Mag. Kurt Frühwirth
Ausgabe 12/2023-01/2024
Sehr geehrte Mitglieder der Österreichischen Tierärztekammer,
im Rückblick auf das Jahr 2023 möchte ich auf bedeutende Entwicklungen und Ereignisse eingehen. Das Jahr war geprägt von neuen Gesetzen, Fortschritten in der Tiergesundheit und wichtigen berufspolitischen Veränderungen.
Ein bedeutendes Ereignis war die Verabschiedung des neuen Tierarzneimittelgesetzes im August 2023, welches Anpassungen an die EU-Vorgaben vornahm.
Gegenstand dieses neuen Gesetzes ist die Angleichung des nationalen Rechts an die EU-Vorgaben der Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG sowie der Verordnung (EU) 2019/4 über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Arzneifuttermitteln, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/167/EWG des Rates.
Dieses Gesetz beinhaltet Bestimmungen, die bisher im Arzneimittelgesetz (AMG) geregelt waren; weiters wird das bisherige Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG) außer Kraft gesetzt und in das neue TAMG eingearbeitet. Jene Gesetze, in denen auf die Bestimmungen des TAKG bzw. auf Tierarzneimittel verwiesen wird, werden adaptiert.
Die ÖTK hat eine umfassende Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf abgegeben. Besonders kritisch gesehen wird unter anderem die Ausweitung der Dokumentationspflichten: Die tägliche Arbeit wird durch zeitraubende Dokumentationsarbeit schon jetzt extrem belastet.
Angesichts des Tierärztemangels droht eine weitere Attraktivitätsverschlechterung des Berufs. Die überbordende Bürokratie raubt unseren Tierärzt*innen die Motivation an ihrer Arbeit – hier besteht höchster Handlungsbedarf! Deshalb auch hier wieder die Forderung nach einer Reduktion der Dokumentationspflichten.
Weiters wurde die vorgesehene Antibiogrammpflicht hinterfragt, da diese auch unter Berücksichtigung der möglichen Ausnahmen einfach nicht umsetzbar, wirtschaftlich nicht vertretbar und für eine weitere Antibiotikaminimierung nicht zielführend ist.
Die entstehenden Kosten werden unmittelbar durch den Landwirt selbst oder die unterstützenden österreichischen Tiergesundheitsdienste zu stemmen sein; aber auch für Patientenbesitzer*innen im Klein- und Heimtierbereich wird dies höhere Kosten zur Folge haben.
Die Abgabe- und Anwendungsmeldungen im Nutztierbereich sind für 2023 im kommenden Jahr abzugeben. Bitte beachten Sie die Verpflichtung zur Leermeldung (alle HAPOs!), falls Sie keine Antibiotika bei lebensmittelliefernden Tieren abgeben oder anwenden; einzelne Bundesländer haben hier bei fehlender Abgabe bereits zu Sanktionen gegriffen.
Die ÖTK-Stellungnahme wurde abgegeben, die Begutachtung wurde abgeschlossen, die politische Koordinierung dazu läuft derzeit. Die Stellungnahme ist auf der Homepage unter „Positionen & Stellungnahmen“ abzurufen.
Die ÖTK-Stellungnahme wurde abgegeben, die interne Begutachtung wurde abgeschlossen, die politische Koordinierung dazu läuft derzeit. Die Stellungnahme ist auf der Homepage unter „Positionen & Stellungnahmen“ abzurufen.
Der zuletzt vorgelegte Entwurf hat für große Kritik gesorgt; auch, weil die Stakeholder und Interessenvertretungen nicht eingebunden wurden. Derzeit soll ein neuer Entwurf erarbeitet und auf politischer Ebene verhandelt werden, nähere Informationen liegen uns derzeit nicht vor.
Nach Beschluss der Delegiertenversammlung am 02.12.2022 trat eine erste Novellierung der Ordinationsrichtlinie in Kraft. Neu in die Ordinationsrichtlinie aufgenommen wurde eine Meldeverpflichtung bezüglich der Ordinationskennzeichnung und des dazugehörigen Standorts, folglich auch des Klinikstatus. Zuletzt wurde in der DV 02.06.2023 eine Novellierung (Übergangsfristen etc.) vorgenommen.
Im Rahmen des Lehrberufspakets 2/2023 des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft wurde eine Änderung der Ausbildungsordnung zum Lehrberuf Tierärztliche Ordinationsassistenz vorgenommen – der Lehrberuf wurde in einen Regellehrberuf übergeführt. Wir haben uns für eine solche Änderung ausgesprochen.
