Euthanasie

bei Hund und Katze

Priv.-Doz. Dr. Eva Eberspächer-Schweda
Fachtierärztin Versuchstierkunde, Diplomate ACVAA

Neben den „technischen“ Aspekten einer Euthanasie ist ein ruhiges, fürsorgliches und würdiges Vorgehen gegenüber dem Besitzer und dem Tier unerlässlich.

Die Euthanasie eines Hundes oder einer Katze, der oder die wie ein Mitglied der Familie behandelt wurde, stellt sowohl für die Besitzer als auch für die Tierärztin eine emotionale Herausforderung dar. Der Ablauf ist dabei (fast) immer gleich und sollte ruhig, friedlich und respektvoll, aber dennoch professionell und ohne Aufregung oder gar Abwehr des Tiers vonstattengehen.

Der „gute Tod“ = Eu thanatos (gr.)

Das traumatische Ereignis der Euthanasie sollte möglichst schonend, ruhig und stressfrei für das Tier, den Besitzer und letztendlich auch für die Tierärztin ablaufen. Das Ziel ist das würdige, schmerzlose und ästhetische Beenden des Lebens eines Tiers, um zum Beispiel weitere Schmerzen und Leiden zu verhindern. Die Vorgehensweise sollte immer der jeweiligen Situation angepasst werden: Handelt es sich z. B. um ein akut verunfalltes Tier mit hochgradigen Verletzungen ohne Aussicht auf Heilung, sollte schnell entschieden und die Euthanasie zügig durchgeführt werden. Handelt es sich jedoch z. B. um ein geriatrisches, ­krankes Tier, kann im Idealfall die Euthanasie geplant werden und ruhig gemeinsam mit dem Besitzer vonstattengehen.
Im vorliegenden Text wird ausschließlich auf praxisrelevante Methoden für die Euthanasie von Hund und Katze eingegangen. Für mehr Informationen zu diesem Thema und anderen Tierarten empfiehlt sich die Lektüre der überarbeiteten und in diesem Jahr publizierten Richtlinien der American Veterinary Medical Association (AVMA Guidelines for the Euthanasia of Animals: 2020 Edition1).

Durchführung der Euthanasie

Bei der Euthanasie von Hund und Katze ist der „technische“ Ablauf praktisch immer gleich, es muss aber natürlich je nach Situation und Gegebenheiten individuell vorgegangen werden2. Der Ablauf ist in der Regel folgender:

Entscheidung zur Euthanasie
Im folgenden Artikel sollen insbesondere die entscheidenden Aspekte der optimalen Durchführung einer „guten“ Euthanasie beschrieben werden und nicht die Entscheidungsfindung oder -kriterien vorher. Auf die gesetzliche und ethische Legitimation der Euthanasie wird an anderer Stelle ausführlich eingegangen3+4.

Besitzergespräch
Im Rahmen der Euthanasie von Hund und Katze, die als Haustiere ähnlich wie Familienmitglieder gehalten werden, sollten Zeit und Kosten kaum eine oder im Idealfall keine Rolle spielen. Das Tier sollte fürsorglich und respektvoll behandelt werden (das gilt auch für den bereits toten Tierkörper), und die Sorgen und Trauer des Besitzers sollten ernst genommen werden. Der Gesprächston sollte ruhig, freundlich und verständnisvoll sein5. Es hilft dem Besitzer, wenn die Tierärztin die Entscheidung und Sinnhaftigkeit der Euthanasie nochmals bestätigt. Auch eine genaue Erklärung des Ablaufs der Euthanasie kann hilfreich sein und eine Stimmung im Sinne von „Wir gehen diesen letzten Weg bzw. wir erweisen (Name des Tieres) diesen letzten Gefallen jetzt gemeinsam“ schaffen.

