Tierschutz

und Exotenhaltung

Dr. Manfred Hochleithner
Dipl. ECZM
Fachtierarzt Kleintiere

Vor allem Vögel und Reptilien werden leider oft falsch gehalten. Mangelnde Information oder Ignoranz ist vielfach Ursache für großes Leid der Tiere.

Nach 33 Jahren tierärztlicher Praxis mit Spezialisierung auf Exoten ist es immer noch schmerzhaft, einen ­Patienten zu verlieren, der nur aufgrund von Unwissenheit und dadurch bedingte falsche Haltung und Fütterung krank wurde. 1985 waren 80 Prozent der vorgestellten Vogelpro­bleme haltungs- und fütterungsbedingt – da liegen wir heute noch bei etwa 40 Prozent. Bei Reptilien sind es aber immer noch 80 Prozent – und wo soll Tierschutz ansetzen, wenn nicht bei der Vermeidung von Leid durch Krankheit?

Unwissenheit ist der schlimmste Feind der ­Exotenhaltung und die häufigste Ursache für unnötiges Leiden und Qualen bei vielen sogenannten exotischen Tieren. Aber was sind Exoten? Auch wenn oft Vögel, Reptilien und kleine Heimtiere zu den Exoten gezählt werden, sind Kaninchen, ­Ratten und Meerschweinchen nicht wirklich den Exoten zuzurechnen.

Es kommt bei den kleinen Heimtieren zwar immer noch zu oft haarsträubenden Haltungsfehlern, aber solche können leider bei jeder Tierhaltung vorkommen. Schwerwiegende tierschutzrelevante Probleme, die auf mangelnder Information, Unwissenheit und Ignoranz basieren, kommen in erster Linie bei Vögeln und Reptilien vor, wobei die Vogelhaltung eher rückgängig scheint, die Reptilienhaltung aber massiv zunimmt. Reptilien haben leider manchmal einen sehr geringen Kaufpreis, machen auf den ersten Blick nur wenig Arbeit und sind vor allem nie laut. Teuer werden das Terrarium, die Technik und die Erhaltung des Tiers inklusive Futter. Der Preis für eine parasitologische Kotuntersuchung beträgt oft schon mehr als der Preis des Tieres. Nach meinen Erfahrungen in mehr als 30 Jahren Arbeit mit Exoten und deren Besitzern gibt es drei große Gruppen von Reptilienbesitzern:

Die absoluten Fachleute – oft in Vereinen organisiert – haben immenses Fachwissen zu Haltung, Fütterung sowie oft auch zu Erkrankungen bestimmter Arten. Diese Personen sind für uns Tierärzte die perfekte Plattform, um Informationen zu generieren und sich auszutauschen. Es wird sehr viel Zeit und Geld in eine optimale Haltung investiert und Nachzuchten auch sehr seltener Arten sind an der Tagesordnung. 

Interessierte Laien möchten oft einen speziellen Lebensraum kreieren und diesen dann optimal versorgen. Das ist mit einem Terrarium im besonderen Maße möglich, da hier ein abgeschlossener Bereich erschaffen werden kann, mit speziellen Lebensbedingungen an individuelle Bedürfnisse angepasst. Es wird eine eigene Welt „erschaffen“. Allerdings kursieren noch Mythen und Informationen, die heutzutage wissenschaftlich widerlegt sind, teilweise aber noch in Büchern oder im Internet auftauchen. Die Beratung beim Kauf der Einrichtung ist oft mangelhaft. Als Beispiel vergraben sich viele Reptilien, wenn es zu heiß ist, da sie nur Sonnenstrahlung als Wärmequelle kennen, wodurch aber Heizelemente im Bodengrund oder unter der Bodenfläche oft massiven Schaden anrichten können, da die Tiere nicht begreifen können, dass es tiefer unten wärmer/heißer werden kann. Verbrennungen bis hin zum Tod können die Folge sein.

