moderne Labordiagnostik –

Zentrum für biologische Sicherheit in Mödling

Univ.-Prof. Dr. Friedrich Schmoll, ECPHM
Leitung des Geschäftsfeldes Tiergesundheit
Leitung Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling
AGES GmbH

Das Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen und nationale Referenzlabor für Tierseuchen in Mödling bildet gemeinsam mit den Instituten in Linz und Innsbruck das Geschäftsfeld Tiergesundheit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Das Institut führt State-of-the-Art-Veterinärdiagnostik für Behörden und Privatkunden, auch weit über Österreichs Grenzen hinaus, durch. Kernaufgaben sind die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von volkswirtschaftlich bedeutsamen Tierkrankheiten, aber auch Zoonosen, die direkt vom Tier auf den Menschen (z. B. Tollwut) oder über Lebensmittel (etwa BSE oder Salmonellen) auf den Menschen übertragen werden können.

Akkreditierung

Gemäß Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz hat die AGES zum Schutz der Gesundheit von -Menschen, Tieren und Pflanzen Analysen gemäß den -entsprechenden Gesetzen durchzuführen, bei denen der Einsatz akkreditierter Methoden erforderlich ist, z. B. bei Untersuchungen im Rahmen der Tierseuchen- und Zoonosenbekämpfung.

Akkreditierte Prüfstellen müssen gegenüber einer unabhängigen Akkreditierungsstelle nachweisen, dass sie ihre Tätigkeiten fachlich kompetent, unter Beachtung gesetzlicher sowie normativer Anforderungen und auf international vergleichbarem Niveau erbringen. Die Akkreditierung gewährleistet somit innerhalb der EU Vergleichbarkeit der Ergebnisse und Vertrauen in die Qualität und Sicherheit der Untersuchungen. Durch die Akkreditierung werden somit österreichische Prüfberichte innerhalb der EU mit ausländischen gleichgestellt. Sie erweist sich als zunehmend wichtig für eine erfolgreiche Teilnahme am internationalen Wettbewerb.

Nationale Referenzlaboratorien (NRL)

Die Standorte des Geschäftsfeldes Tiergesundheit der AGES sind vom BMGF für 31 Krankheiten zum Nationalen Referenzlabor (NRL) ernannt worden. Die Aufgaben sowohl der EU-RL als auch die der NRL sind in VO (EG) Nr. 882/2004, Artikel 32 und 33 sowie in weiteren einschlägigen Rechtsvorschriften festgelegt. Die NRL dienen dabei als Kommunikations- und Informationsdrehscheibe zwischen den EU-Referenzlaboratorien und den nationalen amtlichen Untersuchungsstellen sowie den nationalen Behörden. Sie koordinieren die Tätigkeiten der amtlichen Untersuchungsstellen und bieten den nationalen Behörden wissenschaftliche und technische Unterstützung.

Weitere Aufgaben der NRL werden über internationale und nationale Gesetzgebung festgelegt. Dazu zählen u. a. auch die regelmäßige Überprüfung der amtlichen Untersuchungsstellen, die Bereitstellung von Standards, die Chargenüberprüfung, die Archivierung von Proben und natürlich die labordiagnostische Untersuchung von Proben. In der Regel werden zum sicheren Ausschluss oder zur Bestätigung einer Infektion mehrere unterschiedliche diagnostische Tests, die nach unterschiedlichen Prinzipien funktionieren, eingesetzt (z. B.: IgM-, IgG-Antikörper-ELISA, Serumneutralisationstest, molekulargenetischer Erregernachweis, Erregervermehrung in der Zellkultur, Ei oder Tierversuch). Das Hantieren mit Proben, die potenziell hochinfektiöse -Tierseuchenerreger (Maul- und Klauenseuche, Afrikanische Schweinepest) oder Zoonosenerreger (Tollwut, Tuberkulose, Influenza, BSE/TSE …) in sich tragen, verlangen oftmals hohe Sicherheitsvorkehrungen für das entsprechende Laborpersonal, aber auch für die Laboratorien. Mit der Fertigstellung (Ende 2015) des neuen Hochsicherheitslabors, des Zentrums für biologische Sicherheit in Mödling (ZbS), ist ein weiterer Schritt zur effizienten Überwachung der Tiergesundheit in Österreich erfolgt. Das ZbS dient den Untersuchungen von Zoonoseerregern der Risikogruppe BSL 3 (Tuberkulose, Milzbrand etc.) sowie den Untersuchungen von hochkontagiösen Tierseuchen der veterinären Sicherheitsstufen 3 (z. B. LSD) und 4 (z. B. Maul- und Klauenseuche). Das Gebäude wurde unter Einhaltung der EUFMD-Richtlinien (Minimum Biorisk Management Standards for Laboratories working with Food and Mouth Disease Virus) geplant und gebaut. Kein anderes veterinärdiagnostisches Labor in Österreich verfügt über eine ähnliche Einrichtung, in der es erlaubt und möglich ist, mit Erregern wie z. B. dem Maul-und-Klauenseuche--Virus zu arbeiten.

Neben den klassischen Tierseuchen werden an den Instituten des Geschäftsfeldes Tiergesundheit auch andere für Österreich ökonomisch bedeutsame Infektionskrankheiten untersucht, zum Teil auch im privaten Kundenauftrag. Beim Auftreten von Infektionskrankheiten ist differentialdiagnostisch an ein breites Erregerspektrum zu denken, sodass es eine einfache Unterteilung in „amtlich“ oder „nicht amtlich“ nicht gibt. In der AGES kann somit ein breites Erregerspektrum untersucht werden. 

