Bienengesundheit im Blick

Neuer Bienenviren-Schnelltest - und Vespa velutina als neue Gefahr für die Honigbiene

Lisa Reichenauer

Die Honigbiene ist in ihrer Funktion als Bestäuberin ein wesentlicher Bestandteil unseres Ökosystems. Ihre Gesundheit und der Schutz vor Krankheiten sind daher von globaler Bedeutung. Sich ändernde Umwelteinflüsse, neue invasive Arten oder eine Erhöhung der Virenlast: All das stellt unsere heimischen Bienenvölker vor Heraus­forderungen, die eine schnelle Reaktion erfordern. 

Neben der ektoparasitischen Varroamilbe (Varroa des­tructor) werden vor allem virale Krankheitserreger für den steigenden Verlust von Bienenkolonien verantwortlich gemacht. Am Institut für Virologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Universitätsprofessor Dr. Till Rümenapf unter anderem mit der Erforschung der molekularen Mechanismen von Bienenviren. Laut dem Veterinärmediziner sind weit über 20 Viruskrankheiten bei Honigbienen bekannt, doch nur wenige davon sind in Österreich auch tatsächlich von Bedeutung; die Varroamilbe gilt als Haupterreger für epidemiologische Viruserkrankungen. Kürzlich gelang es der Forschungsgruppe von Dr. Rümenapf in Kooperation mit der Firma Megacor, einen innovativen Schnelltest zum Nachweis bestimmter Bienenviren zu entwickeln, den „FASTest Bee 3T“. Dieser Test ermöglicht eine schnelle Diagnose direkt am Bienenstand. „Der Test funktioniert nach dem gleichen Verfahren wie der FeLV-Schnelltest oder der ‚Wohnzimmertest‘ bei Covid. Nachgewiesen werden Virusantigene. Der Vorteil ist natürlich die Schnelligkeit des Erregerausschlusses; schon innerhalb von Minuten erhält man das Ergebnis, und das direkt vor Ort in der Natur. Gegenüber der üb­licherweise PCR-basierten Laboruntersuchung reduzieren sich hier Aufwand, Zeit und Kosten erheblich“, erklärt Veterinärmediziner und Test-Mitentwickler Dr. Rümenapf. Die bisherige PCR-basierte Virenuntersuchung kostete rund 200 Euro, den neu entwickelten Schnelltest, bestehend aus drei Teststreifen, gibt es laut Rümenapf um 20 Euro. Das entspricht einer Kostenreduktion von 90 Prozent.

Der „FASTest Bee 3T“ erlaubt den Nachweis von drei der häufigsten Viruserkrankungen: Flügeldeformations­virus (DWV), Sackbrutvirus (SBV) und Akutes Bienenparalysevirus (ABPV). „Die Viren sind ubiquitär, aber als Faktoren­krankheit nur unter bestimmten Bedingungen für den Imker erkennbar. Mit dem Test ist das nun anders“, erläutert der Universitätsprofessor. Durch den Einsatz des Schnelltests könnten Imker*innen und Tierärzt*innen nun frühzeitig Maßnahmen einleiten, um die Ausbreitung von Krankheiten einzudämmen und die Gesundheit der Bienenvölker zu schützen. Der Hauptüberträger vieler Viruserkrankungen ist die Varroamilbe – durch sie werden die beiden im Test nachweisbaren Haupterkrankungen der heimischen Honigbiene, das Flügeldeformationsvirus (DWV) und das Sackbrutvirus (SBV), übertragen. Der neu entwickelte Schnelltest bietet laut Universitätsprofessor Rümenapf eine fundamentale Hilfestellung im Kampf gegen die Milbe: „Bei einem positiven Nachweis können die betroffenen Völker sofort isoliert und eine Varroa-Behandlung durchgeführt werden“, betont der Virologe. Er selbst ist neben seiner veterinärmedizinischen Forschungstätigkeit auch Imker und kennt daher die Sorgen der Bienenhalter*innen. „Natürlich deckt der Test nicht alles ab, was relevant ist. Auch Änderungen der natürlichen Umgebung, verursacht durch den Klimawandel – wie etwa 25 Grad zu Ostern und eine vier Wochen frühere Blüte als sonst –, sind ein zunehmendes Problem für unsere heimischen Honigbienen; denn so fallen die Futterquellen schon im Juni weg. Der Test kann aber helfen, andere Probleme besser in den Griff zu bekommen. Er liefert Imker*innen und Tierärzt*innen eine rationale Basis, um zu entscheiden, was zu tun ist. Die Erkennung des Zustands der Bienenstände beruht allerdings zu 99 Prozent auf der Erfahrung der Imker. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass es viele Jahre braucht, um diese notwendige Erfahrung zu erlangen“, gibt Dr. Rümenapf zu bedenken. 

