Bericht über den Vertrieb von Antibiotika in der Veterinärmedizin

in Österreich 2015–2019

Mag. Reinhard Fuchs, Univ.-Doz. DI Dr. Klemens Fuchs
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
Fachbereich Integrative Risikobewertung, Daten und Statistik
Zinzendorfgasse 27, 8010 Graz

Die vorliegende Zusammenfassung des Berichts über den Vertrieb von Antibiotika in der Veterinärmedizin in Österreich 2015–2019 zeigt, dass im Jahr 2019 die Vertriebsmenge von antimikrobiell wirksamen Substanzen für Nutztiere deutlich geringer war als im Jahr davor. Im Vergleich zum Jahr 2018 kam es zu einer Abnahme der verkauften Gesamtmenge um 7,32 Tonnen.

Im Vergleich zum Jahr 2017 kam es zu einer Zunahme der verkauften Gesamtmenge um 5,23 Tonnen. Das entspricht einer relativen Zunahme von 11,72 % (siehe Tab. 1). Nach wie vor werden mit 94 % mengenmäßig am meisten Antibiotika für die systemische Anwendung (QJ01) verkauft. In Abb. 1 ist die verkaufte Menge auf Basis des in der Fachinformation angegeben ATCvet-Codes dargestellt.

Betrachtet man die Art der Anwendung (siehe Abb. 2), so liegen die oral anzuwendenden Präparate zur Behandlung von Einzeltieren oder Gruppen von Tieren – diese umfassen Pulver, Tabletten und Pasten – mit 41,1 Tonnen (82,4 %) auch im Jahr 2018 weit vor den anderen Anwendungsformen. Die parenteral anzuwendenden Präparate liegen mit 6,1 Tonnen (12,3 %) an zweiter Stelle, gefolgt von den oral zur Bestandsbehandlung eingesetzten Fütterungsarzneimittel-Vormischungen (Prämix) mit 1,5 Tonnen (3,0 %). Die Gruppe der intramammären Anwendungen, denen auch die Trockensteller zugeordnet wurden, macht mengenmäßig 1,0 Tonnen (2,1 %) aus.

Betrachtet man die Art der Anwendung (siehe Abb. 2), so lagen die oral anzuwendenden Präparate zur Behandlung von Einzeltieren oder Gruppen von Tieren – diese umfassen Pulver, Tabletten und Pasten – mit 32,8 Tonnen (80,6 %) auch im Jahr 2019 weit vor den anderen Anwendungsformen. Die parenteral anzuwendenden Präparate lagen mit 5,6 Tonnen (13,7 %) an zweiter Stelle, gefolgt von den oral zur Bestandsbehandlung eingesetzten Fütterungsarzneimittel-Vormischungen (Prämix) mit 1,2 Tonnen (3,0 %). Die Gruppe der intramammären Anwendungen, denen auch die Trockensteller zugeordnet wurden, machte mengenmäßig 1,0 Tonnen (2,3 %) aus.

Bei den Vertriebsmengen getrennt nach Wirkstoffgruppen (siehe Tab. 2 und Abb. 3) lag nach wie vor Tetrazyklin mit 19,7 Tonnen (48,5 %) an erster Stelle, gefolgt von den Pe­nicillinen mit erweitertem Spektrum mit 6,6 Tonnen (16,2 %), den Sulfonamiden mit 3,9 Tonnen (9,6 %) und den Makroliden mit 3,0 Tonnen (7,5 %). Die Einteilung der Wirkstoffe zu Wirkstoffgruppen erfolgte analog zu den Vorgaben der EMA. Zur Gruppe „andere Antibiotika“ zählen dabei u. a. Rifaximin und Spectinomycin. Auswertungen zu den Wirkstoffgruppen der Makrolide, Fluor­chinolone sowie 3. und 4. Generation Cephalosporine und Polymyxine werden im zitierten Bericht gesondert dargestellt.