Bei neu auftretenden Tierkrankheiten gilt es, rasch zuverlässige und kostengünstige Untersuchungen zu etablieren und zu prüfen. Auch die Präanalytik, z. B. Entnahme des Probenmaterials, die Probenanzahl pro Betrieb oder der Probentransport sind wichtige Faktoren, die optimiert werden müssen. Die Untersuchungsergebnisse sollen innerhalb weniger Stunden übermittelt sein. Tatsächlich gelingt dies mit gut ausgeklügelter Logistik und ideal abgestimmten Prozessen bereits bei BSE, Trichinen und bestimmten Verbringungsuntersuchungen.

In anderen Bereichen müssen erst Verfahren und Methoden entwickelt werden. So beschäftigten wir uns in den letzten Jahren beispielsweise mit alternativen Proben-materialien zur PRRSV-Diagnostik.

Alternative Probenmaterialien: Sensitivität und Spezifität

In den letzten Jahren wurde das Monitoring von Infektionskrankheiten wie dem Porzinen Reproduktiven und Respiratorischen Syndrom (PRRS) durch Speichelproben, die aus Kaustricken gewonnen werden, mehr und mehr beworben. Speziell für die Diagnostik von PRRSV-Antikörpern im Speichel entwickelte ELISAs weisen mit 97,4 Prozent
eine geringere Spezifität auf als die Serum-ELISAs. Die Sensitivität des Speichel-ELISAs lag in wissenschaftlichen Studien bei 100 Prozent und ist damit dem Serum--ELISA zum Teil sogar überlegen. Die gegenüber dem Serum-ELISA deutlich geringere Spezifität des Speichel-ELISAs muss bei der Befundinterpretation unbedingt beachtet werden und kann speziell in PRRSV-unverdächtigen Zuchtbetrieben und Besamungsstationen zur Verunsicherung führen (da einige Proben im Testsystem ein positives Laborergebnis bringen können, obwohl die Tiere aber tatsächlich negativ sind – die Untersuchung dieser Tiere mit weiteren verschiedenen Untersuchungsmethoden ist sodann unerlässlich). Testsysteme mit 100 Prozent Sensitivität und 100 Prozent Spezifität gibt es in der Infektionsdiagnostik unter Feldbedingungen kaum.

Neben der Spezifität und Sensitivität der diagnostischen Methoden spielt auch das Probenmedium Speichel selbst eine Rolle bei der Diagnostik. Der gewonnene Speichel enthält oftmals Futterreste aus dem Maul der Ferkel. Werden Futtermittel mit Zusatz von sprühgetrocknetem Blutplasma von Schweinen eingesetzt, kann die -Diagnostik verfälscht werden. Die im Blutplasma enthaltenen Antikörper führen zu „falsch positiven“ Speichelprobenergebnissen. Für Betriebe, die frei von bestimmten Krankheitserregern sind, kann das fatale Folgen haben.

Neue diagnostische Technologien

Aufwendige neuartige Technologien wie beispielsweise das Next-Generation-Sequencing (NGS) werden heutzutage noch nicht routinemäßig eingesetzt. Zum einen verursachen diese Methoden derzeit noch hohe Kosten, welche sich in den nächsten Jahren voraussichtlich stark reduzieren werden. Zum anderen ist der diagnostische Aussagewert in der Routinediagnostik begrenzt. Nicht immer sind Informationen über die genaue Sequenz des im Betrieb vorkommenden Erregers notwendig und sinnvoll. Im Einzelfall können jedoch beispielsweise Rekombinationen von zwei im Bestand vorkommenden Virusstämmen erfasst werden. In einem österreichischen Betrieb konnte die Rekombination eines aus einer Lebendvakzine stammenden PRRSV-Stammes mit einem im Betrieb vorkommenden Feldstamm mittels NGS entdeckt werden. In einem anderen Fall kann es eventuell hilfreich sein, zu klären, ob der Erreger in einem neu zugekauften Tier mit dem oder den Erregern aus dem Herkunftsbetrieb übereinstimmt oder nicht.

Schlussbemerkung:

Aufgrund ständig neuer Entwicklungen erweitern sich die labordiagnostischen Möglichkeiten laufend. Die Vielfalt erschwert es den praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzten, die Untersuchungsparameter zu wählen. In der Infektionsdiagnostik können negative Ergebnisse manchmal zu Unrecht Frustration bewirken, zumal als Ursache nicht immer eine Infektion zugrunde liegen muss (embryonaler Tod und Aborte sind in mehr als 50 Prozent der Fälle nicht infektiöser Natur). Je gezielter die Probenauswahl (Blut, Gewebe oder andere Matrix, repräsentative Tiere …), je konkreter der Untersuchungsauftrag (genaue Angaben, klinische Untersuchungen, epidemiologische Erhebung ...) ist, umso kostengünstiger wird in der Regel das Untersuchungspaket ausfallen. Je besser der Kontakt zwischen Auftraggebern und Laborexperten ist, umso besser werden Laborergebnisse verstanden und zur Lösung einer Fragestellung beitragen.

Literatur beim Verfasser.