Mag. Reinhard Fuchs, DI Elisabeth Reitbauer, Univ.-Doz. DI Dr. Klemens Fuchs
Öserreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
Ausgabe 05/2025
Im nachfolgenden Bericht werden die Vertriebsmengen von Antibiotika, die in den Jahren 2019 bis 2023 in der Veterinärmedizin für Nutztiere zugelassen waren, dargestellt. Zudem erfolgt ein Einblick in die Abgabemengen von 2019 bis 2023.
Im vorliegenden Bericht werden die Vertriebs- und Abgabemengen von Antibiotika des Jahres 2023, die in der Veterinärmedizin für Nutztiere zugelassen sind, dargestellt und mit den Vorjahren verglichen. Die Gesamtvertriebsmenge an antimikrobiell wirksamen Substanzen für Nutztiere hat im Vergleich zum Vorjahr um 5 % abgenommen und lag im Jahr 2023 bei 32,54 Tonnen. Die Vertriebsmenge der Antibiotika, die von der WHO als „Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin“ eingestuft sind, hat seit dem Vorjahr um 8 % – von 4,35 auf vier Tonnen – abgenommen. Diese Wirkstoffgruppen haben über die Jahre einen relativ konstanten Anteil von rund 12 % an der Gesamtmenge. Generell zeigen die Vertriebsmengen der letzten Jahre Schwankungen, die einerseits mit der Verfügbarkeit einiger Tierarzneimittel zu tun haben und andererseits auf den Auf- und Abbau von Lagerbeständen zurückführbar sind. Die zugrunde liegende Tierpopulation weist über die letzten Jahre nur geringe Schwankungen auf, daher sind Änderungen in der Vertriebsmenge nicht auf geringere bzw. höhere Tierzahlen zurückzuführen. Hausapothekenführende Tierärzt*innen geben im Rahmen ihrer Abgabemeldung die Tierart an, für die das Antibiotikum abgegeben wurde; dadurch lassen sich die Abgabemengen antimikrobiell wirksamer Substanzen den Tierarten zuordnen. Um die Abgabemengen der unterschiedlichen Tierarten miteinander vergleichen zu können, müssen diese auf Basis der jeweiligen Tierpopulation normiert werden. Dazu hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) einen Normierungsfaktor (die PCU) eingeführt. Die PCU ist ein technisches Maß und bezieht sich auf ein Kilogramm Körpergewicht. Daraus resultieren normierte Werte beim Schwein von 54,5 mg/PCU (+0,6 mg/PCU im Vergleich zu 2022), beim Rind von 16,4 mg/PCU (-0,6 mg/PCU) und beim Geflügel von 19,5 mg/PCU (+0,8 mg/PCU). Da im Rahmen der Abgabemengenerhebung keine direkt angewandten Antibiotika erfasst werden, sind diese Zahlen mit einer größeren Unsicherheit behaftet.
Ergebnisse der Vertriebsmengenerhebung
Im Vergleich zum Jahr 2022 kam es 2023 zu einer Abnahme der verkauften Gesamtmenge um 1,72 Tonnen. Das entspricht einer relativen Abnahme von 5 %.
Verkaufte Mengen in Tonnen nach ATCvet Level 2
Betrachtet man die Art der Anwendung, so liegen die oral anzuwendenden Präparate zur Behandlung von Einzeltieren oder Gruppen von Tieren – diese umfassen Pulver, Tabletten und Pasten – mit 25,82 Tonnen (79,4 %) auch im Jahr 2023 weit vor den anderen Anwendungsformen. Die parenteral anzuwendenden Präparate liegen mit 5,02 Tonnen (15,4 %) an zweiter Stelle, gefolgt von der Gruppe der intramammären Anwendungen, denen auch die Trockensteller zugeordnet wurden, mit 0,95 Tonnen (2,9 %). Die oral zur Bestandsbehandlung eingesetzten Fütterungsarzneimittel-Vormischungen (Prämix) machen mengenmäßig 0,63 Tonnen (1,9 %) aus. Bei den Vertriebsmengen getrennt nach Wirkstoffgruppen ist nach wie vor Tetrazyklin mit 15,3 Tonnen (47,1 %) an erster Stelle, gefolgt von den Penicillinen mit erweitertem Spektrum mit 5,1 Tonnen (15,7 %), den Sulfonamiden mit 3,3 Tonnen (10,2 %) und den Makroliden mit 2,3 Tonnen (7,1 %). Die Einteilung der Wirkstoffe zu Wirkstoffgruppen erfolgte analog zu den Vorgaben der EMA (European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption 2022). Zur Gruppe „Andere Antibiotika“ zählen dabei unter anderem Rifaximin und Spectinomycin.