Tierärztliche Hausapotheken (HAPO)

Hinweis: Für die Erfassung der Vertriebsmengen ab 2014 wurde ein neues elektronisches Datenerfassungssystem entwickelt. Unter anderem müssen die pharmazeutischen Firmen und Großhändler melden, an welche tierärzt­liche Hausapotheke (Hapo) wie viele Packungen welchen Produkts verkauft wurden. In Österreich sind mit Stand 31. Dezember 2019 1829 Hapo gemeldet, davon haben 1620 im Jahr 2019 auch Antibiotika bezogen. Um zu untersuchen, wie sich die verkauften Antibiotikamengen auf die einzelnen Hapo verteilen, ist in Abbildung 4 die kumulative Verteilung der Mengenanteile je Hapo an der Gesamtmenge dargestellt. Der sehr steile Anstieg der Kurve lässt darauf schließen, dass sehr wenige Hapo sehr große Mengen an Antibiotika beziehen. An der strichlierten roten Linie ist zu erkennen, dass 95 % der Antibiotika an 349 Hapo (rund 20 %) verkauft wurden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 80 % der Hapo nur 5 % der Gesamtmenge beziehen.

Ergebnisse der Abgabemengenerhebung

In der Abgabemeldung müssen hausapothekenführende Tierärztinnen und Tierärzte angeben, welche Antibiotika in welcher Menge an welche landwirtschaftlichen Betriebe abgegeben wurden. Dieser Meldeverpflichtung sind für das Meldejahr 2019 insgesamt 557 von 1829 Hapo nachgekommen. Die restlichen 1.272 Hapo sind von der Melde­verpflichtung ausgenommen (z. B. reine Pferdepraktiker oder reine Kleintierpraktiker), haben keine Antibiotika abgegeben oder nicht gemeldet. Von den oben erwähnten 349 Hapo (Top 95 %) haben 316 eine Abgabemeldung bzw. Leermeldung gemacht. Insgesamt wurden rund 33,2 Tonnen an landwirtschaftliche Betriebe abgegebene Antibiotika gemeldet. Die Differenz von circa 7,5 Tonnen (18 %) zur Meldung der Hersteller, Depositeure und Arzneimittelgroßhändler lässt sich durch die oben angeführten Gründe (Anwendung durch Tierarzt bzw. Tierärztin, Meldebefreiung, Nichtmeldung) erklären.

Speziesbezogene Auswertungen
Neben der Angabe, an welche landwirtschaftlichen Betriebe Antibiotika abgegeben wurden, müssen die hausapothekenführenden Tierärztinnen und Tierärzte auch melden, für welche Tierart und Nutzungsart die Antibiotika abgegeben wurden. In Abb. 5 ist zu sehen, dass im Jahr 2019 knapp drei Viertel der Menge für die Tierart Schwein abgegeben wurden, gefolgt von Rind mit 22 % und Geflügel mit 7 %.

 

Da sich die Tierbestände und Schlachtzahlen unterschiedlicher Tierarten voneinander unterscheiden, werden die Abgabemengen wie auch im ESVAC-Bericht in Abb. 6 normiert dargestellt. In Abb. 6 sind die Abgabemengen für Schwein, Rind und Geflügel in mg/PCU dargestellt. Die jeweils linke Klammer gibt die normierte gemeldete Abgabemenge wieder. Die Summe der gemeldeten Abgabemenge ist, wie in Tab. 3 ersichtlich, um 18 % geringer als die gesamte Vertriebsmenge. Diese Differenz wurde für die jeweilige Tierart berücksichtigt und in der Abbildung hochgerechnet in den rechten Klammern dargestellt. Die in der Grafik dargestellten Werte sind in Tab. 3 zu sehen. Diese Kennzahlen sind derzeit mit einer größeren Un­sicherheit behaftet, da hier der AB-Einsatz bei Pferden und bei Heimtieren nicht berücksichtigt wird und der ­Anteil der Abgabe zur Anwendung für Rinder, Schweine und Geflügel nicht ident ist.

