Jahresrückblick 2020

Das Corona-Jahr ging zu Ende

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Das Jahr 2020 hat uns allen bisher viel abverlangt und wird sicher als das Corona-Jahr in die Geschichte eingehen.

Wir blicken auf ein Jahr voller Ereignisse und Veränderungen zurück – umso wichtiger ist es, Bilanz zu ziehen und die vergangenen Monate Revue passieren zu lassen. Trotz eines sehr ungewöhnlichen und schwierigen Jahres 2020 dürfen dabei wesentliche Leistungen nicht unerwähnt bleiben.

AKTUELLE KRISENKOMMUNIKATION DER ÖTK

Bereits zur Jahreswende ließ das Thema Covid-19 auf­horchen, und wie sich gezeigt hat, wurde Österreich in den ­folgenden Wochen rasch von dieser globalen ­Krise erfasst. Im März war es dann so weit: Der erste harte Lockdown wurde verordnet. Rasch hatte sich große Unsicherheit und sogar Panik verbreitet, die ÖTK-Verantwortlichen haben aber bereits während des ersten österreichweiten Lockdowns rasch reagiert und das „ÖTK Info Service“ auf der Website eingerichtet. Fast stündlich wurden zu Beginn neue Informationen und Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Durch die tagesaktuelle Kommunikation konnte sichergestellt werden, dass alle KollegInnen immer auf dem Letztstand der Entwicklungen waren. Die ÖTK bot regelmäßig wichtige Details, die von Gesundheitsorganisationen bezüglich des ­Virus veröffentlicht wurden, gab einen Überblick über die sich laufend verändernden gesetzlichen Bestimmungen, unter anderem auch zur Kurzarbeit, und setzte mit entsprechenden ÖTK-Unterstützungsmaßnahmen rasch ein Hilfspaket für jene TierärztInnen um, die durch die Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Dazu zählten diverse Stundungen wie jene der Kammerumlage sowie der Beiträge zum Versorgungsfonds, zur Sterbekasse und zum Notstandsfonds.

Auch eine Sozialpartnervereinbarung zur Covid-19-Kurzarbeit konnte kurzfristig mit der generellen Zustimmung durch die GPA abgeschlossen werden – eine wesentliche Erleichterung für tierärztliche Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen, um flexibel auf die unterschiedlichen Auswirkungen zu reagieren.

Begleitet wurden diese Maßnahmen durch eine aktive Öffentlichkeitsarbeit sowie auch entsprechende mediale Berichterstattung zur entsprechenden Sensibilisierung, Information und zur Mitgliederunterstützung. Auch das Vetjournal berichtete bereits zu Beginn der Pandemie über das Thema und sprach mit Univ.-Prof. Dr. Norbert Nowotny über aktuelle Forschungserkenntnisse.

Auch der Bürobetrieb des Kammeramts musste kurzerhand umgestellt werden. Der Parteienverkehr musste drastisch eingeschränkt werden; das Kammeramt wurde fast vollständig im Homeoffice geführt. Die Einschränkungen wirkten sich in der Betreuung der Kammer­mitglieder nur geringfügig aus, die Rückmeldungen seitens der Mitglieder waren trotz angespannter Situation durchaus sehr positiv.

SYSTEMRELEVANZ IN DER KRISE

Was passiert mit den TierärztInnen und deren Praxis­tätigkeit, wo bekommen wir unsere Schutzausrüstung? Das waren die häufigsten Sorgen der ÖTK-Mitglieder. Nun, die Antwort war rasch gegeben: Tierärztinnen und Tierärzte wurden ansatzlos als systemrelevante Berufsgruppe von harten Einschränkungsmaßnahmen wie Ordinationsschließungen ausgenommen. In anderen Ländern wie Deutschland gab es erst nach Interventionen der Berufsverbände Zustimmung zur Anerkennung der Systemrelevanz, galt es doch, die tierärztliche Versorgung und auch Kontrollen in der Lebensmittelkette sicherzustellen. Trotz Coronakrise konnte daher die Arbeit mit gewissen Einschränkungen weitergeführt werden.

COVID-19-SCHUTZMASKEN-AKTION

Um zum Zeitpunkt des ersten Lockdowns für Schutzausrüstung zu sorgen, hat die ÖTK eine Beschaffungsaktion initiiert – ein herausforderndes Projekt in einer Zeit, in der der Weltmarkt leer gekauft und eine Beschaffung nur mit enormen Vorauszahlungen möglich war.

Dennoch ist es gemeinsam mit der Firma Richter und der Firma B. Braun gelungen, ein entsprechendes Kontingent an Schutzmasken zu reservieren und über die Logistik der Firma Richter auszuliefern.

