rahmen geplanter Umbauarbeiten

In der angefügten Liste können die -Einschätzung des Istzustandes, die für erforderlich -erachteten Maßnahmen sowie der für ihre Umsetzung angepeilte Zeithorizont (k = kurzfristig, m = mittelfristig, l = langfristig) erfasst werden.
Details über die empfohlenen Maßnahmen und Strategien können in der oben angeführten Publikation nachgelesen werden, wobei die Angabe der Seiten das Auffinden der jeweils relevanten Ausführungen erleichtert. Die vorgeschlagenen Maßnahmen stellen lediglich Minimal-forderungen dar; sowohl die Fachliteratur als auch Webressourcen enthalten eine Vielzahl weiterführender Anregungen zur Verbesserung des Wohlbefindens der Patienten in tierärztlichen Praxen.

 
Checkliste Selbstevaluierung

Tierärztinnen und Tierärzte sehen sich selbst in der Regel als Tierschutzexperten und gerne auch als Anwälte der Tiere. Doch werden wir dieser Selbstwahrnehmung bzw. diesem Anspruch und den von der Gesellschaft an den Berufsstand herangetragenen Erwartungen auch tatsächlich immer gerecht?

Wie jede andere Berufsgruppe tun auch wir gut daran, unser professionelles Selbstverständnis kritisch zu überprüfen, allfällige Mängel zu beheben und Verbesserungspotenzial aufzuzeigen.

Um diesen Prozess der Selbstreflexion in Gang zu setzen, hat die Vereinigung Österreichischer Kleintiermediziner (VÖK) 2015 dieses Thema im Rahmen einer erweiterten Vorstandssitzung aufgegriffen und im Bereich der Kleintiermedizin umgehend eine entsprechende Initiative ins Leben gerufen.

In der Folge konnte das Institut für Tierhaltung und Tierschutz (nunmehr Institut für Tierschutzwissenschaften und Tierhaltung) der Veterinärmedizinischen -Universität Wien gewonnen werden, Leitlinien für Tierschutz in der Tierarztpraxis zu erarbeiten. In der Folge entstand eine von Frau Hörschläger verfasste Diplomarbeit, die als Grundlage für die Erarbeitung der Empfehlungen durch die Institutsmitarbeiterinnen DDr. Regina Binder und Dr. Christine Arhant diente.

Die Zielsetzung bestand darin, den unter Tierschutz-aspekten für die Gestaltung tierärztlicher Praxen sowie für den Umgang mit Patienten und Kunden maßgeblichen „State of the Art“ zu Empfehlungen zusammenzufassen, deren Einhaltung und Umsetzung auf freiwilliger Basis erfolgen soll. Die Empfehlungen wurden in Zusammenarbeit mit der VÖK finalisiert und im Sommer 2017 in der Wiener Tierärztlichen Monatsschrift (WTM) publiziert.1

Nach der Präambel besteht das oberste Ziel des in der tierärztlichen Praxis tätigen Personals darin, Gesundheit und Wohlbefinden der Patienten sowohl während des Aufenthaltes in der Ordination als auch in ihrem täglichen Lebensumfeld durch folgende Maßnahmen zu fördern:

• tierfreundliche Ausstattung der Ordination

• patienten- und kundenorientiertes Management 

• tierschutzkonformer Umgang mit den Patienten

• hoher Standard der medizinischen Dienstleistungen 

• am Tierwohl orientiertes Beratungsangebot für die TierhalterInnen

Daher sind alle in einer tierärztlichen Praxis tätigen Personen aufgefordert, sich für das Wohlbefinden der Patienten einzusetzen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beizutragen, die Umgebung, das Management und den Umgang mit den Patienten so zu gestalten, dass die Belastungen, die mit dem Aufenthalt in einer tierärztlichen Ordination und mit der Vornahme medizinischer Maßnahmen verbunden sind, möglichst gering gehalten werden.
Die Empfehlungen definieren Anforderungen an eine tierärztliche Praxis, die von TierhalterInnen gerne und regelmäßig aufgesucht wird. Sie behandeln die folgenden Themen: 

• Ausstattung und Management der tierärztlichen Praxis

• Umgang mit Tieren

• Beratung und Präventionsmaßnahmen 

• Schmerzmanagement

• Hygienemanagement 

• Euthanasie

• Vorgehen bei Verdacht auf Verstöße gegen das Tierschutzrecht 

Ein kurzer Text führt in das jeweilige Problemfeld ein; -sodann werden die empfohlenen Maßnahmen aufge-listet, erforderlichenfalls erläutert und durch Hinweise zur Rechtslage ergänzt. Die Empfehlungen, die sich auf -wissenschaftliche Erkenntnisse und internationale Leitlinien stützen, sollten je nach Art der erforderlichen Maßnahmen kurz-, mittel- oder langfristig umgesetzt werden, um die in der Präambel definierten Zielsetzungen sukzessive zu erreichen.

Um die Anforderungen im Praxisalltag bestmöglich umzusetzen, wurde seitens der VÖK in einem weiteren Schritt angeregt, eine Checkliste zur Selbstevaluierung von tierärztlichen Ordinationen und Kliniken zu erstellen, die in der Folge von Frau DDr. Regina Binder und Frau Dr. Christine Arhant auf der Grundlage der oben erwähnten Publikation erarbeitet wurde.

Die im Anschluss abgedruckte Checkliste soll die Möglichkeiten zur Verbesserung des Schutzes von Hunde- und Katzenpatienten in der tierärztlichen Kleintierpraxis in strukturierter Weise aufzeigen, zur Reflexion des eigenen Standortes anregen und zur Ausschöpfung von Optimierungspotenzialen anregen.

Der tierschutzkonforme Umgang mit den Patienten, ein kundenfreundliches Management und ein tierschutzorientiertes Beratungsangebot für TierhalterInnen sollen nicht zuletzt zur Erhöhung des Qualitätsstandards der medizinischen Dienstleistungen und damit zum Behandlungserfolg beitragen. Weiters soll die präventivmedizinische Versorgung der Patienten verbessert werden.

In Summe ist die Checkliste ein weiterer wesentlicher Schritt in Richtung eines tierschutzgerechteren und professionelleren Umgangs mit Patienten in tierärztlichen Praxen und Kliniken. Von der Umsetzung der Empfehlungen werden alle Beteiligten profitieren, die Tiere und ihre HalterInnen, Ihre MitarbeiterInnen, Sie selbst und nicht zuletzt auch unser ganzer Berufsstand. Sehr -geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie werden eingeladen, sich im Interesse der Tiere, aber auch in Ihrem ureigensten Interesse an dieser Checkliste zu orientieren.