Mag. Silvia Stefan-Gromen
Ausgabe 04/2022
Die traditionell geführte Tierarztpraxis mit papierbasierten Geschäftsprozessen stößt an ihre Grenzen – vielmehr sollte man sich die Digitalisierung zunutze machen und dabei Zeit und Geld sparen.
Seit Beginn der Coronakrise hat die digitale Transformation unsere Arbeitswelt gehörig umgekrempelt. Davon waren natürlich auch Tierärzt*innen betroffen, die mit unzähligen kaum berechenbaren Herausforderungen konfrontiert wurden – dennoch hatten sie Glück, denn von Schließungen waren sie nicht betroffen.
Vielmehr kämpfen Tierarztpraxen mit dem anhaltenden Haustierboom, der durch vermehrtes Homeoffice vieler Arbeitnehmer*innen ausgelöst wurde. Für Tierärzt*innen hat dieser Trend enorme Folgen: Sie waren und sind mit einem beträchtlich gestiegenen Patientenaufkommen konfrontiert. Bis heute fordert dies vielen Tierärzt*innen maximale Flexibilität und Effizienz ab. Um diesen Ansturm in der Praxis bewältigen zu können, haben viele Kolleg*innen ihre Arbeitsabläufe generalüberholt und auch die Bereitschaft entwickelt, sich digital fit zu machen. Im Gegensatz zu anderen Branchen können Tierärzt*innen nicht im Homeoffice arbeiten, sondern müssen meist unter Zeitdruck und möglichst kontaktlos ihre Kund*innen und Patienten betreuen. Durch die Covid-19-Pandemie haben sich die Menschen an die reibungslosen und schnellen digitalen Prozesse im Alltag gewöhnt. Der Schritt zur digitalen Praxis hilft Tierärzt*innen, ihren Patientenbesitzer*innen eine personalisierte und einfache tierärztliche Versorgung zu bieten. Der Abschied von zeitaufwendigen manuellen Vorgängen erleichtert auch allen Mitarbeiter*innen den Arbeitsalltag: Etwa die digitale Terminvergabe per Website oder Whatsapp sowie auch eine Verbesserung der digitalen Prozesse innerhalb der Praxis treten zunehmend an die Stelle von zeitintensiven manuellen und papierbasierten Prozessen. Traditionell geführte Tierarztpraxen müssen ihre Ressourcen und Budgets überdenken und überlegen, wie sie sich die Digitalisierung zunutze machen können, um dabei Zeit und Geld zu sparen.
Weshalb ist dies sinnvoll? Digitale Prozesse können mehr Zeit mit den Patienten und ihren Besitzer*innen bedeuten.
Die Covid-19 Sicherheitsvorkehrungen haben den kontaktlosen Service in vielen Bereichen des Alltags notwendig gemacht. Alle Vorgänge rund um den Besuch in der Praxis, von der Registrierung über die Terminbuchung bis hin zur Bezahlung, lassen sich rasch und kontaktlos erledigen. Wartezeiten können so reduziert werden, der Papierkram kann auf ein Minimum heruntergeschraubt werden und gegenüber Patientenbesitzer*innen kann eine gewisse Sicherheit geboten werden. Diese Arbeitsweise wird mit Sicherheit auch nach dem Ende der Pandemie bleiben.
Veraltete Software beeinträchtigt die Kosteneffizienz und letztendlich auch die Servicequalität einer Tierarztpraxis. Für komplizierte neue Softwaretools und damit verbundenes langes Einarbeiten fehlen jedoch oft die Zeit und das Geld. Daher entscheiden sich Praxisbesitzer*innen zunehmend für den Einsatz digitaler Technologien, die sich einfach in bestehende Systeme integrieren lassen. Dies kann eine unmittelbare Lösung für die Ineffizienzen bieten, die durch entkoppelte Technologien entstehen, und ihren Mitarbeiter*innen Zeit und Nerven sparen.
Die Integration von cloudbasierter Software kann den Praxisalltag mit mehreren Kolleg*innen reibungsloser gestalten und die konkrete Planung und Optimierung der Praxis unterstützen. Die Anzahl verpasster oder abgesagter Termine kann minimiert und das Dokumentenmanagement optimiert werden. Intelligente Workflows ersetzen nervenaufreibende und ineffiziente manuelle Prozesse.
Die Coronakrise hat allerdings auch noch eine ganz andere Herausforderung offengelegt: den chronischen Mangel an Fachkräften und die veränderten Erwartungen und Bedürfnisse, die sich nicht nur auf die Tierbesitzer*innen beschränken. Junge Tierärzt*innen erwarten heute von ihren Arbeitgeber*innen genau das, was sich auch Fachkräfte in anderen Bereichen wünschen: mehr Selbstbestimmung, ein ausgewogenes Privat- und Berufsleben, weniger Papierkram und mehr Zeit für die Kernaufgaben als Tierärzt*in. Auf der anderen Seite stehen die Praxisinhaber*innen, die händeringend nach qualifiziertem Nachwuchs suchen.
Die Digitalisierung der Tierarztpraxen bietet viele Vorteile, gerade jetzt in der Krise, aber auch für die Zukunft. Die Digitalisierung von papierbasierten Prozessen und die Automatisierung manueller Arbeitsabläufe ist jedenfalls dort zu empfehlen, wo man sie leicht in den Arbeitsalltag integrieren kann, denn schließlich bietet sie viele Vorteile – auch für jene, um die sich eigentlich alles drehen sollte: um die Patienten, die Tierbesitzer*innen und die Mitarbeiter*innen!