Versorgungsfonds: Nachhaltige Wertsteigerung und soziale Absicherung seit über 70 Jahren

Ein Interview mit Dr. Peter Rustler, Senior Partner der Rustler Gruppe

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Der Versorgungsfonds der Österreichischen Tierärzte­kammer leistet seit über sieben Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Altersunterstützung und zur sozialen Absicherung der Tierärzt*innen. Das Familienunternehmen Rustler, das von Beginn an eng mit dem Versorgungsfonds verbunden war, hat zur Erfolgsgeschichte maßgeblich beigetragen. Senior Partner Dr. Peter ­Rustler, Sohn der Unternehmensgründerin Frieda Rustler, sprach mit dem Vetjournal über die langjährige Zusammenarbeit mit der Tierärztekammer.

Herr Doktor Rustler, Ihr Unternehmen betreut seit der Gründung des Versorgungsfonds im Jahr 1953 das Immobilienportfolio der Tierärztekammer - wie kam es eigentlich dazu?

Alles begann mit der Bekanntschaft meines Vaters, der ein Immobilienanwalt war, mit dem damaligen Kammeramtsleiter Veterinärrat Tzt. Dr. Heinrich Kickinger, aus der sich eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung entwickelte. Diese wurde auch fortgeführt, als der damalige Gründer der Wohlfahrtseinrichtungen, Hofrat Prof. Dr. Kurt Stättner, im Jahr 1953 den Versorgungsfonds gründete.
Dr. Stättner war ein Tierarzt vom Land, der erstaunlich viel Sachkenntnis und großes Geschick in Bezug auf Immobilien hatte. Er bekam damals einige Liegenschaften direkt zum Verkauf angeboten und beauftragte unser Unternehmen mit der rechtlichen Prüfung. Schrittweise entstand so das Portfolio des Versorgungsfonds, das ­heute zahlreiche innerstädtische Objekte enthält. Die meisten davon wurden in den 1950er- und 1960er-­Jahren erworben und sind heute noch im Besitz des Versorgungsfonds, wie etwa das besonders schöne Zinshaus in der Marc-Aurel-Straße 3 im ersten Wiener Bezirk. 
Eine wirkliche Ausnahme war das Haus in der Schlüsselgasse im vierten Bezirk; diese Immobilie haben wir am Ende des Immobilienbooms verkauft. Das Haus war so viel wert, dass im Gegenzug zwei neue Objekte angekauft werden konnten. Seit 1953 hat das Immobilienportfolio der Tierärztekammer eine positive Entwicklung genommen und damit mehrere Tierarztgenerationen abge­sichert. 
Unsere Geschäftsauffassung war immer: Nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Betreuung. Die Langfristigkeit war mir stets wichtig. Ich kenne alle Immobilien des Versorgungsfonds sowie viele unserer Mieter*innen persönlich. Aktuell kümmern wir uns um den Klimawandel – unsere Häuser werden gerade auf den flächen­deckenden Fernwärmeausbau in Wien vorbereitet. Im ­innerstädtischen Bereich gibt es auch keine wirkliche Alternative. Wir verlegen schon jetzt die entsprechenden Leitungen, um dann, wenn es so weit ist, alle Wohnungen an die Fernwärme anzuschließen. Dem Umstieg von Gas auf Fernwärme stehen auch die Mieter*innen positiv gegenüber. 

Der Versorgungsfond war und ist eine wichtige Pensionsunterstützung für unsere Kammermitglieder. Die langfristige nachhaltige Betreuung durch die Rustler Gruppe, die immer in Abstimmung mit den Verantwortlichen der Tierärztekammer erfolgte, ist ein Alleinstellungsmerkmal. Wie haben Sie diese Zusammenarbeit erlebt?

Die Zusammenarbeit war immer sachlich. Die Politik hat nie eine Rolle gespielt – auch im Versorgungsfonds ging es immer um die Sache und schließlich ums eigene ­Vermögen. Da war kein Platz zum Spielen. Dieser Verantwortung waren sich alle immer bewusst.

Wie sehen Sie aus Ihrer langjährigen Erfahrung die Veranlagungsstrategie der ÖTK, die stets konservativ an Immobilien in Innenstadtlage investiert hat? Braucht es denn auch eine Kapitalveranlagung wie ein Aktienportfolio, um mehr zu erwirtschaften?

In den letzten zehn Jahren hat sich die Veranlagung in Immobilien positiv entwickelt – wir verzeichneten einen ­regelrechten Boom. Da sind die Werte der Zinshäuser jährlich um fast zehn Prozent gestiegen. 
Dieser Aufschwung wird sich nicht wiederholen, es kommt jetzt sicherlich zu einer Abflachung. Allerdings ist aber der Bedarf nach Wohnraum gegeben – die Stadt wächst, es wird relativ ­wenig gebaut und daher hat Wohnraum seinen Wert. 
Zum Aktienportfolio ist zu sagen, dass man sich mit ­eigenem Kapital durchaus Aktien kaufen und damit spekulieren kann, doch wenn es um das Vermögen von Pensio­nisten geht, dann muss man vorsichtiger sein. Man könnte die zukünftigen Pensionist*innen der Kammer fragen, ob sie in Aktien veranlagen wollen – dann könnte man die Situation seriös beurteilen. 
Aber wie man aus den Medien erfahren hat, haben ­andere Kammern auch unterschiedliche Veranlagungen versucht, aber auch Schiffbruch erlitten.