Verkaufte Mengen in Tonnen nach Wirkstoffgruppen
Ergebnisse der Abgabemengenerhebung
In Österreich waren im Jahr 2023 1.774 HAPO gemeldet, davon haben 1.579 im Jahr 2023 auch Antibiotika bezogen, wobei 95 % der Antibiotika an 345 HAPO (rund 20 %) verkauft wurden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 80 % der HAPO nur 5 % der Gesamtmenge beziehen.
In der Abgabemeldung müssen hausapothekenführende Tierärzt*innen angeben, welche Antibiotika in welcher Menge an welche landwirtschaftlichen Betriebe abgegeben wurden. Dieser Meldeverpflichtung sind insgesamt 565 von 1.774 HAPO für das Meldejahr 2023 nachgekommen. Um die Vollständigkeit der Abgabedaten überprüfen zu können, müssen hausapothekenführende Tierärzt*innen, die zu keiner Abgabemeldung nach Veterinär-Antibiotika-MengenströmeVO §7 (2) verpflichtet sind, eine Abgabe-Leermeldung tätigen; siehe Veterinär-Antibiotika-MengenströmeVO §7 (3). Eine solche haben 2023 1.026 HAPO durchgeführt. Von den erwähnten 345 HAPO (Top 95 %) haben 325 eine Abgabemeldung bzw. Abgabe-Leermeldung gemacht.
Insgesamt wurden rund 26,7 Tonnen an landwirtschaftliche Betriebe abgegebene Antibiotika gemeldet. Die Differenz von circa 5,8 Tonnen (18 %) zur Meldung der Hersteller, Depositeure und Arzneimittel-Großhändler kann unterschiedliche Ursachen haben (z. B. Anwendung durch Tierarzt bzw. Tierärztin, Abgabe an nicht meldepflichtige Tierarten, Lageraufbau, Nichtmeldung).
Speziesbezogene Auswertungen
Neben der Angabe, an welche landwirtschaftlichen Betriebe Antibiotika abgegeben wurden, müssen die hausapothekenführenden Tierärzt*innen auch melden, für welche Tierart und Nutzungsart die Antibiotika abgegeben wurden.
Anteil der Abgabemenge je Tierarzt getrennt nach Jahren
Da sich die Tierbestände und Schlachtzahlen unterschiedlicher Tierarten voneinander unterscheiden, werden die Abgabemengen wie auch im ESVAC-Bericht (European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption 2022) normiert dargestellt. In Abb. 3 sind die Abgabemengen für Schwein, Rind und Geflügel in mg/PCU dargestellt. Die Summe der gemeldeten Abgabemenge ist um 18 % geringer als die gesamte Vertriebsmenge. Diese Differenz wurde für die jeweilige Tierart berücksichtigt und hochgerechnet. Diese Kennzahlen sind derzeit mit einer größeren Unsicherheit behaftet, da hier der AB-Einsatz beim Pferd und bei Heimtieren nicht berücksichtigt wird und der Anteil der Abgabe zur Anwendung für Rinder, Schweine und Geflügel nicht ident ist.
