"aWISH": Streben nach mehr Tierwohl in der Fleischproduktion

„aWISH“ (Animal Welfare Indicators at the Slaughterhouse) ist ein über das Förderungsprogramm Horizon Europe finanziertes Projekt mit vierjähriger Lauf­dauer, dessen Startschuss 2022 gefallen ist. Österreich ist im Rahmen dieses Projekts durch den Partnerbetrieb Higelsberger GmbH (Schwertberg, Oberösterreich) und mit Martin Lindinger, Geschäftsführer der Rudolf Großfurtner GmbH, als Projektverantwortlichem vertreten. Wissenschaftlich begleitet wird das österreichische Pilotprojekt von Ass.-Prof. Dr. Johannes Baumgartner und Dr. Kristina Maschat vom Zentrum für Tier­ernährung und Tierschutzwissenschaften der Veterinär­medizinischen Universität Wien. 

Das Hauptziel von „aWISH“ und seinen insgesamt 28 Partnern aus elf europäischen Ländern ist die ­Entwicklung und Bereitstellung von Methoden zur ­Be­ur­teilung und Verbesserung des Wohlergehens von Tieren in der Fleischproduktion in ganz Europa. Erreicht werden soll dies durch die automatisierte Über­wachung tierwohlbezogener Indikatoren im Schlachtbetrieb und durch die Bereitstellung von Feedback und Beratung zu bewährten Verfahren für die Verantwortlichen in den verschiedenen Produktionsstufen. Im Mittelpunkt des Projekts stehen sechs Pilotprojekte aus der Schweine- und Mastgeflügelproduktions­kette, in denen neue Technologien zur Überwachung des Tierwohls entwickelt und getestet werden. Die gesammelten Daten werden analysiert und für die Entwicklung eines Feedback-Tools genutzt. Am Ende des Projekts wird ein Katalog an Tierwohlindikatoren vorgelegt, der mit den Interessenvertretern des Sektors geteilt werden soll. Ebenso werden Leitfäden für bewährte Praktiken präsentiert, um die Erzeuger zu ermutigen und zu unterstützen, die entwickelten Instrumente anzuwenden. Dadurch soll – als eines der Leitmotive des Projekts – das Tierwohl europaweit verbessert werden.

Das vom belgischen Unabhängigen Institut für Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelforschung (EV ILVO) koordinierte Projekt fokussiert sich auf die Schweine- und Mastgeflügelindustrie, da diese Tierarten EU-weit am zahlreichsten vertreten sind und hier bedauernswerter­weise immer noch in allen Produktionsphasen großer Aufholbedarf in der Verbesserung des Tierwohls herrscht. Außerdem durchlaufen diese Tierarten nur eine kurze Aufzuchtphase, die einen begrenzten Überwachungszeitrahmen vorgibt und damit eine schnellere Umsetzung von Korrekturmaßnahmen ermöglicht. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der beiden untersuchten Spezies wird es jedoch möglich sein, die Ergebnisse in Zukunft auf andere Tierarten auszuweiten und anzupassen. 

Seit Beginn des Projekts sind fast zwei Jahre vergangen und das Projektteam kann mit Stolz verkünden, dass auf Basis gründlicher Recherchen zwei Listen mit Tierwohlindikatoren und potenziellen Technologien zur Erhebung von Tierwohlindikatoren bei Schweinen und Mastgeflügel erstellt wurden. Im Rahmen des Projekts wurden 15 neue Technologien erfolgreich in sechs regionale in die Schweine- bzw. Mastgeflügelproduktion eingebettete Pilotprojekte implementiert. Insgesamt wurden 24 Neuinstallationen vorgenommen. 

Die ersten beiden Pilotprojekte sind in den Nieder­landen und in Spanien lokalisiert und konzentrieren sich auf Schweine. In Pilotprojekt 1 wurde die Technologie „PigInspector“ (CLK GmbH) zur Überwachung von Ohr-, Schwanz- und Hautverletzungen sowie zur Erhebung der Schwanzlänge an Schlachtkörpern eingeführt. Ebenfalls wurden erfolgreich Sensoren („STREMODO“ von FBN) zur Erkennung von Stressvokalisationen im Entladebereich und im Stall installiert; auch die Entnahme von Stichblut zur Analyse von Stress­indikatoren im Blutplasma (FBN) wurde eingeführt. 