KEINE EVENTS, ABER DAFÜR DIGITALE FORMATE

Neue Situationen erfordern neue Wege, und somit hat die Tierärztekammer anstatt ihrer geplanten Präsenz­veranstaltungen erstmals auch digitale Formate gestartet. Der virtuelle „ÖTK-Zukunftstalk“ sowie auch die Teilnahme an Europas erstem digitalem Tierärztekongress des deutschen Partnerverbands Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) waren ein Erfolg (ÖTK-DIGITAL 2020).

Nicht zuletzt mussten auch zahlreiche Kammersitzungen sowie Versammlungen und sogar die Delegiertenversammlung im Herbst als Online-Sitzungen abgehalten werden. Auch in anderen Freiberufskammern sowie deren Organen und Gremien hat diese Form der berufs- und standespolitischen Arbeit Eingang finden müssen; vieles davon wird vermutlich auch in Zukunft bleiben, ist der Nutzen durch Zeit- und Reiseersparnisse und damit auch die Nachhaltigkeit ja nicht wegzuleugnen.

Trotz der widrigen Umstände während des Jahres konnten auch die digitalen Angebote seitens der Tierärztekammer, die allen Mitgliedern rund um die Uhr und kostenlos online zur Verfügung stehen, weiter verbessert und ausgebaut werden. Ein ganz großer Schwerpunkt galt dem Fortbildungskonto bzw. dem Zahlungskonto, beides wichtige Online-Serviceangebote im Sinne der Transparenz und auch der Unterstützung der Kammermitglieder. Im Vergleich mit anderen Kammern und auch im internationalen Vergleich genießt die ÖTK mit ihren Serviceangeboten große Beachtung und auch Anerkennung.

ENTWURF TÄG-NOVELLIERUNG IN DER CORONAKRISE

Im Juli 2020 wurde das parlamentarische Begutachtungsverfahren zur TÄG-Novellierung durchgeführt. Zahlreiche Stellungnahmen, insbesondere zum zentralen Thema der Beteiligungsverhältnisse in zukünftigen Tierärztegesellschaften, liegen nunmehr vor, sie sind auch auf der Parlamentshomepage unter „Begutachtungsverfahren“ nachzulesen; die Stellungnahmen der ÖTK natürlich auf der ÖTK-Homepage.

Zur Frage der Europarechtskonformität wurde von der ÖTK die Erstellung eines Gutachtens zu unionsrecht­lichen Vorgaben zur Öffnung von Tierärztegesellschaften in Auftrag gegeben. Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer, Europarechtsexperte von der Uni Innsbruck, erstellte dieses Gutachten. Fazit: Ein wie im Entwurf vorgesehenes „maßgebliches“ Maß an Beteiligung, welches nur eine 25-%-Sperrminorität für tierärztliche Gesellschafter umfassen soll, reicht keinesfalls aus, um einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeit bestimmen zu können. Der vorliegende Ministerialentwurf geht somit nach dem derzeitigen Stand des Unionsrechts über die verpflichtenden Vorgaben aus der Dienstleistungsrichtlinie hinaus und wird von der ÖTK deshalb auch abgelehnt. Es liegt eine eindeutige Übererfüllung des EuGH-Urteils vor, welches lediglich auf die Öffnung von Tierärztegesellschaften für Berufsfremde abzielt. Die finale politische Entscheidung – in der Hoffnung, dass unsere Anliegen und Einwände bei den politischen Parteien Gehör und Berücksichtigung finden werden – wird der Nationalrat treffen.

TIERGESUNDHEIT UND TGD-REFORMPROZESS

Bereits 2014 gab es eine ÖTK-Initiative zur Schaffung eines spartenspezifischen Branchen-TGD und zu längst überfälligen Reformschritten. Damals scheiterte das Reformvorhaben an der fehlenden Beteiligung der agrarischen Interessensverbände und auch am fehlenden Reformdruck. Nun scheint der nötige Reformdruck groß genug zu sein.

Zur Diskussion stehen eine spartenspezifische Struktur mit einem bundesweiten Überbau (ÖTGD) mit dem Ziel, eine förderfähige Struktur – auch in Hinblick auf die Umsetzung des AHL und der ab 2023 neuen GAP-Periode – sicherzustellen. Ein neu ausgearbeiteter Strukturplan unter Beibehaltung der Länder-TGDs (auch die ÖTK könnte mit ihren VertreterInnen mitarbeiten) liegt nun vor. Ein erstes deutliches Bekenntnis zur Umsetzung dieses Reformvorhabens, zwar in Abhängigkeit eines noch ausstehenden Finanzierungsplans, gab es nun zumindest Anfang Dezember seitens der Landesagrarreferentenkonferenz (LARK). Die weiteren Entscheidungen bleiben abzuwarten.

