Bildgebende Diagnostik

bei Pferden und anderen Großtieren

Bettina Kristof

Ein Großteil der Patienten von Dr. Katrin Schieder von der Klinischen Abteilung für Bildgebende Diagnostik an der Vetmeduni Vienna sind Überweisungsfälle – dem Vetjournal gibt sie Einblick in ihre tägliche Arbeit.

Bildgebende Verfahren sind ein wichtiger Bestandteil der Abklärung von Erkrankungen und oftmals für die Diagnose­stellung unerlässlich. Der Bereich Großtierradiologie der Klinischen Abteilung für Bildgebenden Diagnostik der Vetmeduni Vienna ist mit allen gängigen Geräten ausgestattet und unterstützt überwiegend bei der weiteren Patientenabklärung nach Überweisung von PferdepraktikerInnen. Wir sprachen darüber mit Dr. Katrin Schieder von der Klinischen Abteilung für Bildgebenden Diagnostik an der Vetmeduni Vienna, die den Bereich Pferde und Großtiere betreut.

Frau Dr. Schieder, wann kommen welche bildgebenden Verfahren bei Pferden zum Einsatz?
Im Zuge der Abklärung vor allem orthopädischer Patienten werden in einem ersten Schritt vorwiegend Röntgen und Ultraschall eingesetzt. Auch in der Zahnmedizin ist die Röntgenuntersuchung häufig eines der ersten bildgebenden Verfahren nach der klinischen Untersuchung. Als weiterführende diagnostische Modalitäten dienen dann CT, MRT und Szintigrafie.

Seit wann haben Sie welche Geräte?
Die Röntgenanlage an der Pferdeklinik leistet seit über 20 Jahren großartige Dienste. Die technischen Weiterentwicklungen vor allem des letzten Jahrzehntes haben wir natürlich mitgemacht: Im Klein- und Großtierbereich verfügen wir mit Flachbilddetektoren und Speicherfoliensystemen mittlerweile über mehrere digitale Systeme zur Aufzeichnung von Röntgenaufnahmen und auch in den anderen Verfahren wie Ultraschall, MRT und CT ist es uns ein Anliegen, am Puls der Zeit zu bleiben. Seit knapp zehn Jahren bietet die Vetmeduni Vienna auch Szintigrafien zur weiterführenden Diagnostik an. 

Planen Sie neue Investitionen im Bereich der bildgebenden Diagnostik?
Die Anschaffung einer neuen Röntgenanlage, die auf die Anwendung bei Pferden und anderen Großtieren ausgerichtet ist, ist ein aktuelles Projekt. Des Weiteren haben wir an der Pferdeklinik einen Schwerpunkt im Bereich Zahnmedizin. Bei diesen Patienten ergeben sich diagnostische Fragestellungen, die über das Potenzial der Röntgendiagnostik hinausgehen. Eines der dann eingesetzten Verfahren ist die Computertomografie, die wir im Moment in Allgemeinanästhesie anbieten. In den nächsten Jahren ist die Anschaffung eines Computertomografen in Planung, der es ermöglicht, den Kopf und die kraniale Halswirbelsäule am stehenden, sedierten Pferd zu untersuchen. Diese detaillierten Darstellungen der genannten Regionen können dann ohne Allgemeinanästhesie und in einer ähnlich kurzen Durchführungszeit wie bei einer Röntgenunter­suchung angefertigt werden.

Wie viele Patienten haben Sie am Tag? 
Wir fertigen pro Jahr ca. 18.000 Röntgenaufnahmen von Pferden und zusätzlich einen kleineren Anteil von Wiederkäuern sowie zunehmend von Neuweltkameliden an. Durchschnittlich sind das täglich etwa fünf Röntgen­untersuchungen. Je nach Komplexität der Fragestellung werden dann zwischen vier und 32 Aufnahmen gemacht. Die gewünschte Region wird in allen etablierten Standardprojektionen untersucht und im Bedarfsfall wird die Röntgenstudie noch durch spezielle Projektionen ergänzt. Im Unterschied zur Röntgenuntersuchung bei Kleintieren bewegen wir im Großtierbereich die Geräte um die Tiere herum, und häufig wird für jede Aufnahme neu positioniert. Das ist ein größerer Aufwand als beim Kleintier und daher auch mit einer längeren Durchführungszeit der Untersuchung verbunden. 