Zum Thema des Dilemmas der Entgeltfortzahlung bei gleichzeitiger Freistellung für schwangere Arbeitnehmerinnen hat die ÖTK bereits jahrelang versucht, eine Lösung herbeizuführen. Trotz Vorkommen im aktuellen Regierungsprogramm fehlt es hier bis jetzt an der Bereitschaft seitens der Politik, die Kosten dafür zu übernehmen. Da neben angestellten Tierärztinnen noch weitere Berufsgruppen (wie beispielsweise Pflegepersonal, Masseurinnen, Physiotherapeutinnen, Arbeitnehmerinnen in Kinderbetreuungseinrichtungen, Reinigungskräfte,
Küchenpersonal, angestellte Ärztinnen, angestellte Zahnärztinnen, Fußpflege, Kosmetik, Nagelstudios, Tattoostudios, Friseurinnen, Rauchfangkehrerinnen, Malerinnen, Dachdeckerinnen, Tischlerinnen etc.) von der Freistellungsproblematik betroffen sind, wird seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft evaluiert, wie viel die derzeitige Regelung die betroffenen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber kostet. Aus Sicht des Ministeriums kann es nur eine Lösung für alle betroffenen Berufsgruppen geben. Getan hat sich bislang jedoch leider nichts – wir werden weiterhin Gespräche mit der Politik suchen, um hier eine Lösung zu finden.
Nunmehr liegt eine Schätzung für eine berufsübergreifende Kostenübernahme vor. Je nach Lösung sind 20 bis 40 Mio. Euro pro Jahr zu veranschlagen. Eine spezifische Lösung für den tierärztlichen Berufsstand steht derzeit seitens des Ministeriums nicht zur Diskussion. Offenbar bestehen abseits der Kammer Kontakte zu weiteren Interessenvertretungen, wobei uns dazu inhaltlich wenig bekannt ist.
Am 2. Februar 2023 wurde der Verein „Tiergesundheit Österreich“ aus der Taufe gehoben. Es soll damit u. a. dem gestiegenen Stellenwert von Tierwohl, Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und Konsumentenschutz in der Gesellschaft Rechnung getragen werden. Dazu wurden Fachausschüsse für die jeweiligen Sparten (Rind, Schwein, Geflügel, kleine Wiederkäuer, Fische, Bienen, Farmwild etc.) eingerichtet, in denen Praxis, Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam an Lösungen arbeiten.
Der Verein hat auch seine Tätigkeit aufgenommen; Dr. Simone Steiner wurde von der Generalversammlung zur Geschäftsführerin bestellt. Das AHDS (Animal Health Data Service) wurde fertiggestellt, dieses liegt in der Hand der AGES und wird auch von dieser als Auswertungsdatenbank betrieben. Einstweilen können nur Auswertungen zum AB-Monitoring genutzt werden, weitere Datenbankvernetzungen sollen dazukommen, derzeit sind die weiteren Finanzierungsschritte zu klären.
In der 4. TGÖ-VSS wurden nunmehr die Fachausschüsse besetzt und der Generalversammlung das Budget 2024 vorgelegt. Die entsprechenden Förderanträge wurden gestellt, um für die nächsten Jahre die finanzielle Absicherung sicherstellen zu können.
2023 war neben der Gründung der TGÖ begleitet von einzelnen Jubiläumsfeiern: TGD OÖ, TGD Tirol, GDN Kärnten. In der Steiermark verließ Dr. Karl Bauer nach 13 Jahren den TGD, sein Nachfolger Dipl. Tzt. Robert, Wolf, PhD, hat bereits seine Tätigkeit aufgenommen. Und es gab Neuernennungen von Landesveterinärdirektoren in Salzburg, der Steiermark und Tirol:
Allen ausgeschiedenen Verantwortungsträgern ein herzliches Dankeschön für ihre geleistete Arbeit und allen Nachfolgern viel Erfolg für ihre neuen Aufgaben!
Anfang Jänner 2023 wurde die vereinbarte Indexvereinbarung (plus 13,5 %) und damit eine weitere Tariferhöhung umgesetzt.