In Pilotprojekt 2 wurden die Technologien „Enviro-“, „Weight-“ und „Lesion-Detect“ (Fa. Innotech Vision) zur Überwachung des Stallklimas (Temperatur, ­relative Luftfeuchtigkeit, Ammoniak-, CO2- und Staubkonzentration), des Tiergewichts im Stall bzw. zur Erkennung von Lungenveränderungen an der Schlachtlinie installiert. Bereits bei der ersten nach der Installation der Technologien in Pilotprojekt 2 überwachten Testgruppe an Schweinen wurde im landwirtschaftlichen Betrieb sechs Tage vor Auftreten der ersten klinischen Symptome eine beginnende Atemwegserkrankung detektiert. Darüber hinaus sind eine Technologie zur Überprüfung der Betäubungseffizienz / des Bewusstseins der Tiere nach der Betäubung durch Beurteilung des Kornealreflexes und eine Technologie zur Erkennung von Sekretrinnen in den Augenwinkeln (wissenschaftliche Entwicklung durch EV ILVO) Teil von Pilotprojekt 2. 

Die Pilotprojekte 3 und 4, die sich auf Mastgeflügel konzentrieren und in Frankreich und Polen lokalisiert sind, verwenden die App „EBENE“ (Itavi), um im Rahmen von Betriebsbesuchen das Wohlbefinden der Tiere zu beurteilen. In Pilotprojekt 3 wurden mehrere Technologien implementiert: „EBroilerTrack Image“ (Itavi) für die Aufzeichnung individueller Aktivität von Mast­geflügel im Agrarbetrieb, „EBroilerTrack Sound“ (Itavi) für die Überwachung von Lautäußerungen im Wartebereich des Schlachthofs und die Technologien „ChickenCheck Hockburn“ und ­„ChickenCheck Footpad“ (CLK), die automatisiert Kontaktdermatitis am Fersenhöcker und Fußballenveränderungen an der Schlachtlinie erkennen. Darüber hinaus wird auch die Transportphase überwacht (Itavi), indem Senso­ren in die Transport­kisten eingebaut sind, die die CO2-Konzentration, relative Feuchtigkeit und Temperatur messen. In Pilotprojekt 4 wurde ebenfalls die Verwendung der „EBENE“-App (Itavi) in den beteiligten Agrarbetrieben eingeführt und zusätzlich zu den „Chicken­Check“-Technologien „Hockburn“ und „Footpad“ „ChickenCheck Catch Damage“ und „ChickenCheck Scratch“ (CLK) installiert. Letztere Technologien detektieren Fangschäden und Kratzer an den Beinen, Flügeln und der Brust von Mastgeflügel.

Bei den Pilotprojekten 5 und 6 in Österreich und ­Serbien handelt es sich um sogenannte Zweite-Phase-Pilot­projekte. Während Pilotprojekt 6 derzeit an der Installation und Implementierung der Technologien „Lesion-Detect“ (Innotech Vision) und „STREMODO“ (FBN) arbeitet, wurde im Schlachtbetrieb Higelsberger GmbH bereits die „PigInspector“-Technologie (CLK) installiert. Mit der Erhebung der entsprechenden Daten wird in Kürze begonnen. Zusätzlich werden im Rahmen verschiedener Studien Untersuchungen zur Schwanz­länge sowie zu Schwanz- und Hautläsionen einerseits direkt im Schlachthof durchgeführt, andererseits ­werden auch die vom „PigInspector“ aufgenommenen Bilder im Sinne der Algorithmenentwicklung und ­-validierung visuell beurteilt.

Im weiteren Verlauf werden die über die CLK-Technologie automatisiert beurteilten Tierwohlindikatoren in die „aWISH“-Datenplattform eingespeist und können mit Routineschlachthofdaten (SFU- und Fleischuntersuchungsdaten) verglichen werden. Ebenso landen auch alle anderen im Rahmen des Projekts von den Technologien gesammelten Daten auf der „aWISH“-Datenplattform, die bereits aufgesetzt wurde und sich derzeit in voller Entwicklung befindet. Die Beta-Version soll noch vor Ende 2024 freigegeben, getestet und validiert werden. Zukünftig sollen die beteiligten Akteure entlang einer Produktionskette auf diese Plattform zugreifen und die Ergebnisse ihrer eigenen Betriebe und Tiere überwachen können. Damit wird einerseits die Grundlage für ein einheitliches und objektives Überwachungssystem in ganz Europa geschaffen, andererseits könnte „aWISH“ dadurch natürlich auch als Wegweiser für ein nationales Rückmeldesystem dienen.
„aWISH“ hat auch ein Expertenpanel für Schweine und Mastgeflügel eingerichtet, in dem Experten aus allen Stufen der Kette (Erzeuger bis Verbraucher) in produktive Debatten über die Projektergebnisse treten, ihre Erkenntnisse austauschen und aktiv zur Erreichung der Projektziele beitragen können. Um an diesem Panel teilzunehmen, registrieren Sie sich bitte auf awish-project.eu (unter „Expert Panel“).

Weitere Infos finden Sie auf www.awish-project.eu und in den sozialen Medien, die Sie regelmäßig über die laufenden Aktivitäten informieren (@aWISH).


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