7 Fragen an...

Dr. Hermann Schwarzenbacher

Mag. Eva Kaiserseder

Sogenannte A2-Milch ist neuerdings auch in Österreich, etwa bei Merkur und Billa, zu haben: Was konkret ist anders als bei konventioneller A1-Milch?Als A2-Milch bezeichnet man Milch von Kühen, die reinerbig für die genetische Variante A2 sind. Milch weist einen Eiweißgehalt von rund 3,4 % auf. Etwa ein Viertel davon entfällt auf Beta-Kasein. Im Gen, das für die Produktion von Beta-Kasein in der Milch verantwortlich ist, kommen beim Rind mehrere Varianten vor, die im Laufe von Jahrtausenden natürlich durch Mutationen entstanden sind. Die genetische Variante A1 unterscheidet sich an einem von insgesamt 209 Bausteinen von der ursprünglichen Variante A2. Bei der Verdauung von A1-Milch entsteht aus dem Abbau von Beta-Kasein das Peptid Beta-Casomorphin 7 (BCM-7), bei der Verdauung von A2-Milch entsteht BCM-7 in wesentlich geringerem Ausmaß. In einigen Humanstudien wird BCM-7 mit Milcheiweißunverträglichkeiten in Verbindung gebracht. Diese Studien sind für eine fundierte wissenschaftliche Beurteilung von A2-Milch jedoch nicht ausreichend.

Neuseeland ist eines der Länder, wo A2-Milch schon mehr Marktanteile als Biomilch hat, dort wurden die Herden in großem Stil umgestellt. Ist das auch für Österreich partiell denkbar und wie sinnvoll wäre das?
Die Umstellung auf die Produktion von A2-Milch wäre mit sehr hohen Kosten verbunden. Zunächst müssten ganze Herden an der Beta-Kasein-Variante genotypisiert werden. Bei den derzeitigen Frequenzen für das A2--Allel müssten in den Fleckviehherden knapp zwei Drittel der Kühe ausselektiert werden, beim Braunvieh wären mehr als ein Drittel der Kühe betroffen. Das wäre mit massiven Kosten für die Betriebe verbunden, auch, weil davon ausgegangen werden muss, dass A2-Kühe aufgrund der Nachfrage im Preis drastisch steigen und A1-Kühe entsprechend fallen würden. Die gezielte Zucht in unseren Betrieben würde über viele Jahre hinaus lahmgelegt. In Anbetracht der unsicheren wissenschaftlichen Grundlagen bezüglich der Effekte von A2-Milch auf die menschliche Gesundheit wäre das aus meiner Sicht in keiner Weise zu rechtfertigen.

Wie sehr würde eine Selektion auf A2 die Rinderzucht und gegebenenfalls die Rinderhaltung verändern?
Die Betriebe müssten ihre Herden durchtypisieren. Es wären drastische Effekte auf die Zuchtviehpreise zu erwarten. Während reinerbige A2-Tiere aufgewertet würden, wäre für alle anderen Tiere ein deutlicher Preis-verfall zu erwarten. Es ist schwierig, vorauszusehen, wie sich der Milchmarkt entwickeln würde. Derzeit ist die A2-Milch am europäischen Milchmarkt eine absolute Randerscheinung. 

Ganz banal gefragt: Sind Kühe, die genetisch bedingt A2-Milch geben, anders zu füttern oder wären etwa beim Trockenstellen andere Dinge zu beachten?
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass reinerbige A2-Kühe ein spezielles Management brauchen.

Worauf muss der Tierarzt eventuell achten?
Ich sehe hier keinerlei Handlungsbedarf. 

A2-Kühe werden gern als Antithese zur Hochleistungskuh definiert. Warum?
Diese Aussage ist als reiner Marketingtrick zu werten. Beide genetischen Varianten, A1 und A2, kommen in den meisten Rinderrassen mit unterschiedlichen Frequenzen vor. Es gibt meines Wissens keinen Zusammenhang zwischen der Milchleistung und dem Beta-Kasein-Genotyp. Es gibt jedoch einige Studien, die auf negative Effekte der A2-Variante auf die Käsereitauglichkeit der Milch hinweisen. Solche Seiteneffekte müssten neben den -Gesundheitswirkungen genau untersucht werden, bevor an züchterische Maßnahmen zu denken ist.

Last, but not least: Ist A2-Milch für Sie eher ein Marketingschmäh oder wirklich eine sinnvolle Alternative zur konventionellen Kuhmilch? 
Ohne Zweifel wird A2-Milch seit einigen Jahren über unterschiedlichste Akteure medial geschickt positioniert. Bevor jedoch belastbare wissenschaftliche Ergebnisse aus großen Doppelblindstudien vorliegen, ist eine abschließende Beurteilung nicht möglich. Extrem unwahrscheinlich ist, dass Konsumenten, die Kuhmilch ohnehin gut vertragen, irgendeinen Vorteil aus dem Konsum von A2-Milch ziehen. Wenn A2-Milch tatsächlich für bestimmte Personen mit Milcheiweißunverträglichkeiten -Vorteile bringt, dann wird es langfristig dafür wahrscheinlich einen Markt geben.