Animalicum 2022:

Vom Denken der Tiere

Tierärztin Tanja Warter

Volles Haus, freudiges Wiedersehen und hochgradig spannende Vorträge: Das Animalicum in Bregenz konnte nach zwei Jahren Coronapause heuer wieder stattfinden – und war ein voller Erfolg.

Im März 2019 lautete der Schwerpunkt des Animalicums „Was fühlst du, Tier?“. Den Gefühlen folgend wollte Veranstalterin und Tierärztin Tanja Warter als Nächstes das Denken und die Intelligenz der Tiere in den Mittelpunkt rücken. Ein wenig Geduld brauchten die Fans – erst heuer war ­wieder eine Präsenzveranstaltung möglich.

In bewährter Weise wurde der Themenschwerpunkt von vielen verschiedenen Seiten beleuchtet. Kognitionsbio­loge Prof. Dr. Thomas Bugnyar, Universität Wien, eröffnete die Veranstaltung mit einer Übersicht über die Evolution von Intelligenz sowie Gründe und Voraussetzungen derselben und verblüffte mit persönlichen Erlebnissen aus seinem Forschungsfeld mit Rabenvögeln.

Priv.-Doz. Dr. Zsofia Viranyi, Abteilung Vergleichende Kognitionsforschung am Messerli Forschungsinstitut der Vetmeduni, referierte zur stets brisanten Frage: Hund oder Wolf – wer hat in Sachen Intelligenz die Schnauze vorn? Viranyi präsentierte unter anderem Experimente, in denen Hunde und Wölfe jeweils entweder mit Menschen oder mit Artgenossen kooperieren mussten. Die Bilder, wie leicht sich ein Hund im Vergleich zum Wolf durch einen Menschen leiten und beeinflussen lässt, deuteten eindeutig auf die enge Verbundenheit der Hunde mit Menschen hin, auch wenn diese fremd sind. Die Intelligenz von Hund und Wolf gegeneinander abzuwägen blieb schlussendlich schwierig – zu unterschiedlich sind die Bereiche, in denen mal der Hund und mal der Wolf vorn ist.

Dr. Marianne Wondrak, jetzt tätig für das Gut Aiderbichl und frühere Leiterin des Clever Pig Lab am Messerli ­Institut der Vetmeduni, sprach über optimistische und pessimistische Schweine und ihre kognitiven Fähigkeiten. In den Spezialworkshops mit vielen praktischen Beispielen rund um das Lernen bei Hunden und Katzen beeindruckten Dipl. Tierärztin Sabine Schroll, Expertin für Katzenverhalten, und Dipl. Psychologe Robert Mehl, Autor von „Die Psyche des Hundes“, das Publikum.

Aus aktuellem Anlass gab Prof. Dr. Karin Hediger, ­Fakultät für Psychologie, Universität Basel, Leiterin des Studiengangs für tiergestützte Therapie, einen Überblick darüber, wie Tiere Menschen in schwierigen Zeiten unterstützen und ihnen helfen, bevor Prof. Dr. Achim Gruber, ­Pathologe am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin, ein flammendes Plädoyer hielt: Aus seiner Perspektive sei das Thema der gesellschaftlich ­akzeptierten allgegenwärtigen Qualzucht wesentlich schwerwiegender als das Problem von Einzelfällen, in ­denen Menschen beispielsweise Animal Hoarding betrieben. Mit seinem „Spiegel“-Bestseller „Das Kuscheltierdrama“ konnte er bereits eine breite Öffentlichkeit auf das Thema aufmerksam machen.   

Die Biochemikerin Prof. Dr. Renée Schroeder, Universität Wien, Zentrum für molekulare Biologie, Department für Biochemie und Zellbiologie, Max F. Perutz Laboratories, ist seit ihrem Ruhestand als Kräuterbäuerin im Salzburger Land tätig und widmet sich unter anderem den großen Fragen, wie klug der Mensch und was das Leben ist.

Sie erklärte anschaulich, dass das Leben als Kräuterbäuerin keineswegs im Widerspruch dazu steht, Vorteile der Gentechnik sinnvoll zu nützen. So sei es möglich, Beinwell ohne Pyrrolizidinalkaloide zu züchten. Sie ­berichtete von einem Forschungsprojekt zur Wiederbelebung des Mammuts, erklärte anschaulich die Technologie der Genschere und trat für mehr naturwissenschaftliche Bildung in den Schulen ein. Dafür gab es fulminanten Applaus. Schriftsteller Michael Köhlmeier rundete in einem Gespräch mit Tierärztin Tanja Warter über seine Katze und mit einer Lesung aus seinem Buch „Matou“ das Animalicum 2022 literarisch ab.

Link: https://animalicum.com