Kommen PferdebesitzerInnen direkt zu Ihnen oder werden diese von PferdepraktikerInnen überwiesen?
Ein Großteil unseres Klientels sind Überweisungsfälle, wir arbeiten als Konsiliare. Die Erstabklärung hat dann bereits durch den Haustierarzt oder die Haustierärztin stattgefunden. Viele HaustierärztInnen verfügen über ein mobiles Röntgen- und Ultraschallgerät und stoßen damit in manchen Bereichen an die technischen Grenzen. Für eine notwendige weiterführende Diagnostik werden oft ergänzende bildgebende Verfahren benötigt; demnach wird dann an die entsprechende Klinik überwiesen. Natürlich können TierhalterInnen sich einen Ambulanztermin vereinbaren und direkt in unser Tierspital kommen. Wir haben unterschiedliche Ambulanzen, ähnlich wie in einem Krankenhaus, nur eben für Tiere. Neben dem klassischen Ambulanzbetrieb kann es je nach Erkrankung oder den notwendigen Abklärungsschritten aber auch erforderlich sein, dass Patienten stationär aufgenommen werden. Gerade für das Fluchttier Pferd ist es mitunter weniger Stressbelastung, stationär an der Klinik zu bleiben, als mehrmals transportiert zu werden.

Welche bildgebenden Verfahren sollten PferdepraktikerInnen Ihrer Meinung nach selbst anbieten können?
PferdepraktikerInnen sollten sich technisch gut aufstellen. Die Röntgendiagnostik mit digitalen Flachbild-detektoren bietet herausragende Vorteile im mobilen Einsatz. Das digitale Röntgen beschleunigt und vereinfacht Röntgenuntersuchungen. Es braucht aber auch eine gute Hintergrundbetreuung und Systemabstimmung, um die technischen Möglichkeiten ausnützen zu können. Neben der digitalen Radiografie ist auch Ultraschall ein häufig verwendetes diagnostisches Verfahren in der Pferdepraxis und viele FahrpraktikerInnen bieten auch endoskopische Untersuchungen im Stall an.

Worauf sollten PferdepraktikerInnen noch achten?
Bevor man eine Untersuchung mit einem bildgebenden Verfahren in die Wege leitet, sollte man sich immer fragen: Was möchte ich wissen und mit welcher Modalität kann ich das in Erfahrung bringen? Es ist wichtig, das der Fragestellung entsprechende Verfahren auszuwählen. Gleichzeitig ist es besonders im Zeitalter der digitalen Röntgenuntersuchungen notwendig, weiterhin auf den Strahlenschutz zu achten, und die Personen, die bei den Röntgenuntersuchungen mithelfen, nicht unnötiger Strahlenbelastung auszusetzen. Gerade, weil es mit dieser Technik deutlich einfacher ist, Röntgenaufnahmen anzufertigen, neigt man unter Umständen dazu, mehr Aufnahmen zu machen als tatsächlich notwendig wären oder Projektionen wegen nicht ganz optimaler Lagerung häufiger zu wiederholen. 

Was wünschen Sie sich für eine vereinfachte Zusammenarbeit?
Ich empfehle den TierärztInnen, sich gerade bei Röntgenuntersuchungen mehr Zeit für die Positionierung des Patienten und das Einrichten der Projektionen zu nehmen und primäre Röntgenmarker zur Seitenkennzeichnung zu verwenden. Diese Maßnahmen verbessern die Auswertbarkeit der Bilder und reduzieren Wiederholungsaufnahmen. Die korrekte Projektion und Datenbeschriftung sowie das richtige Dateiformat sind essenziell, um zugewiesene Fälle oder auch zugesandte Untersuchungen besprechen zu können.