Der Immobilienmarkt ist in Bewegung wie selten zuvor - steigende Kosten sowie Zinsen, hohe Inflation und verschärfte Eigenkapitalanforderungen. Wie managt man in Zeiten wie diesen ein Immobilienunternehmen?

Zum Glück sind die Mieten genauso gestiegen. Die ­Nachfrage und der Bedarf sind vorhanden. Wirklich qualitativ hochwertiger Wohnraum wird kaum gebaut, sondern besteht bereits. Es sind die alten Wohnungen, die die Menschen wollen und die ein urbanes Wohnen ermög­lichen.

Das heißt, alte Zinshäuser sind ein Goldschatz?

Nicht alle, aber jene mit der Qualität, die die Tierärzte­kammer besitzt, ja. Man muss schauen, dass man die ­Objekte laufend instand hält, denn davon hängt auch die Vermietbarkeit ab. Unsere Mieterstruktur ist sehr stabil. Wir sind sehr bemüht und gehen selektiv vor. Zudem achten wir auch darauf, dass wir bei den Mieten den Markt nicht überreizen und kein Risiko eingehen. Es soll ein ­faires Verhältnis zwischen den Mieter*innen und dem Vermieter sein. Man ist schließlich Jahre und Jahrzehnte aneinander gebunden und es handelt sich ja genauso um unsere Vertragspartner*innen.

Ich höre heraus, dass Sie die aktuellen Entwicklungen auf dem Markt dann eher weniger spüren, oder?

Wirklich weh tut die von der Regierung beschlossene Mietzinsbremse, die hoffentlich auslaufen und mit der nächsten Regierung nicht weitergeführt wird. Man hat versucht, den Mieter*innen zu helfen, aber man hat nicht berücksichtigt, dass die Ausgaben der Eigentümer*innen aufgrund der Inflation trotzdem gestiegen sind. Wir haben nun weniger Einnahmen, die Mietzinsbremse gestattet uns keine Wertsicherung der Mieten, da wir die Kosten an die Mieter*innen nicht weitergeben dürfen; das ist aus Eigentümersicht nicht fair. 

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung am Markt ein? Bleiben österreichische Immobilien trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten stabil?

Ich halte den österreichischen Immobilienmarkt für stabil. Solange wenig gebaut wird, ist das Risiko begrenzt.

Sie haben vor rund 20 Jahren das Familienunternehmen in die Hände Ihres Schwiegersohns Mag. Robert Wegerer gelegt - wie war es für Sie, den Betrieb an einen Nachfolger zu übergeben?

Es war für mich kein Problem. Wir arbeiten nach wie vor bestens zusammen und mein Schwiegersohn lässt mich das auch gar nicht spüren. Jeder von uns hat genug zu tun, wir nehmen uns gegenseitig nichts weg. Er ist jung, dynamisch und kann viel leisten. Irgendwann muss man sich ja auch zurückziehen – obwohl es nicht ganz einfach für mich ist. Ich besuche ja immer noch die Häuser des Versorgungsfonds; das sind 37 Objekte, die ich zweimal im Jahr besichtige. Ich habe über die Jahre eine Verbindung zu den Immobilien aufgebaut und schaue regelmäßig nach, ob alles in Ordnung ist. Wenn nicht, melde ich es der Hausverwaltung. Allerdings sind mir die Häuser ohne Aufzug mittlerweile weniger lieb – so wie die Badhausgasse im siebten Bezirk: Das Haus ist vierstöckig und ohne Aufzug, den kann man dort auch nicht einbauen. Ich erinnere mich noch sehr gut an Dr. Stättner zurück, der mit zunehmendem Alter nicht mehr gut gesehen hat und dem die Handläufe in den Stiegenhäusern entsprechend wichtig waren. Jetzt verstehe ich, warum ihm das damals so bedeutsam war!
Übrigens sind wir früher nach den Sitzungen in der Tierärztekammer mit dem Kuratorium gemeinsam und dem damaligen Präsidenten, Veterinärrat Dr. Franz Josef ­Jäger, mit einem Bus alle Immobilien des Versorgungsfonds ­abgefahren. Wir haben mehrere Häuser besichtigt und alle Neuerungen besprochen. Anschließend ist Dr. Jäger dann noch in seinen Heimatort nach Tirol weiter­gefahren – das waren damals sehr lange Arbeitstage.

Können Sie nachvollziehen, dass man nur 30 Stunden die Woche arbeiten möchte?

Ich habe zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn 60 Stunden die Woche gearbeitet, ich tue mir schwer mit dieser kurzen Arbeitszeit, aber es hat sich da viel in der Einstellung der Menschen geändert.