Neben der veterinärmedizinischen Forschung beschäftigt sich auch die Politik intensiv mit der Gesunderhaltung von Bienenvölkern und stellt Maßnahmen zu einer verbesserten Bekämpfung von Bienenseuchen auf. Das neue Tiergesundheitsrecht der EU („Animal Health Law“, EU-VO 2016/429, AHL) etwa kategorisiert Seuchen nach ihrem Schweregrad und definiert entsprechende Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung. Auch Bienenseuchen wurden im AHL entsprechend eingeordnet und bringen bestimmte Handlungsanforderungen für die einzelnen Mitgliedstaaten mit sich. Demnach müssen je nach Einstufung der heimischen Epidemien (Kategorie C, D und E) sowie deren Schweregrad in Österreich spezifische Präventions- und Überwachungsmaßnahmen ergriffen werden, um eine weitere Verbreitung der Bienenseuchen innerhalb des Landes und in andere EU-Mitgliedstaaten zu verhindern.

In dieser komplexen und sich ständig wandelnden Landschaft sind unsere heimischen Honigbienen immer wieder neuen Bedrohungen ausgesetzt. Neben Viren geben auch neue invasive Arten – wie die kürzlich hierzulande entdeckte Asiatische Hornisse (Vespa velutina) – der Veterinär­medizin und Imkerei Anlass zur Sorge. 

Die erstmals im April in der Stadt Salzburg nachgewiesene Velutina-Hornisse stellt eine Gefahr für die heimischen Honigbienen dar. Sie ist eine auf Honigbienen spezialisierte Jägerin. Nester der Hornisse können aus 6.000 Individuen bestehen und benötigen etwa 11 kg Insektenmasse pro Saison – das entspricht der Menge von über 100.000 Honigbienen. Dies kann zu erheblichen Verlusten in der Bestäubungskultur führen. Dr. Kerstin Seitz ist in der Landwirtschaftskammer Österreich für veterinär­medizinische Fragen zuständig und beschäftigt sich derzeit intensiv mit der Velutina-Hornisse. „Imker*innen sollten ihre ­Bienenstände besonders aufmerksam überwachen. Bei Verdacht auf ein Auftreten der Velutina soll die Situation mit Fotos und Videos dokumentiert werden und an das zentrale Meldeportal der ‚Biene Österreich‘ oder an die Landwirtschaftskammern (https://bienengesundheit.at/vespa-velutina, Anm.) gemeldet werden. Da es die Gefahr einer Verwechslung mit heimischen Insektenarten gibt, sollte von eigenständigen Bekämpfungsmaßnahmen abgesehen werden“, so die Veterinärmedizinerin der Landwirtschaftskammer. Welche Methoden für die Eindämmung der Gefahr durch die Hornisse zum Einsatz kommen und deren Ablauf ist dabei Ländersache. Derzeit arbeite man in Österreich an Maßnahmen zur Bekämpfung, die von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) koordiniert werden. Die Vorschläge zur Eindämmung werden zudem in einer Expertengruppe, an der Dr. Seitz teilnimmt, diskutiert und besprochen.
 

Die Entwicklung des „FASTest Bee 3T“ und die Einführung eines europaweiten rechtlichen Rahmens in Form des AHL sind wichtige Schritte in die richtige Richtung – doch die Bekämpfung von Bienenviren und die Bewältigung ­neuer Bedrohungen wie der Asiatischen Hornisse erfordern weiterhin gemeinsame Anstrengungen und innovative Lösungen. Für Dr. Rümenapf ist es daher unerlässlich, dass sich die Veterinärmedizin auch in Zukunft verstärkt Bienen widmen sollte: „Leider ist die Bienenkunde aus dem Curriculum gefallen und wird nur noch ‚nebenher‘ von wenigen Enthusiasten gelehrt. Dabei wurden die Wiener Tierärztliche Hochschule und die Wiener Imkerschule fast zeitgleich von Maria Theresia gegründet, da es damals um alle Tiere ging, die das Auskommen der ländlichen Bevölkerung verbessern. Heute kann die Veterinärmedizin nur in Einzelfällen Kompetenz in der Imkerei vorweisen, doch für die Gesunderhaltung und den Schutz der Bienen ist eine veterinärmedizinische Expertise künftig unabdingbar und vermehrt notwendig“, so Dr. Rümenapf von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Die Beschäftigung mit Bienen und deren Gesunderhaltung gewinnt jedenfalls an veterinärmedizinischen Universitäten in den letzten Jahren europaweit zunehmend an Bedeutung. 


Anlässlich des Weltbienentags am 20. Mai 2024 hat die Österreichische Tierärztekammer mit der Presseaussendung "Tierärzt*innen setzen sich auch für die Bienengesundheit ein" auf die wichtige Rolle der Tierärzt*innen in Sachen Bienengesundheit aufmerksam gemacht. 
Die Presseaussendung lesen Sie hier


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