Ein Nutztier namens Maja

Bienen-Schnelltest

Tierärztin Tanja Warter

Bienen gelten heute neben Rind und Schwein als drittwichtigstes landwirtschaftliches Nutztier – noch vor Geflügel. Neben dem Honig ist auch ihre Bestäubungsleistung ein zentrales Element für den hohen Stellenwert.

Die Zahlen sind beeindruckend: 33.000 Imkerinnen und I­mker sind in Österreich registriert, 99 Prozent von ihnen betreiben Bienenhaltung als Hobby. Zusammen bewirtschaften sie rund 450.000 Bienenvölker. Allein in Österreich wird der volkswirtschaftliche Nutzen der Honig­biene auf 900 Millionen Euro geschätzt, europaweit soll er 15 Milliarden Euro ­betragen. Dieser hohe Wert kommt nicht nur durch die Honigleistung zustande: Ob Kürbisse, Paprika oder Äpfel, Wild- und Honigbienen bestäuben 71 der 100 weltweit wichtigsten Nutzpflanzen.

Aber die Sorgen um die Bienen sind groß: Von den rund 700 Wildbienenarten Österreichs ist mehr als die Hälfte vom Aussterben bedroht. Ihnen kann nur eine Verbesserung ihrer Lebensräume im Sinne des Naturschutzes helfen. Aber auch die in menschlicher Obhut lebenden ­Honigbienen haben zu kämpfen: Auch wenn die Gesamtzahl der Völker durch menschlichen Einsatz wieder im Steigen ist, kommt es immer wieder vor, dass Völker den Winter nicht überstehen. Diese Wintersterblichkeit lag in den Jahren 2014 bis 2017 laut ­„bienenstand.at“ zwischen acht und 28 Prozent.
Eine Studie zur Ursachenforschung kommt zu dem Schluss, dass zwischen Winterverlusten und einer Belastung des Volks durch die Varroamilbe ein eindeutiger Zusammenhang besteht. 1977 brachten Wissenschaftler zu Forschungs­zwecken Honigbienen aus Asien nach Deutschland – die Varroamilbe reiste als blinder Passagier mit. Sie befällt Larven und erwachsene Bienen und saugt, anders, als man früher dachte, nicht an der Hämolymphe, sondern an deren Fettkörper. Aus befallenen Larven entwickeln sich verkrüppelte adulte ­Bienen oder es entwickeln sich überhaupt keine Bienen. Außerdem (auch das wurde erst viel später klar) übertragen Varroa­milben ­Viruserkrankungen wie das Flügeldeformationsvirus (DWV) oder das Sackbrutvirus (SBV). Symptome des akuten Bienenparalysevirus (ABPV) werden durch die Varroamilbe zumindest verstärkt. Die Kombination von Varroa und bestimmten Bienenviren hatte während des Beobachtungszeitraums den größten Einfluss auf die Bienengesundheit.

Um drei unterschiedliche Viren einfach und schnell detek­tieren zu können, ist in einer Kooperation des Instituts für ­Virologie der Vetmeduni mit dem Vorarlberger ­Unternehmen Megacor Diagnostik GmbH im Rahmen des Ages-Projekts „Zukunft Biene 2“ ein Schnelltest entstanden (siehe auch ­Seite 15). Megacor-Geschäftsführer und Tierarzt Mario ­Löwenstein: „In der Praxis bemerkt der Imker, dass an seinem Stock etwas nicht stimmt. Somit stellen sich sofort Fragen, was los ist und was man tun kann.“ Da die Varroamilbe im Grunde jeden Imker und jedes Bienenvolk in Österreich betreffe, lohne es sich, den Blick für die einhergehenden Virus­erkrankungen zu schärfen. „Die phoretischen Milben selbst kann man sehen und mittels unterschiedlicher Methoden auch zählen. Sie schwächen das Bienenvolk erheblich. Was die Bienen aber tatsächlich umbringt, sind oft die Virusinfektionen“, so Löwenstein. Gute eineinhalb Jahre habe es gedauert, bis der Test marktreif war, berichtet Produktmanagerin und Tierärztin ­Angela Kern. Die Arbeit habe mit der Frage begonnen, welches ­Ausgangsmaterial in der Praxis zu verwenden sei: „Wir waren bei den bisherigen Schnelltests Blut gewohnt, Serum oder Plasma, manchmal auch Kot, Milch, vielleicht auch Speichel. Aber bei Bienen wurde es natürlich schwierig. Das geht tatsächlich nur, indem man bereits tote Bienen nimmt und zermörsert.“ 