Im Jahr 2023 wurde die Rustler Gruppe erneut als "Great Place to Work" ausgezeichnet und seit 1. Jänner 2024 haben die Mitarbeiter*innen der Hausverwaltung ein neues Arbeitszeitmodell - 30 Wochenstunden bei vollem Gehalt. Ist die Mitarbeiter*innebindung gestiegen?

Es ist interessant, dass jene Menschen, die bisher schon strukturiert gearbeitet haben, problemlos damit zurechtkommen – und die, die sich immer schon etwas schwergetan haben, schaffen es nicht, die Dinge konzentriert abzuarbeiten. Die neue Arbeitszeit ist nicht für jeden oder jede geeignet. Die Umstellung, muss man sagen, bringt auch einen gewissen Austausch an Mitarbeiter*innen. Wir sind als Arbeitgeber derzeit sehr gefragt und es kommen aufgrund der 30 Wochenstunden auch wieder Leute zu uns zurück. Wir möchten mit dem neuen Arbeitszeitmodell gute und geeignete Mitarbeiter*innen für unser Unternehmen begeistern und sie auch entsprechend an uns binden. Das gelingt uns mittlerweile auch gut. Jedenfalls sind Planung, Organisation und Struktur im Unternehmen noch wichtiger als je zuvor. 
Wichtig ist auch, dass unsere Kund*innen davon nichts mitbekommen und wir dafür gesorgt haben, dass der Betrieb gut läuft. 

Die Rustler Gruppe hat heute alle Immobilienfachkompetenzen unter einem Dach - beginnend bei der Bauplanung bis zur Gebäudeverwaltung und schließlich auch das Property Management. Ihr Unternehmen hat 700 Mitarbeiter*innen in Österreich sowie CEE...

Ja, wobei ein Großteil der Mitarbeiter*innen im Ausland tätig ist. In Deutschland, Ungarn, Rumänien und Serbien haben wir rund 400 Mitarbeiter*innen im Facility-Management beschäftigt – dort verwalten wir große Anlagen, die betreut werden müssen. Das lokale nationale Management ist auch ständig vor Ort. Unser Immobilienverwaltungsbereich in Österreich hat wesentlich weniger Mitarbeiter*innen. 

Muss man denn heutzutage alles aus einer Hand anbieten, um erfolgreich zu sein?

Es erspart Reibungsverluste. Man hat gleichbleibende, verlässliche Partner*innen, mit denen man die Projekte ent­wickeln kann. Bei einem/einer außenstehenden Auftragnehmer*in kann es leicht möglich sein, dass man unterschiedliche oder gegensätzliche Vorstellungen hat. Mir ist es daher lieber, alles unter einem Dach zu haben.

Was war rückblickend die wichtigste strategische Entscheidung für das Unternehmen?

Das waren zwei Entwicklungen: Einerseits die ­Gründung von fünf Niederlassungen in den Bundesländern (Steier­mark, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Anm.), andererseits die Internationalisierung und die neuen Märkte. Das waren sicherlich zwei wichtige Wendepunkte. Es war gewiss die Neugier, die uns vorangetrieben hat, zu expandieren; weniger die Renditen, denn die sind bis heute nicht großartig. Die Märkte müssen sich noch entwickeln, wir schätzen, dass wir noch bis zu fünf Jahre brauchen, bis wir eine positive Entwicklung haben werden.

Wie gehen Sie mit Wachstum und Erfolg um?

Wachstum und Erfolg sind erfreulich, aber nie ein Ziel von mir gewesen. Entweder es ergibt sich oder nicht, es ging mir nie darum, zu wachsen. Erfolg bringt auch Kopfweh.

Gab es im Unternehmen auch schwierige Zeiten? Und wenn ja, wie haben Sie sie bewältigt?

Wir hatten einmal eine Auslandsniederlassung in ­Tschechien, die haben wir nach zehn Jahren wieder zugesperrt, es hat sich nicht rentiert. Das ist normal im Wirtschaftsleben, dass man auch mal Federn lassen muss, aber wir hatten keine existenzbedrohenden Situationen.

Was würden Sie heute einem Unternehmensgründer oder einer Unternehmensgründerin raten?

Eine solide Grundausbildung ist ein Muss – und dass man das macht, was man wirklich kann. Man sollte auch steuer­liche Dinge verstehen und lernen. Der Unter­nehmer muss wissen, wie es geht; der Steuerberater kann zwar sachlich einordnen, aber der Unternehmer muss die Entscheidungen treffen und sie umsetzen. Man muss selbst den Überblick haben – und nicht die Berater denn die tragen schließlich auch nicht das Risiko, sondern geben nur die guten Ratschläge. 

Sie sind seit 1956 im Unternehmen tätig. Was sport Sie an, weiterzumachen - und denken Sie auch manchmal an eine Pensionierung?

Mir macht es immer noch Spaß, zu arbeiten. Ich habe nichts gelernt für eine Pension. Ich kann mir nicht vor­stellen, nur in Museen zu gehen – ich habe zwar genug davon gesehen, aber das reicht mir nicht als Lebens­inhalt! Ich arbeite gerne weiter im Unternehmen.

Danke für das Gespräch!