Spontankäufer – der geringe Preis vieler „einfacher“ Tiere führt zu Spontankäufen, da es einfach cool ist, z. B. einen Gecko oder eine Schlange zu haben. Über das Internet wird irgendein Terrarium gekauft – „Information wird überbewertet“, da die Tiere sowieso ruhig und umgänglich erscheinen. Diese Besitzer verstehen und wissen oft nicht, dass wechselwarme Tiere bei geringer Umgebungstemperatur außerhalb des Terrariums einfach ruhig sind, da sie zu kalt sind. In unserem Klima haben wir nur an sehr wenigen Tagen Temperaturen, die der Optimaltemperatur etwa eines Grünen Leguans entsprechen, sodass dieser dann seine gewohnte Aktivität zeigt und nicht mehr „nur ruhig herumsitzt“, sondern teilweise wirklich aggressiv wird. Reptilien können schlechte Lebensbedingungen über Wochen und Monate ausgleichen, erscheinen dann oft nur kurze Zeit krank und versterben. Klassisches Beispiel sind viele Echsenarten, die ohne UV-Licht gehalten werden, wodurch der gesamte Kalzium-Stoffwechsel gestört ist, schlussendlich die Nieren immer größer werden und versagen. 

Der Prozess dauert einige Monate, was dazu führt, dass Besitzer den Zusammenhang nicht verstehen, da sie von Säugetieren solche langsamen, chronischen Krankheitsverläufe nicht gewohnt sind. Es gibt zwar klare Haltungsrichtlinien sowie gesetzliche Vorgaben zur Informations­pflicht des Verkäufers an den Käufer von Reptilien, allerdings wird das sehr häufig nicht wirklich umgesetzt! Die Schuld darf jetzt aber nicht nur Besitzern von Exoten zugeschrieben werden. Viele Tierbesitzer möchten mehr über ihre neuen Mitbewohner wissen und sind auch bereit, die Haltung optimal zu gestalten, aber es ist oft sehr schwierig, falsche von richtigen Informationen zu differenzieren. Die veterinärmedizinische Ausbildung am Exotensektor steht der der traditionellen Kleintier­medizin um nichts mehr nach und es gibt auch ein entsprechendes European College (ECZM) mit den Subdisziplinen ­Avian, Reptiles und Small Mammals. Wie kann man also die ­Situation für die Tiere verbessern? Das kann eigentlich nur durch das Informieren der Tierbesitzer geschehen!

Sachkundenachweis gefordert

Spezialisten sowie der Österreichische Tierschutzrat fordern seit Längerem einen Sachkundenachweis vor

dem  Kauf eines exotischen Tiers. Tierbesitzer sollten vor dem Kauf eines Tieres bereits Grundlagen zu den speziellen Bedürfnissen haben – allerdings ist es natürlich -schwierig, alle heute im Handel befindlichen Arten abzudecken. Es reicht aber bereits aus, wenn z. B. die Grundlagen für die Haltung eines Reptils überlegt und verstanden werden und Hinweise zur Verfügung stehen, wie man zu weiteren richtigen Informationen kommt.

Immer wieder wird der Ruf nach Positivlisten laut. Das würde allerdings bedeuten, dass nur noch gewisse Arten -gehalten werden dürfen, alles andere wäre prinzipiell -verboten. Eine umfassende wissenschaftliche Studie aus Deutschland zur Vogel- und Reptilienhaltung (Exopet 2017 – siehe www.exopet-studie.de) zeigt allerdings ganz deutlich, dass nur die häufigen, oft als „leicht zu haltend“ eingestuften Arten – sowohl bei Vögeln als auch bei Reptilien – durch falsche Haltung und Fütterung tierschutzrelevant leiden. 

Gemeinsam mit der Expertengruppe aus Deutschland, welche die Exopet-Studie durchführte, hat sich die Landesstelle Wien der ÖTK gemeinsam mit der Vetak und in Zusammenarbeit mit großen herpetologischen -Organisationen die Aufgabe gestellt, vorerst einen Sachkundenachweis für Reptilien anzustreben.

Als Pilotprojekt wird es am 27. 5. 2018 erstmals einen -solchen freiwilligen Sachkundenachweis für Reptilien-halter geben.