Abgabemengen für Schweine
In dieser Tabelle sind die gemeldeten Abgabemengen für Schweine je Wirkstoffgruppe in Tonnen dargestellt. Eine Aufteilung der Abgabemengen für Schweine nach Nutzungsarten ist in der unteren Tabelle dargestellt. Dies bedeutet zum Beispiel, dass 2023 ein Anteil von 25,8 % aller abgegebenen Antibiotika in der Schweinemast verwendet wurde.
Abgabemengen für Rinder
In dieser Tabelle sind die gemeldeten Abgabemengen für Rinder je Wirkstoffgruppe in Tonnen und in der unteren Tabelle anteilsmäßig in Prozent nach Nutzungsart dargestellt.
Abgabemengen für Geflügel
In dieser Tabelle sind die gemeldeten Abgabemengen für Geflügel je Wirkstoffgruppe in Tonnen dargestellt. Analog zu den vorherigen Kapiteln sind in der unteren Tabelle die Abgabemengen prozentuell nach Nutzungsart für Geflügel dargestellt.
Diskussion
Der große Rückgang in der Vertriebsmenge aus 2022 wurde auch 2023 fortgesetzt und weist mit 32,54 Tonnen den niedrigsten Wert seit Beginn der Datenerhebung (erstmals für das Jahr 2010) auf. Die letzten Jahre waren auch von stärkeren Schwankungen in den Vertriebsmengen geprägt, die zum Teil durch Lageraufbau bzw. -abbau – aufgrund von Ungewissheit über die Marktsituation und der (Nicht-)Verfügbarkeit von Arzneimitteln – erklärbar waren.
Die Verkaufsmengen der als „Highest Priority Critically Important Antimicrobials (HPCIA)“ eingestuften Wirkstoffe (WHO Advisory Group on Integrated Surveillance of Antimicrobial Resistance und World Health Organization 2017) schwankten über die letzten fünf Jahre zwischen vier und 5,78 Tonnen und lagen im Jahr 2023 bei vier Tonnen. Über die Jahre haben die HPCIA einen relativ konstanten Anteil von 12 % bis 13 % an der Gesamtmenge.
Der Indikator mg/PCU, der eine grobe Abschätzung darstellt, wie viel Milligramm Antibiotika pro Kilogramm produzierter Lebendtiermasse verkauft wurden, ist 2023 auf 34,4 mg/PCU gesunken und somit um 5 % niedriger als 2022. In absoluten Zahlen bedeutet das eine Abnahme um 1,8 mg/PCU. Das Verhältnis der durch die HAPO in Summe eingekauften Antibiotika zur Summe der abgegebenen Antibiotika lag 2022 bei 80,9 % und 2023 bei 81,9 %.
Auf Basis des österreichischen Erfassungssystems, bei dem HAPO ihre Abgabemengen je Betrieb, Tierart und Nutzungsart melden müssen, ist es möglich, speziesbezogene Auswertungen zu erstellen. Die 2023er- Abgabemengen zeigen im Vergleich zum Vorjahr eine Abnahme von 0,6 mg/PCU bei Rindern und Zunahmen von 0,6mg/PCU bei Schweinen und 0,8 mg/PCU bei Geflügel. Diese Werte geben wie gesagt nur einen Trend wieder und sind mit gewissen Unsicherheiten behaftet.
Mit dem Animal Health Data Service (AHDS) wurde im Jahr 2023 eine neue Auswertungsplattform geschaffen, welche unterschiedliche Datenbanken verknüpft und den jeweiligen Benutzergruppen zielgerichtete Auswertungen bereitstellt. Rinder- bzw. schweinehaltende Landwirt*innen und hausapothekenführende Tierärzt*innen können bereits jetzt ihre Antibiotikaauswertungen über das AHDS einsehen. Der einfache Zugang zu diesen Auswertungen soll einen weiteren Beitrag zur Bewusstseinsbildung hinsichtlich des Antibiotikaeinsatzes darstellen.
Abbildungen: AGES
Link: https://www.ages.at/tier/tierarzneimittel-hormone/antibiotika-vertriebsmengen-in-der-veterinaermedizin-2023