Auf die Biene

gekommen

Mag. Silvia Stefan-Gromen
Abteilungsleiterin Medien und Kommunikation der Österreichischen Tierärztekammer

Die Situation der Honigbienen hat sich in den letzten Jahrzehnten europaweit gravierend verschärft – immer wieder sind hohe, periodisch auftretende Winterverluste von Bienenvölkern zu beklagen. Dr. Anita Winkler, Fachtierärztin für Bienen sowie Bienensach­verständige, verrät in einem Gespräch mit dem Vetjournal, welche Lösungsvorschläge zielführend wären.

Das Bienensterben ist in aller Munde, jeder fürchtet sich vor den Auswirkungen – was sind die Ursachen und was können wir tun?
Es gibt nicht nur eine Ursache für die Dezimierung der Bienenvölker, es spielen mehrere Faktoren eine  Rolle. Parasiten, konkret die aus Asien eingeschleppte Varroamilbe, sind ein zentrales Problem für die Honigbiene, zudem auch Mikroorganismen wie Bakterien, Viren sowie Pilze, die Krankheiten der Bienenbrut sowie der erwachsenen Bienen verursachen. Dazu zählen neben der Amerikanischen und Europäischen Faulbrut die Kalk- und Steinbrut, Nosemose, Sackbrut und andere gemeinsam mit der Varroamilbe auftretende Viruserkrankungen wie das Deformierte-Flügel-Virus, das Akute Bienenparalyse-Virus, das Chronische Bienen-paralyse-Virus, das Schwarze Königinnenzellen-Virus und das Kashmir-Bienenvirus. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die die Immunität der Bienen beeinträchtigen, ist ebenso problematisch. Die Abnahme der Pflanzenvielfalt, besonders in Gebieten mit Monokulturen, führt zu einer Mangelernährung der Bienen, wobei sich besonders der Mangel an essentiellen Aminosäuren negativ auf die Immunität der Honigbienen auswirkt. Auch der Klimawandel ist der Bienengesundheit nicht sehr zuträglich.

Fachtierärzte für Bienen sind in diesem speziellen veterinärmedizinischen Fachgebiet der Bienenkrankheiten und deren Behandlungsmöglichkeiten sowie der Lebensmittelsicherheit ausgebildet und stehen den Imkern zur Seite. Wir bieten auch Betriebserhebungen und -Beratungen für Imker im Rahmen des Österreichischen Bienengesundheitsprogrammes an. Intensive Forschungen zur Bienengesundheit untersuchen derzeit z. B. die Pathogenität von Sekundärinfektionen bei Varroamilbenbefall. Ein reichhaltiges Nahrungsangebot für Bienen bilden blühende Blumenwiesen, heimische Sträucher und Bäume im eigenen Garten und auf öffentlichen Grundstücken und eine größere Pflanzendiversität in der Landwirtschaft. Was die intensiv betriebene Landwirtschaft und die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln betrifft, ist eine positive Lösung im Sinne der Bienengesundheit aufgrund verschiedener Interessenslagen nicht einfach. Da gilt es gemeinsam Bewusstsein zu schaffen.

Wie sind Sie eigentlich auf die Biene gekommen? 
Ich hatte 20 Jahre lang eine Kleintierpraxis in Wien; familiäre Umstände haben mich in die Steiermark geführt, wo ich gemeinsam mit meinem Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb übernommen habe. Mein Interesse für die -Biene entstand durch meine Gartenarbeit, wo ich begonnen habe, mich mit dem Düngen und Kompostieren zu beschäftigen – genau genommen habe ich die konkreten Auswirkungen bei einem Lavendelstock gesehen, der nach chemischer Düngung von keiner einzigen Biene mehr aufgesucht wurde. Mein Interesse für die Hintergründe war geweckt, dann ergab eines das andere: Vertiefung in die Bienenwelt, Ausbildungen und Professionalisierung. In den letzten Monaten konnte ich auch als Sachverständige mein Wissen einbringen und zusätzlich sehr viel Erfahrung sammeln – das Zusammenspiel von Honigbiene, Imker, örtlichen Bienenzuchtvereinen, Landesverband und Amtstierarzt ist sehr spannend für mich.

