Aus diesen Gründen sind die langfristigen psychischen Folgen bei Cybermobbing für das Opfer z. T. schwerer als bei Mobbing im realen Leben und reichen von anhaltendem Stress, Angst, Ess- und Schlafstörungen bis hin zu einer Depression. In extremen Fällen kann es zu Selbstmordgedanken kommen.
Auch Tierärzte können Opfer von Cybermobbing werden. Welche Faktoren begünstigen dies?
1. Unrealistische Erwartungen und Forderungen der Patientenbesitzer
Durch die modernen Informationstechnologien und Kommunikationsmittel sind auch Tierärzte immer mehr der Kritik ihrer Kunden in Bewertungsportalen und sozialen Netzwerken ausgesetzt. Zum Leistungsdruck am Arbeitsplatz kommt also zunehmend der Druck, ständig unter öffentlicher Beobachtung zu stehen.
Verstärkt wird dieser Druck durch die extrem hohe Erwartungshaltung der meisten Patientenbesitzer. Sie erwarten von ihrem Tierarzt, dass er im Job stets eine perfekte Leistung erbringt und immer gut gelaunt ist. Ist dies einmal nicht der Fall oder unterläuft ein Fehler, so kann es sogleich im Netz zu schlechten Bewertungen bis hin zu persönlichen Angriffen, Beleidigungen und Verleumdungen kommen.
2. Konflikt zwischen den Bedürfnissen des Patienten und den Wünschen des Besitzers
Der tierärztliche Beruf ist einzigartig in der Hinsicht, dass man als Tierarzt nicht mit dem Patienten direkt, sondern über eine dritte Partei – den Tierbesitzer – in Verbindung steht. Die Patientenbesitzer haben zwar oft nicht viel Ahnung von der Tiermedizin, jedoch die komplette Kontrolle über ihre Vierbeiner und treffen die Entscheidungen – wobei sie dabei oft emotional und nicht objektiv handeln.
Durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, u. a. mangelnde finanzielle Möglichkeiten, Missverständnisse und irrationale Vorstellungen, kann es zu Konflikten kommen, die so weit führen können, dass Patientenbesitzer mit ihrem Tierarzt abrechnen wollen. Sie tun dies oft unter dem falschen Vorwand, dass sie ihn davon abhalten wollen, noch weiteren Tieren „Schaden“ zuzufügen. Geschieht dies über das Internet, z. B. über abwertende oder diffamierende Posts in sozialen Netzwerken, kann dies so weit eskalieren, dass sich auch andere Leute davon anstacheln lassen und sich total in das Thema hineinsteigern. Der Schaden für den Tierarzt und seine Praxis kann massiv sein. Wird ein Tierarzt mithilfe elektronischer Kommunikationsmittel permanent diffamiert und beleidigt, kann dies dazu führen, dass der Ruf des Tierarztes systematisch zerstört wird und es durch den Imageschaden zum wirtschaftlichen Aus der tierärztlichen Praxis kommt. Dass dies sogar zum Selbstmord führen kann, zeigt der traurige Fall der amerikanischen Tierärztin Shirley Koshi, die aufgrund einer extremen Hetzkampagne auf ihrer Praxis-Homepage und in sozialen Medien ihre Praxis schließen musste und sich daraufhin 2014 das Leben nahm.