Es wurde ein Röhrchen mit einem Deckel entwickelt, in den der Stößel zum Zerdrücken schon eingebaut ist. Das Prinzip: Fünf tote, im Stock gefundene Bienen kommen in das Röhrchen; diese werden mit dem Zuschrauben des Deckels zerquetscht. Anschließend wird eine im Set enthaltene Pufferlösung auf die Bienen getropft, nach zehn bis 15 Minuten kann man die drei Teststreifen (einer für DWV, einer für SBV und einer für ABPV) ins Röhrchen stellen und das Ergebnis ablesen. Eine Kontrollbande bestätigt den korrekt durch­geführten Test. Kern: „Ziel war es, den Test direkt bei der Arbeit am Stock anwenden zu können. Das Hantieren mit ­feinen Labor­utensilien wäre für Imkerinnen und Imker mit den dicken Handschuhen, dem Hut und der Ausrüstung ­einfach zu kompli­ziert. Darum: Bienen rein, Pufferlösung dazu, Teststreifen hinein, fertig“ – eine moderne und schnelle Maßnahme, um ein Virus oberhalb einer bestimmten Viruslastgrenze nachzuweisen. Für Imker / Imkerin bzw. die behandelnde Tierärztin oder den Tierarzt ergeben sich im positiven Fall verschiedene ­Handlungsmöglichkeiten. Löwenstein: „Medikamente ­gegen die Viruserkrankungen bei der Biene gibt es nicht, aber man kann bei entsprechenden frühzeitigen Testergebnissen biotechnische Maßnahmen einleiten bzw. im Spätsommer leichter entscheiden, ob und welche Völker man über den Winter zieht. Das ist nicht nur eine wirtschaftliche Frage, sondern schützt unter Umständen auch vor einer weiteren Virusausbreitung im Bestand.“ Zudem sei der Virustest ein wichtiges Tool, wenn es um den Ver- oder Ankauf von Völkern gehe: Böse Überraschungen blieben so aus. Auch im Rahmen der künstlichen Besamung, die gelegentlich angewendet wird, weil die Paarungskontrolle mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, könne ein Test sinnvoll sein. Kern: „Ziel ist es, bei regelmäßigen Tests auf die Dauer ge­sündere ­Völker zu bekommen.“

Wichtig ist den Entwicklern, zu betonen, dass ein Test an sich keine Dia­gnose liefert, sondern es sich um ein Hilfsmittel zur Diagnostik handelt. Der Schnelltest sei ein zusätzlicher Baustein zu Anamnese, Klinik und anderen Parametern. Zu Fragen der Sensitivität und Spezifität laufen aktuell Feldstudien. Kern: „Vieles, vor allem in puncto Anwendbarkeit, wird sich auch noch in der Praxis herausstellen. Insofern ist so eine Test­neuentwicklung auch ein stetiger Anpassungsprozess.“

Und welche Bedeutung hat der Schnelltest nun für das ­Varroa-Management? Löwenstein: „Man kann zum Beispiel sehr gut vor und nach einer Varroa-Behandlung auf Viren ­testen. So sehe ich, ob sich im Hinblick auf die ­Virenlast etwas durch die Milbenbekämpfung verbessert hat. Es ist einfach gut zu wissen, mit welchem Feind man es zu tun hat.“ Ob eine hohe Viruslast einen direkten Rückschluss auf einen starken Varroa-Befall zulässt, ist eine naheliegende Hypothese, muss aber noch wissenschaftlich geklärt werden.