Lyme-Borreliose-Impfung
Diese Vakzinierung wurde in den letzten Jahren kontrovers diskutiert (Littman et al. 2006; Straubinger & Pantchev 2010; Pantchev 2013). Eine der Ursachen ist darin zu suchen, dass klinische Borreliose beim Hund selten ist; weiterhin darin, dass verschiedene Impfstoffe auf dem Markt verfügbar waren: eine Impfung etwa, die nur Bbss enthält (ein Isolat aus einer I.-ricinus-Zecke aus Frankreich; Wiedemann & Milward 1999), oder ein Impfstoff, der nur Bg und Ba enthält. „Kontrovers“ ist in diesem Zusammenhang, dass Bg und Ba in verschiedenen Teilen Europas zwar häufig in Zecken gefunden werden (Piesman & Gern 2004), aber deren pathogene Bedeutung für den Hund bisher nicht zweifelsfrei belegt worden ist (u. a. Hovius et al. 2000; Liebisch and Liebisch 2003a; Skotarczak 2014). Neu ist Merilym® 3 (inaktivierter Bbsl-Impfstoff), der drei wichtige Genospezies (Bbss, Bg und Ba) enthält. Die Frage, die sich stellt, ist, ob dieser Impfstoff Vorteile gegenüber den reinen Bbss-basierten Mitteln bringt. Bei natürlich infizierten Hunden mit klinischen Veränderungen einer Lyme-Borreliose wurden auch Co-Infektionen von Bbss mit anderen Genospezies (v. a. Bg) gefunden (Hovius et al. 2000). Obwohl Effekte bei Co-Infektionen von Bbss mit anderen Borrelien beim Hund bisher im experimentellen Modell nicht studiert wurden, zeigt sich im Mausmodell bei einer Co-Infektion von Bbss mit Bg u. a. ein schwererer klinischer Verlauf als mit Bbss allein (Hovius et al. 2007). Da davon ausgegangen wird, dass OspA-Antikörper (Basis der Impfung) nicht kreuzprotektiv zwischen Borrelien-Arten sind (Töpfer 2005), wäre tatsächlich zu überlegen, ob das Impfregime zusätzlich zu Bbss auch andere Spezies (Bg/Ba) enthalten sollte. Basierend auf dem Wirkprinzip verhindert die Impfung eine zukünftige Infektion, indem beim Saugakt aufgenommene spezifische OspA-Antikörper die Borrelien direkt im Zeckendarm immobilisieren (Straubinger & Pantchev 2010). Vor der Impfung ist eine Untersuchung adulter und möglicherweise bereits infizierter Hunde daher wichtig. Zum einen hat die Impfung keinen therapeutischen Einfluss auf eine bereits bestehende Borrelien-Infektion, und zum anderen wiesen Hunde mit hoher C6-Antikörperkonzentration im Zuge einer Lysat-Impfung auch die höchsten Mengen an zirkulierenden Immunkomplexen auf (Greene et al. 2012). Hebert & Eschner (2010) etwa haben nur Hunde in ihr Impfprogramm aufgenommen, die eine C6-Antikörperkonzentration unter 30 U/ml sowie normale Blut- und Urinwerte aufwiesen. Hunde mit einer C6-Antikörperkonzentration über 30 U/ml dagegen wurden behandelt (Doxycylcin 10 mg/kg KM/Tag für 28 Tage), 30 Tage danach kontrolliert (Laborwerte und klinische Untersuchung), und wenn keine abnormalen Befunde erhoben wurden, ins Impfprogramm aufgenommen. Sechs Monate danach wurde der Quant C6 ELISA wiederholt (s. auch zweiten Teil des Artikels, der in der nächsten Ausgabe erschient). Bei Hunden mit Glomerulonephritis und Verdacht auf eine LN kann auch eine längere Gabe von Doxycyclin notwendig sein. Bei bestätigter Proteinurie (UPC > 0.5) sind spezifische Empfehlungen für die Therapie und Monitoring bei Goldstein et al. (2013) zu finden.
Immun- und Chemoprophylaxe bei Babesien
Der homologe (stammabhängige) Impfschutz von Pirodog (Einsatz in Österreich mit Sonderimport möglich) in französischen Endemiegebieten betrug etwa 80–90 %. Der Schutz gegen heterologe Isolate in anderen Gebieten ist jedoch geringer (Schetters et al. 1995; Schetters 2005). Dieser Impfstoff enthält lösliche Antigene von B. canis (sog. „soluble parasite antigen“ oder SPA) eines französischen Isolats und ein positiver Antikörper-Titer (> 1:160) soll bei etwa 75 % der Tiere nach der Impfung entstehen (Quelle: Produktinformation). Der Wirkstoff Imidocarb wird für die Chemoprophylaxe großer Babesien wegen der potenziell starken Nebenwirkungen sowie aufgrund der variablen prophylaktischen Wirkungsdauer entweder nicht (Ayoob et al. 2010) oder nur für Hunde unter einem Jahr Lebensalter empfohlen (Tenter & Deplazes 2006). Die Nebenwirkungen umfassen eine Hemmung der Cholinesterasen, anaphylaktoide Reaktionen sowie Leber- und Nierenschädigung (Ayoob et al. 2010, Dyachenko et al. 2012). Die Angaben zur Schutzwirkung schwanken zwischen 2 und 6 Wochen bei einer Dosierung von 3–6 mg/kg KM (Deplazes et al. 2006). In einem experimentellen Modell (6 mg/kg KM, 2 bis 5 Wo. vor Infektion) konnte sogar gar keine Schutzwirkung festgestellt werden (Uilenberg et al. 1981).
Literatur
Die Zitierungen (in Klammern) repräsentieren nur eine Auswahl; die vollständige Literaturliste ist im Originalartikel (siehe unten) zu finden.
Folgender Artikel wurde ergänzt:
Jongejan F, Crafford D, Erasmus H, Fourie JJ, Schunack B. Comparative efficacy of oral administrated afoxolaner (NexGard™) and fluralaner (Bravecto™) with topically applied permethrin/imidacloprid (Advantix®) against transmission of Ehrlichia canis by infected Rhipicephalus sanguineus ticks to dogs. Parasit Vectors. 2016, Jun 17; 9(1):348
Abgekürzte Übersetzung der folgenden Originalarbeit mit Fokus auf Österreich:
Pantchev N, Pluta S, Huisinga E, Nather S, Scheufelen M, Globokar Vrhovec M, Schweinitz A, Hampel H, Straubinger RK (2015): Tick-borne Diseases (Borreliosis, Anaplasmosis, Babesiosis) in German and Austrian Dogs: Status quo and Review of Distribution, Transmission, Clinical Findings, Diagnostics and Prophylaxis. Parasitol Res. 114 Suppl 1: S 19–54
Der Originalartikel ist frei zugänglich unter dem Link:
link.springer.com/article/10.1007%2Fs00436-015-4513-0
Korrespondierender Autor Dr. med. vet. Nikola Pantchev
FTA für Parasitologie
nikola-pantchev@idexx.com