Wie ausgeführt wurde zwecks Vorbereitungen und Beschlussfassung in der DV das dazu notwendige Immobiliengutachten und das versicherungsmathematische Gutachten von Heubeck eingeholt. Lesen Sie bitte mehr zu diesem Thema im Editorial vorliegender Ausgabe.
Wie in der letzten DV von Dr. Kottmann präsentiert wurde in der Zwischenzeit vom Vorstand ein neuer Manager ausgewählt und die Neuveranlagung umgesetzt. Die Veranlagung startete nun mit 01.08.2023.
Am 4. Mai 2023 fand mit organisatorischer Unterstützung der ÖTK bzw. des Tierärzteverlags unter dem Motto „Tierschutz bis zum Ende“ die 13. ÖTT-Tagung statt.
Das Hybrid-Event besuchten insgesamt rund 230 Teilnehmer*innen. Auch im kommenden Jahr wird diese Veranstaltung ausgerichtet: 14. ÖTT-Tagung am 02.05.2024!
Um die künftigen Herausforderungen im Veterinärbereich zu diskutieren, lud die Österreichische Tierärztekammer am 7. Juni 2023 rund 130 Gäste aus dem In- und Ausland sowie Vertreter*innen von Politik, Wirtschaft, Bildung und NGOs sowie des Berufsstands zu einem Austausch unter Fachexpert*innen ins Technische Museum Wien. Im Mittelpunkt des „Zukunftstalks 2023“, der unter dem Ehrenschutz von Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen stand, widmete man sich den Themen der mentalen Gesundheit von Tierärzt*innen, der Telemedizin und der Digitalisierung im veterinärmedizinischen Bereich sowie auch einer Retrospektive zum Thema „75 Jahre Österreichische Tierärztekammer“. Anlässlich des Jubiläums gab die ÖTK einen historischen Rückblick, aber auch einen Ausblick auf die gerade in den vergangenen Jahren rasant beschleunigte medizinische Entwicklung im tierärztlichen Bereich.
Zum letzten Mal fand der bpt-Kongress von 19.10. bis 21.10.2023 in München statt – im nächsten Jahr, so hieß es seitens der Veranstalter, soll die Fachveranstaltung in Wiesbaden über die Bühne gehen. Da sich Entwicklungen und Trends in Deutschland auch hierzulande vergleichen lassen, nahm die ÖTK mit einer Österreich-Delegation teil und war mit einem Infostand vor Ort vertreten.
Die 31. Bayerischen Tierärztetage fanden von 15. Juni 2023 bis 18. Juni 2023 im Kongress am Park in Augsburg statt. Angeboten wurde ein umfangreiches Fortbildungsprogramm mit über 20 Seminaren und mehr als 40 Ausstellerfirmen im Rahmen der begleitenden Fachmesse. Eine Delegation der Tierärztekammer nützte die Chance, um sich über berufspolitische Strategien auszutauschen, sich zu vernetzen und sich als Standesvertretung zu präsentieren. In feierlichem Rahmen nützten die ÖTK-Vertreter*innen auch die Gelegenheit, den scheidenden Präsidenten der Bayerischen Landestierärztekammer, Dr. Karl Eckart, gebührend in seinen Ruhestand zu verabschieden. Dr. Eckart bekam in Dank und Anerkennung für die gute Zusammenarbeit gemäß Ehrenordnung die Ehrenurkunde der Österreichischen Tierärztekammer sowie auch ein Abschiedsgeschenk überreicht. ÖTK-Präsident Mag. Kurt Frühwirth bedankte sich für die gute langjährige und vertrauensvolle Partnerschaft und wünschte Dr. Eckart, der das Amt zehn Jahre lang bekleidete, alles Gute für die weitere Zukunft. Dr. Eckart übergab sein Amt an Dr. Iris Fuchs, mit der erstmals eine Frau an die Spitze der bayerischen Tierärzteschaft tritt. Dr. Fuchs ist Veterinär-
direktorin und Leiterin des Fachbereichs Veterinärwesen und Verbraucherschutz am Landratsamt Bayreuth.
Am Wochenende 23./24. September 2023 fand wieder die jährliche „Vet Austria“ im Messezentrum in Salzburg statt. Wie jedes Jahr war die Österreichische Tierärztekammer auch heuer wieder im Rahmen der veterinärmedizinischen Fachmesse mit einem Informationsstand vertreten.