Bewusstlosigkeit ≠ Bewegungslosigkeit
Es ist ganz wichtig, dass der Besitzer vor Beginn der -Euthanasie versteht, dass der Körper eventuell im Verlauf derselben mit Bewegungen oder Lautäußerungen reagiert. Eine ausführliche Erklärung hilft dem Besitzer dabei, diese einordnen zu können und nicht als „Todeskampf“ zu interpretieren. Selbst wenn die Euthanasie lege artis durchgeführt wird, kann es zu Muskelzuckungen oder Kontraktionen des Zwerchfells kommen, die wie „nach Luft schnappen“ aussehen. Entscheidend ist, dass das Tier zu diesem Zeitpunkt bereits das Bewusstsein verloren hat und damit Empfindungslosigkeit gewährleistet ist. Damit sind diese Reaktionen irrelevant für das Tier, jedoch nicht schön anzusehen für den Besitzer. Durch die Wahl der richtigen Anästhetika, die vor der Euthanasie verabreicht werden, können diese Reaktionen auf ein Minimum reduziert werden.

Einverständniserklärung
Eine unterschriebene Einverständniserklärung des Besitzers sollte vor der Euthanasie vorliegen. In dieser sollten auch kurz die Kosten angesprochen werden.

Bei der Noteuthanasie eines verunfallten Tiers ohne Anwesenheit des Besitzers sollte eine zweite Tierärztin als Zeugin hinzugezogen werden. Die Befunde der klinischen Untersuchung, die zur Entscheidung geführt haben, sollten schriftlich dokumentiert werden.

Einleitung der tiefen Sedierung
Die Einleitung einer tiefen Sedierung bzw. der-Anästhesie sollte möglichst intramuskulär erfolgen, um damit ein ruhiges Setzen des intravenösen Katheters ohne Abwehrbewegungen zu ermöglichen. Verwendet werden kann hier z. B. Acepromazin, eher hoch dosiert und unverdünnt mit 0,1 bis 0,2 mg/kg in Kombination mit Butorphanol 0,2 bis 0,5 mg/kg intramuskulär. Das Injektionsvolumen dieser Kombination ist akzeptabel, und beide Komponenten sind nicht schmerzhaft bei Injektion.

Im Gegensatz zu Alpha-2-Agonisten wie Medetomidin dilatiert Acepromazin die Gefäße des Tiers, was die venöse Katheterisierung erleichtert. Weiters positiv sind dessen anxiolytische und antiemetische Effekte. Wichtig ist es, den maximalen Effekt insbesondere des Acepromazins abzuwarten: Das Tier sollte in ruhiger Umgebung (im Arm des Besitzers) für mindestens 20 bis 30 Minuten ein-schlafen dürfen.

Setzen eines intravenösen Katheters
Wenn das Tier tief sediert ist, kann der intravenöse -Katheter ohne Zwangsmaßnahmen, die in jedem Fall zu vermeiden sind, möglichst am Hinterbein in die V. -saphena lateralis (Hund, Abb. 1) oder V. saphena -medialis (-Katze) gesetzt werden. Durch den Zugang hinten kann die Tierärztin sich räumlich vom Kopf des Tiers (und dem -Besitzer) entfernen und diesem eine Art von Privatsphäre ermöglichen. Der Katheter muss zu 100 Prozent intra-venös sitzen! Im Zweifel sollte neu gesetzt werden.

Bei sehr ruhigen oder kranken Tieren kann der intravenöse Katheter natürlich auch ohne vorherige intramuskuläre Sedierung gesetzt werden. Auf Zwangsmaßnahmen ist aber in jedem Fall zu verzichten!

Zeit geben für den Abschied
Sobald der intravenöse Katheter sicher fixiert ist, kann dem Besitzer Zeit gegeben werden, um sich alleine und in Ruhe von seinem Tier zu verabschieden. Dazu sollte spätestens jetzt das Tier liebevoll in einer komfortablen Position auf (s)einer Decke gelagert werden (Abb. 2).