ANTIBIOTIKADEBATTE IN DER CORONAKRISE

Das Thema Antibiotikaresistenzen und die Erfassung der abgegebenen Antibiotikamengen sowie die Abgabe der jährlichen Meldung an die AGES – die ÖTK betreibt ja hierzu auch eine eigene Meldestelle (TÄKM) – wurden ohne Einschränkungen weiter behandelt und umgesetzt; es ist sogar gelungen, den Nationalen Aktionsplan (NAP) zur Antibiotikaresistenz (AMR) fertigzustellen. Flexible Online-Videokonferenzen, federführend von Ministerialrätin Dr. Elfriede Österreicher organisiert und abgehalten, trugen zur Fertigstellung bei – wichtige Projekte, an denen die ÖTK auch schon in den letzten Jahren mitgearbeitet sowie versucht hat, diese intensiv voranzutreiben. Tierärztliche Expertise mit der entsprechenden Verantwortung und Kompetenz im Sinne der „One Health Strategy“ der EU einzubringen gehört zum Selbstverständnis.

KLARE POSITION IN SACHEN TIERSCHUTZ

Der Tierschutz war auch im vergangenen Jahr wieder ein ganz wichtiges Thema. Die Tierärztekammer hat mittels veröffentlichter Stellungnahme zum Thema Schächten (16. 11. 2020) ihre Sichtweise dargestellt: Der ÖTK-Vorstand vertritt gemeinsam mit zahlreichen Fachexperten die Ansicht, dass der gesetzlichen Forderung gemäß § 32 Abs 1 Tierschutzgesetz, den Tieren beim Schlachten nicht unnötig Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zuzufügen, Folge geleistet werden muss. Diesem Umstand würde jedoch bei rituellen Schächtungen nicht ausreichend Rechnung getragen, womit das Schächten ohne zuvor durchgeführte tierschutzkonforme Betäubung abzulehnen sei.

Der ÖTK-Vorstand wurde dazu auch vom Petitionsausschuss des Parlaments zur Stellungnahme aufgefordert. Er hat sich daher der von der Bürgerinitiative Nr. 5/BI gestarteten Petition „Verbot des tierquälerischen, betäubungslosen Schächtens und Verbot der ‚Post-Cut-Stunning‘-Methode beim Schächten“ angeschlossen und sich für die genannten Verbote beim Schächten ausgesprochen. Auch in Sachen Tiertransporte hat sich wieder einiges getan: Dazu wurde ja bereits im Jahr 2018 eine ­viel beachtete ÖTK-Stellungnahme veröffentlicht, die schon bei der Erstveröffentlichung großes Interesse hervorgerufen hat – Reaktionen darauf wurden auch im Vetjournal veröffentlicht. Dass sich in der Zwischenzeit auch der Deutsche Amtstierärzteverband mit einem Forderungspapier an die Politik gewandt hat, bestätigt umso mehr, dass hier die gesetzlichen Regelungen eingehalten und präzisiert werden müssen. Zuletzt hat die ÖTK auf Einladung von Tierschutz Austria an einer gemeinsamen Pressekonferenz zum Thema Tiertransporte teilgenommen.

FORTBILDUNG GOES ONLINE

Der größte Boost war wohl am Fortbildungssektor zu verzeichnen. Veranstaltungen konnten nur mehr selten als Präsenzveranstaltungen abgehalten werden – der Wechsel in den Onlinebereich war die logische Folge. Bei der Bildungsstundenanerkennung kam es schließlich mit Juli sogar zur Gleichstellung von Präsenzveranstaltungen mit Onlineveranstaltungen; weitere Novellierungsschritte zur Bildungsordnung stehen noch an. Auch im Bereich des Fortbildungsangebots der VETAK bleibt die ÖTK am Puls der Zeit und startet 2021 ein neues digitales Aus­bildungsangebot. Mit Beginn des Jahres 2021 werden drei E-Learning-Lehrgänge zum Thema Praxismanagement – im Speziellen zu den drei Bereichen Betriebswirtschaft, Buchhaltung und Marketing – angeboten. Alle Lehrgänge können getrennt voneinander oder auch im Paket gebucht werden! Nach Absolvierung aller drei Kurse erhalten die TeilnehmerInnen das „ÖTK-E-Learning-Zertifikat Praxismanagement“.

Der Vorstand der Österreichischen Tierärztekammer wünscht Ihnen an dieser Stelle einen erfolgreichen Start ins kommende Jahr 2021. Bleiben Sie gesund!