Auch heuer war die ÖTK Kooperationspartner im Rahmen des „Animalicum“-Kongresses in Bregenz, der jährlich von Tierärztin Tanja Warter organisiert wird und uns wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse zum Zusammenleben mit unseren Vierbeinern näherbringt. Auch im kommenden Jahr wird diese Veranstaltung wieder seitens der ÖTK unterstützt.
Die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) organisierte am 2. und 3. November 2023 erstmals zusammen mit dem Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) und der Österreichischen Tierärztekammer (ÖTK) ein Wirtschaftsforum in Konstanz. Die ÖTK präsentierte einen Beitrag zur Honorarkalkulation in Österreich.
Hier wurde ein erstes Arbeitspapier sowohl dem Vorstand als auch der DV vorgelegt.
Trotz seiner guten Position als Klassiker der tierärztlichen Printmagazine steht auch das Vetjournal in Konkurrenz mit den ständigen Veränderungen, getrieben durch die Entwicklung moderner Kommunikationsformen; entsprechend muss es sich damit dem Wandel der Medienvielfalt stellen. Anlässlich des runden Jubiläums „75 Jahre Österreichische Tierärztekammer“ hat unser Vetjournal seit Sommer 2023 ein neues Design. Der Gedanke, Bewährtes mit Neuem zu verbinden, die Lesbarkeit und Übersichtlichkeit zu verbessern und schließlich neue Medienkanäle wie Videos und Podcasts mit dem Printformat zu verschränken, hat uns angeleitet und zum vorliegenden Produkt geführt. Wie gewohnt kann das Vetjournal auch weiterhin in digitaler Form gelesen werden.
Die Entscheidung, eine Praxis zu gründen, ist mit vielen Fragen und Unsicherheiten verbunden. Daher startete die ÖTK heuer mit einem kostenlosen neuen Angebot, dem Gründer*innen-Service, und stellt konkrete Berufsinformationen bereit, die den Einstieg in die Selbstständigkeit erleichtern sollen. Zum Auftakt gab es fünf kostenlose Webinare zu unterschiedlichen relevanten Themen rund um die Praxisgründung oder -übernahme (inkl. Bildungsstunden).
Eine Fortsetzung ist für 2024 geplant! Infos dazu finden Sie zeitgerecht auf der Gründer*innen-Service-Website.
Das Projekt läuft ausgezeichnet: Wir führen das erfolgreiche Projekt „Vetmental“ (www.vetmental.at) zur Förderung der Gesundheit von Tierärzt*innen weiter. In Kooperation mit der Sigmund-Freud-Privatuniversität (unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Birgit Ursula Stetina) finanzierten wir allen interessierten Mitgliedern zehn Einheiten Supervision oder Beratung pro Jahr. Weiters veranstalteten wir zahlreiche kostenlose Webinare und setzten Programmschwerpunkte zur Unterstützung der mentalen und psychischen Gesundheit von Tierärzt*innen.
Die Umfrage wurde erfolgreich abgeschlossen – siehe Präsentation der Ergebnisse in der vorliegenden Ausgabe.
Hier gab es einen Austausch zwischen VMU, Ministerium, Messerli Institut und Vorstand – mit dem Ergebnis, dass dieses Thema besser durch ein Projekt, in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Fachbereichen, überregional behandelt werden soll.
Wir setzen Maßnahmen zu diesem Thema – beispielsweise versuchen wir durch Digitalisierungsschritte, die Papier- und Druckkosten zu reduzieren. Die Jahresaussendungen werden digital verschickt, die Digitalisierung der Belegerfassung in der Buchhaltung inklusive der Landesstellen wird vorangetrieben. Auch wurde zuletzt eine Ökostromanlage am Dach des Gebäudes der Österreichischen Tierärztekammer in Wien installiert: Um auch als ÖTK einen Beitrag zur Energiewende zu leisten, wurde im Mai 2023 die hochmoderne Photovoltaikanlage auf dem Dach des Bürogebäudes am Hietzinger Kai in Betrieb genommen. Mit Panels an Dach und Gauben werden ab sofort jährlich rund 7.337 kWh Strom produziert, die in etwa ein Siebentel des Energiebedarfs des Hauses abdecken. Überschüssig produzierter und nicht speicherbarer Strom wird in das allgemeine Stromnetz eingespeist. Mit dieser Investition übernimmt die Tierärztekammer auch Verantwortung im Bereich der erneuerbaren Energie und trägt zur emissionsfreien und klimafreundlichen Energiegewinnung bei.