Intravenöse Einleitung der tiefen Anästhesie
Wenn der Besitzer sich verabschiedet hat und bereit ist, kann mit der raschen Einleitung einer tiefen Allgemeinanästhesie begonnen werden. Dazu eignet sich z. B. die Gabe von Propofol in höherer Dosis intravenös. Der Eintritt der Bewusstlosigkeit und der maximale Effekt der Anästhetika müssen abgewartet werden. Im Fall von Propofol sind das etwa ein bis zwei Minuten.

Euthanasie mit einem zugelassenen Präparat
In Österreich gibt es sechs zur Euthanasie zugelassene Präparate, die Pentobarbital in unterschiedlichen Konzentrationen enthalten, sowie T61 als Mischpräparat, welches Embutramid, Mebezonium und Tetracain enthält6. Alle sollten wegen ihres hohen pH-Werts und der besseren Wirksamkeit intravenös (nur in Ausnahmefällen intraperitoneal) und in der empfohlenen Dosierung verabreicht werden.

Während oder auch nach der Anästhesie können Kleinigkeiten dem Besitzer das Gefühl vermitteln, dass sich die Tierärztin um sein Tier kümmert und liebevoll mit ihm umgeht:

• Tier in physiologischer Position auf einer Decke oder im gewohnten Korb lagern.

• Körper (einschließlich Katheter) mit einer Decke zudecken, den Kopf frei lassen.

• Augen des Tiers schließen, die Zunge ins Maul geben.

Tiere, bei denen das Setzen eines IV-Katheters nicht möglich ist
Bei manchen Hunden oder Katzen ist es sehr schwer, einen intravenösen Katheter zu setzen – dann muss die Euthanasie auf anderem Weg durchgeführt werden. Es empfiehlt sich, die Einleitung einer Allgemeinanästhesie mit Injektionsanästhetika durch intramuskuläre oder (bei sehr kleinen Tieren) intraperitoneale Applikation.

Die Euthanasie wird dann durch die Gabe eines der zugelassenen Präparate intraperitoneal, bei tief anästhesierten Tieren auch intrakardial, durchgeführt. Die Dosierung muss dabei angepasst werden, z. B. sollte diese bei intraperitonealer Applikation verdreifacht werden.

Die subkutane oder intramuskuläre Injektion sowie die Injektion in Organe mit geringer Resorptionsfähigkeit, wie z. B. Leber oder Niere, ist nicht empfohlen. Auch von der intrapulmonalen Injektion wird abgeraten, da es zu Husten, Schnappatmung und Atemnot kommen kann. Grundsätzlich sollte stets versucht werden, einen intravenösen Katheter zu setzen, um Anästhetika und das Euthanasiepräparat kontrolliert applizieren zu können.

Sichere Feststellung des Todes
Der Herzstillstand sollte innerhalb von zwei Minuten nach der intravenösen Applikation des Euthanasiepräparats eintreten. Bei anderen Applikationsarten kann das etwas länger dauern. Zur sicheren Feststellung des Todes verwendet man eine Kombination aus mehreren Kriterien. Dazu gehören:

• fehlender Puls,

• fehlende Atmung,

• fehlende Reflexe,

• fehlende Atemgeräusche und Herztöne bei Auskultation,

• grau werdende Schleimhäute,

• weich werdender Augapfel, der auf Druck nachgibt.

Einige Minuten nach der ersten Feststellung des Todes sollten erneut Herz und Lunge auskultiert werden, um den Befund zu bestätigen.

Fachgerechte Entsorgung des Tierkörpers
Je nach Situation kann bereits vor oder auch nach der Euthanasie geklärt werden, was mit dem Tierkörper passiert: Soll dieser eingeäschert werden? Oder einer postmortalen Untersuchung/Obduktion zugeführt werden? Gemeinsam mit dem Besitzer sollte erörtert werden, welche Optionen infrage kommen.