Zu Ihren Patienten gehören auch Neuweltkameliden. Was gibt es da zu beachten?
Neuweltkameliden sind in Österreich im Vormarsch. Bei dieser Tierart sind Zahnprobleme und orthopädische Erkrankungen häufig. Ähnlich wie bei Pferden kommen hier als erste bildgebende Verfahren Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen zur Anwendung; im Anschluss sind natürlich alle weiteren Modalitäten möglich. Lamas und Alpakas werden in Österreich großteils als Hobbytiere und seltener als landwirtschaftliche Nutztiere gehalten. Manche HalterInnen haben nur wenige Tiere, andere wiederum größere Herdenverbände. An unsere Klinik kommen hauptsächlich Tiere aus dem östlichen Teil Österreichs. Mittlerweile gibt es in Österreich einige TierärztInnen mit Neuweltkameliden-Schwerpunkt, die sich speziell in diesem Bereich zusätzlich fortgebildet haben. 

Die Uniklinik bietet Teleradiologie für TierärztInnen an. Wird das oft in Anspruch genommen?
Wir bieten diesen Service für TierärztInnen an. Die Pferde-praktikerInnen nehmen diese Möglichkeit schon wahr, im Kleintierbereich wird dieser Service aber deutlich häufiger in Anspruch genommen. Die Teleradiologie bietet Tier-ärztInnen die Möglichkeit, die eigenen Bilder nach einfacher Online-anmeldung im entsprechenden Datenformat hochzuladen und so zu entstandenen Fragestellungen Expertenmeinungen einzuholen. In der Regel erhält der Zuweiser oder die Zuweiserin innerhalb eines Werktags einen Befund, der nach dem Vier-Augen-Prinzip erstellt wurde. Teleradiologie ist vor allem dazu gedacht, dass praktizierende KollegInnen die Möglichkeit haben, sich ergänzend Spezialistenmeinungen einzuholen. Ankaufs-untersuchungen sind von der Teleradiologie ausgenommen.

Werden Studierende auch an die bildgebenden Verfahren herangeführt?
Bildgebende Verfahren sind wichtige Bestandteile der Diagnostik in der kurativen Praxis. Mit der Etablierung neuer Therapien steigen auch die Anforderungen an die Erstdiagnostik und das Monitoring. Deshalb ist es ein Kernanliegen, unsere AbsolventInnen mit umfassenden Ersttagskompetenzen auszustatten. Dazu gehören fundierte Fertigkeiten auf den Gebieten Röntgen- und Ultraschall-diagnostik sowie grundlegende Kenntnisse zur Anwendung von CT, MRT und Szinitigrafie. Mit der Einführung des neuen Curriculums wurde der Anteil praktischer Übungen erhöht und das praktische Training intensiviert. Neu ist auch, dass die Studierenden bereits ab dem ersten Semester auf „Tuchfühlung“ mit dem Fachgebiet gehen. 

Braucht man viel Erfahrung, um mit den bildgebenden Verfahren richtig umzugehen?
Es gibt kaum einen Bereich, in dem Erfahrung nicht hilft; so ist es auch bei der Radiologie. Zunächst ist eine solide Ausbildung notwendig. Sie dient in erster Linie dazu, die physikalischen Grundlagen zu verstehen und diese dann „biologisch“ anzuwenden. Die weitere Entwicklung wird durch das Sammeln von Erfahrungen bestimmt. Hier sind nach meiner Ansicht zwei Aspekte für die Entwicklung der Expertise wichtig: gute Lehrer und der fachliche Austausch mit den zuweisenden Kolleginnen und Kollegen. Die bildgebende Diagnostik ist ein spannendes und komplexes Gebiet der modernen Veterinärmedizin.