Sie sind seit fast genau einem Jahr Bienensachverständige – was ist dabei Ihre Hauptaufgabe? Als ausgebildete FTA für Bienen bin ich seit Frühjahr 2018 ausschließlich als Sachverständige für Bienenzucht gemäß Bienenseuchengesetz tätig. Laut diesem sind folgende Krankheiten der Honigbienen als auch jeder Verdacht auf derartige Krankheiten anzeigepflichtig: Amerikanische Faulbrut, Befall mit dem Kleinen Bienenstockkäfer Aethinatumida sowie Befall mit der Tropilaelapsmilbe Tropilaelaps spp.; auch die Varroose bei seuchenhaftem Auftreten sowie jedes drohende oder erfolgte Absterben von mindestens 30 Prozent der Völker eines Bienenstandes. Die Behörde hat in diesem Fall aufgrund der Anzeige den Amtstierarzt mit der Erhebung und der Einleitung veterinärpolizeilicher Maßnahmen zu beauftragen. Sachverständige der Bienenzucht unterstützen den Amtstierarzt und führen unter seiner Leitung eine Revision durch, dabei werden alle im betreffenden Gebiet befindlichen Bienenstände durchgesehen und geprüft. Als Sachverständige bin ich in diesem Fall auch berechtigt, aus den Bienenvölkern im Sperrgebiet Untersuchungsmaterial zu entnehmen. Wird dabei eine anzeigepflichtige Krankheit bestätigt, ordne ich geeignete und auf den Betrieb abgestimmte Heil- und Desinfektionsmaßnahmen an und kontrolliere deren Durchführung. Wenn innerhalb von zwei Monaten nach diesen Sanierungsmaßnahmen im betreffenden Sperrgebiet keine weiteren Erkrankungen aufgetreten sind, erfolgt die Schlussrevision. Wird der Bienenstand dabei als seuchenfrei festgestellt, sind die Sperrmaßnahmen aufzuheben. Diese Sachverständigentätigkeit wurde früher ausschließlich von -Imkern ausgeübt – seit es die tierärztliche Spezialisierung für -Bienen gibt, sind auch diese Spezialisten dazu befugt.

Wie wird man Fachtierarzt für Bienen?
Seit 2014 wird in Österreich für interessierte Tierärzte die postgraduale dreijährige Ausbildung zum Fachtierarzt für Bienen angeboten, dazu gibt es verschiedene Ausbildungsmodule an der Vetmeduni Wien, an der AGES Wien, an der Karl-Franzens-Universität Graz, an den Imkerschulen Warth, Graz und Linz sowie einige Exkursionsmodule. Derzeit gibt es in Österreich 23 ausgebildete FTA für Bienen. Meine Hauptaufgaben dabei sind die Unterstützung der Imker bei der Bienengesundheit und Krankheitsvorsorge für Honigbienen sowie die Therapie von Krankheiten. Ich arbeite an Forschungsprojekten zur Bienengesundheit mit, übernehme Behördentätigkeiten im amtlichen Auftrag und halte Vorträge bei Bienenzuchtvereinen und Imkertreffen. Eine intensive Vernetzung und der fachliche Austausch im veterinärmedizinischen und imkerlichen Bereich auf nationaler und internationaler Ebene spielen für mich eine wichtige Rolle. Darüber hinaus engagiere ich mich auch für die Etablierung des Berufsbildes Fachtierarzt für Bienen und stehe dabei gerne auch mal vor der TV-Kamera oder beantworte Fragen im Hörfunkstudio und für Printmedien. Wenn es meine Zeit erlaubt, arbeite ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Kunstprojekten mit.

Was ist Ihnen bei Ihrer Tätigkeit wichtig? Für mich stehen das Wohl und die Gesundheit der Bienen an erster Stelle. Es hat sich gezeigt, dass Lösungsvorschläge für die auftretenden Probleme nur durch fachlichen Informationsaustausch und ein gemeinsames Vorgehen von Imkern, Landwirtschaft, Tierärzten, Ministerien, Weiterbildungs-, Forschungseinrichtungen und Unter-suchungsanstalten erarbeitet werden können. Mein Ziel ist es, weiterhin unterstützend und partnerschaftlich mit den Imkern zusammenzuarbeiten. Ein weiteres großes Anliegen ist mir, unser veterinärmedizinisches Angebot und unsere Fachkompetenz als FachtierärztInnen für Bienen im -Bereich der Bienengesundheit zu verankern und den FTA für Bienen zu etablieren.