Euthanasie in „Corona-Zeiten“

Die derzeitige Pandemiesituation stellt sowohl Besitzer als auch Tierärztin vor besondere Herausforderungen. Gerade bei hochemotionalen Situationen wie der Euthanasie sollte alles getan werden, um einerseits die Gesundheit der beteiligten Menschen nicht zu gefährden sowie geltende Vorgaben einzuhalten und andererseits dem Besitzer einen angemessenen Abschied von seinem Haustier zu ermöglichen. Der Ablauf, wie er oben beschrieben ist, erlaubt es, Abstand zwischen Tierärztin und Besitzer zu halten: Das Tier kann für die intramuskuläre Injektion ohne Besitzer in einen ruhigen Raum gebracht werden und kurz von einer tiermedizinischen Hilfskraft fixiert werden. Sobald die Injektion erfolgt ist, darf der Besitzer wieder zu seinem Tier, die Tierärztin kann mit angemessenem Abstand beobachten.

Nach Eintritt der tiefen Sedierung lässt sich der intravenöse Katheter ohne weitere Hilfe von der Tierärztin setzen, der Besitzer kann in dieser Zeit den Raum verlassen oder Abstand halten. Ein Mund-Nasen-Schutz wird selbstverständlich von beiden stets getragen. Für die Injektion der Anästhetika und des Euthanasiepräparats kann man nun durchgespülte, kleinlumige Verlängerungsleitungen (z. B. eine zwei Meter lange original Perfusor-Leitung, B. Braun Melsungen AG, Melsungen, Deutschland, mit 3,53 ml Füllungsvolumen) an den Katheter anschließen. Das ermöglicht die Injektion aus der Distanz, was nicht nur der Übertragung von Krankheitserregern vorbeugt, sondern auch dem Besitzer ein Gefühl der Privatsphäre mit seinem Tier vermittelt. Das Füllungsvolumen der Perfusor-Leitung kann dem Beipackzettel entnommen werden, um mit einem angemessenen Volumen an Spüllösung die verabreichten Anästhetika bzw. das Euthanasiepräparat vollständig und zuverlässig in den Patienten zu spülen. Eine zusätzliche Schutzmaßnahme wäre die Euthanasie mit gleichem Ablauf, aber unter freiem Himmel.

Fazit

Wenn die Euthanasie fehlerhaft durchgeführt wird, kann das zu einem traumatischen Ereignis für das Tier, den Besitzer und die Tierärztin werden. Aus diesem Grund sollte stets ein bestimmter Ablauf eingehalten werden, bei dem unter anderem der Hund oder die Katze intramuskulär tief sediert und dann ein intravenöser Katheter gesetzt wird, um im Anschluss tiefe Allgemeinanästhesie einzuleiten. Erst dann sollte das Euthanasiepräparat intravenös verabreicht werden. Neben diesen „technischen“ Aspekten ist ein ruhiges, fürsorgliches und würdiges Vorgehen gegenüber dem Besitzer und dem Tier unerlässlich.

 

Literatur

1 Leary S., Underwood W., Anthony R. et al. (2020): AVMA Guidelines for the euthanasia of animals; 2020 Edition; 1–121

2 Eberspächer-Schweda E. (2020): Euthanasie. In: Eberspächer-Schweda E.: AnästhesieSkills – Perioperatives Management bei Klein-, Heim- und Großtieren. 2. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart, 496–501

3 Tritthart A. (2018): Euthanasie von Heimtieren – wodurch ist das tierärztliche Handeln dabei legitimiert? Wiener Tierärztl. Monat 105: 111–117

4 Binder R. (2018): Euthanasie von Heimtieren: Das Tierschutzrecht zwischen Lebensschutz und Leidverkürzung. Wiener. Tierärztl. Monat. 105: 119–128

5 Payne S. A., Langley-Evans A., Hillier R. (1996): Perceptions of a „good“ death: A comparative study of the views of hospice staff and patients. Palliative Med 10: 307–312

6 Niggemann J. R., Eberspächer-Schweda E. (2018): Akzeptierte und empfohlene Euthanasiemethoden – ein Überblick für die Kleintierpraxis. Wiener Tierärztl. Monat 105: 139–147

 

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