Tierpräparator gehört nicht unbedingt zu den alltäglichen Berufen. Wann und wie hat sich denn dieser Berufswunsch entwickelt?
Ich bin in einem ländlichen Teil von Innsbruck aufgewachsen, daheim bei uns hat es Hendln und Hasen gegeben. Und einmal, da war ich fünf Jahre alt, habe ich zu meinem Opa gesagt: Bitte, da sitzt ein Hendl mit einer anderen Farbe! Der Opa ist dann hinausgegangen, hat das vermeintliche Hendl eingefangen und siehe da, es war ein Sperber. Tja, dieser Sperber, den damals ein Bekannter von uns präpariert hat, der hängt heute noch im Elternhaus, und so ist mein Interesse geweckt worden. Ich war ein Kind, das immer mit dem Opa im Wald war, und mich hat das einfach neugierig gemacht: Wie schauen die Tiere innen drinnen aus, wie sind die konstruiert, all diese Dinge. In der Mittelschule hab ich dann ein Buch in der Buchhandlung darüber entdeckt, wie man Vögel und Säugetiere präpariert. Damals noch ohne Taschengeld bin ich dort einfach jeden Tag hingepilgert, hab seitenweise gelesen und das dann daheim aus dem Gedächtnis aufgeschrieben. Und mit 16 habe ich dann meinen ersten Grünling präpariert. Ich bin also reiner Autodidakt. Den Grünling kann ich heute übrigens nicht mehr guten Gewissens anschauen. (lacht)
Wie ging Ihr Weg dann weiter?
Ich habe einfach permanent probiert und bin über „learning by doing“, wie man das heute nennt, immer besser geworden. An und für sich ist das ja ein Lehrberuf, inzwischen ist es ein freies Gewerbe geworden; ich habe dann noch eine Prüfung beim Präpariermeister abgelegt, mein Gewerbe angemeldet, hier in Innsbruck ein wenig ausgeübt – und dann bin ich nach Japan gegangen, für 16 Jahre. Dort habe ich teilweise für das kaiserliche Vogelmuseum gearbeitet, da sind einem natürlich die tollsten Stücke untergekommen. Und dann, als meine Zeit dort vorbei war, bin ich wieder zurück nach Innsbruck gegangen und habe ein bisschen geschaut, was die Kollegen europaweit so treiben. Da hat sich die damalige Präparatoren-EM in Dortmund angeboten, und außerdem wollte ich unbedingt einen Preis gewinnen. Gesagt, getan: Ich habe gleich 14 Präparate eingereicht, und alle 14 sind prämiert worden, eines wurde sogar Europameister. Mit dem Tiroler Landesmuseum war ich dann seit jeher verbandelt; durch die Direktion von Helmut Pechlaner, der ja vorher den Innsbrucker Alpenzoo geleitet hat, war ich auch mit Schönbrunn verbunden, und so hat eins das andere ergeben und ich bin im Tiroler Landesmuseum gelandet – das übrigens demnächst nach Hall übersiedeln wird, wir sind gerade mittendrin. Jedenfalls bin ich Präparator mit Leib und Seele, mir macht das eine Riesengaudi. Aber lebendig mag ich Tiere auch sehr, sehr gern, und bitte, ich bring keine Tiere um, die werden mir schon tot angeliefert. Sie glauben ja nicht, was die Leute für Fragen stellen … (lacht)
Wie kann man sich das Ganze eigentlich vorstellen? Wie funktioniert der Arbeitsprozess? Haben Sie vorab einen Plan im Kopf oder kristallisiert sich das währenddessen heraus?
Als Museumspräparator ist die Aufgabenstellung grundsätzlich einmal eine andere als beim Trophäenpräparator. Mir wird z. B. ein totes Tier angeliefert, mit einer Eingangsnummer und dem Fundort und dem Datum vom Finder, und dann kommt dieses Tierchen einmal in den Tiefkühler, Sie wissen ja, Parasiten und so weiter. Sobald ich dann die Zeit dafür habe, wird es mir heraufgebracht, aufgetaut und dann genauestens vermessen, das Gewicht ermittelt und der Ernährungszustand festgestellt. Dann gibt es einen Parasitencheck, und dann geht es ans Aufschneiden. Ich habe natürlich eine ganz andere Schnittführung als die Veterinäre, beim Vogel schneide ich von der Mitte des Sternums bis zur Kloake, bei Säugetieren vom Ende des Sternums bis zum Anus und bei großen Säugetieren wie zum Beispiel einem Bären vom Jugulum bis zum Schwanzende. Und dann wird gehäutet. Bei Vögeln schaut das aus, als würde man einen Pullover ausziehen, die Innenseite wird quasi nach außen gestülpt. All das wird dann sauber geputzt und streichgegerbt, damit nichts mehr verwesen kann. Übrigens passiert das heute ohne jegliches Gift, früher wurde ja oft mit Arsen präpariert, das giftig und karzinogen ist. Große Tiere werden ganz „normal“ gegerbt, so wie es auch der Gerber machen würde. Dann wird die Haut über einen künstlichen Körper gezogen, und das ist der Schritt, den ich gerne mit einem Schaufensterdekorateur vergleiche – außer, dass ich keine Knöpfe habe, sondern das Ganze zunähen muss. Bei einem Tiger habe ich rund sechs Meter, die ich mit einem Stichabstand von fünf bis sechs Millimetern vernähen muss, da sitze ich also schon ein Zeiterl. Nachdem ich diese Schritte alle alleine mache, gibt’s natürlich Grenzen nach oben: Eine Giraffe oder ein Elefant wird schwierig. Aber bis Elchgröße habe ich mich so ziemlich durch Brehms Tierleben durchgearbeitet. Auch viele Bären waren dabei, Braunbären, weil viele Japaner nach Kamtschatka (russische Halbinsel, Anm. d. Red.) fahren und dort jagen. Die sind mit drei Metern Größe, wenn sie aufrecht stehen, auch nicht gerade Winzlinge.