Abgabemengen für Schweine
In Tab. 4 sind die gemeldeten Abgabemengen für Schweine je Wirkstoffgruppe in Tonnen dargestellt. Eine Auf­teilung der Abgabemengen für Schweine nach Nutzungsarten ist in Tab. 5 dargestellt. Dies bedeutet zum Beispiel, dass ein Anteil von 29,4 % aller abgegebenen Antibiotika in der Schweinemast verwendet wurde.

Abgabemengen für Rinder
In Tab. 6 sind die gemeldeten Abgabemengen für Rinder je Wirkstoffgruppe in Tonnen und in Tab. 7 anteilsmäßig in Prozent nach Nutzungsart dargestellt.

Abgabemengen für Geflügel
In Tab. 8 sind die gemeldeten Abgabemengen für Geflügel je Wirkstoffgruppe in Tonnen dargestellt. Analog zu den vorherigen Darstellungen (Tab. 5 und 7) sind in Tab. 9 die Abgabemengen prozentuell nach Nutzungsart für das Geflügel dargestellt.

Diskussion

Im Jahr 2019 war die Vertriebsmenge von antimikrobiell wirksamen Substanzen für Nutztiere deutlich geringer als im Vorjahr (-13,4 % gegenüber 2018). Auch die Vertriebsmenge der Antibiotika, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „Antibiotika von allerhöchster Bedeutung für die Humanmedizin“ eingestuft sind [6], ist um 10 % auf 5,26 Tonnen zurückgegangen. Da die Anzahl der jeweilig gehaltenen Tiere (Tierpopulationen je Jahr) in den letzten Jahren nur geringfügigen Schwankungen unterliegt, scheint es so zu sein, dass 2019 im Vergleich zu 2018 wieder weniger Antibiotika im Veterinärbereich im Umlauf waren. Der Indikator mg/PCU, der eine grobe Abschätzung darstellt, wie viel Milligramm Antibiotika pro Kilo produzierter Lebendtiermasse verkauft wurden, ist 2019 auf 42,8 mg/PCU gesunken – und somit um 14,7 % niedriger als 2018. In absoluten Zahlen bedeutet das eine Abnahme um 7,4 mg/PCU. Das Verhältnis der durch die Hapo in Summe eingekauften Antibiotika zur Summe der abgegebenen Antibiotika lag 2018 bei 78,3 % und stieg 2019 auf 81,6 %. Auf Basis des österreichischen Erfassungssystems, bei dem Hapo ihre Abgabemengen je Betrieb, Tierart und Nutzungsart melden müssen, ist es möglich, speziesbezogene Auswertungen zu erstellen. Die Abgabemengen des Jahres 2019 zeigen, dass die Reduktion im Vergleich zum Vorjahr vor allem auf die Tierart Schwein zurückzuführen ist, wobei hier das Ausgangsniveau wesentlich höher ist. Während der Indikator mg/PCU für Rind

(+ 1 mg/PCU) und Geflügel (+ 0,9 mg/PCU) in etwa gleich geblieben ist, kam es beim Schwein zu einer Abnahme um 13 mg/PCU. Diese Werte geben wie gesagt nur einen Trend wieder und sind mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Österreich beteiligt sich derzeit am Pilotprojekt Stratification of sales data of antimicrobials by species der EMA [3], in welchem Methoden zur Erfassung von speziesbezogenen Daten ausgearbeitet werden. Dadurch sollen Unsicherheiten in den speziesbezogenen Ergebnissen verringert werden. Zur Sensibilisierung und Verminderung des Antibiotikaeinsatzes wurde im Jahr 2019 das Projekt Benchmarking-Bericht für hausapothekenführende Tierärzte/-ärztinnen umgesetzt. Dabei können hausapothekenführende Tierärzte/-ärztinnen ihren individuellen Bericht über das Portal eservices.basg.gv.at herunterladen und bekommen so einen Hinweis, wie sie bezüglich Antibiotikaabgabe im Vergleich zu ihren Kolleginnen und Kollegen stehen.

Der komplette Bericht ist als Download erhältlich:
www.ages.at/themen/ages-schwerpunkte/antibiotika-resistenzen/vertriebsmengen