Lebensmittelhygiene bei Fleisch

Ein Interview mit Prof. Dr. Ahmad Hamedy

Lisa Reichenauer

Interview mit Prof. Dr. Ahmad Hamady
Univ.-Prof. für Fleischhygiene und Biochemie, vetmed. Fakultät, Universität Leipzig, Fachtierarzt für Lebensmittelhygiene

Welche Rolle spielen Veterinärmediziner*innen bei der Sicherstellung der Lebensmittelhygiene entlang der Fleischlieferkette, von der Produktion bis zu den Verbraucher*innen?

Tierärzt*innen spielen eine wichtige Rolle bei der Überwachung der Lebensmittel- bzw. Fleischlieferkette. Zu den Aufgaben der Tierärzt*innen entlang der Wertschöpfungskette bei Lebensmitteln gehören insbesondere die Leitung, Beratung, Kontrolle, Untersuchung und Begutachtung bei der Überwachung der Schlachttiere, der Gewinnung, Be- und Verarbeitung sowie des In-Verkehr-Bringens von Fleisch einschließlich der Schlachtnebenprodukte. 
Die Tierärzt*innen kontrollieren die Gesundheit der Tiere, die für die Lebensmittelproduktion verwendet werden, und stellen sicher, dass die Schlachttierkörper zum menschlichen Verzehr tauglich sind. Beispielsweise führen Hoftierärzt*innen regelmäßige Untersuchungen der Schlachttiere im Herkunftsbetrieb durch, um Krankheiten zu erkennen und zu behandeln. Sie beraten die Tierhalter*innen auch über die richtige Fütterung und Haltung der Tiere.
Amtliche Tierärzt*innen kontrollieren auf den Schlachtbetrieben und Verarbeitungsbetrieben u.a. die Herstellung von Lebensmitteln tierischer Herkunft, um sicherzustellen, dass die Lebensmittelhygiene-Vorschriften eingehalten werden. Sie führen auch Stichproben-Untersuchungen von Schlachttierkörpern und Endprodukten durch, um die Qualität und Sicherheit des Fleischs sowie der Fleischerzeugnisse zu überprüfen.
Tierärzt*innen beraten die Lebensmittel- bzw. Fleischwirtschaft über die neuesten Erkenntnisse in der Lebensmittelsicherheit. Sie arbeiten auch mit den Lebensmittelunternehmer*innen zusammen, um neue Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensmittelhygiene und Lebensmittelsicherheit zu entwickeln. Damit umfassen ihre Tätigkeiten den gesamten Bereich für das Gebiet der Fleischhygiene auf allen Produktionsstufen der Lebensmittelkette Fleisch.

Welche Arten von Krankheitserregern oder Kontaminationen sind typischerweise eine besondere Sorge in der Fleischindustrie, und wie werden sie identifiziert und bekämpft?

Der gesundheitliche Verbraucherschutz ist das Hauptanliegen der Fleischhygiene. Die meisten lebensmittelbedingten Infektionen entstehen beim Verzehr von Lebensmitteln tierischer Herkunft, z.B. Fleisch und Fleischerzeugnisse, die mit Erregern kontaminiert sind. Die Kontamination kann auf allen Stufen der Fleischlieferkette von der Erzeugung bis zum Verzehr erfolgen.
Die mit der Gewinnung, Zerlegung und Verarbeitung von Fleisch einhergehenden Krankheitserreger lassen sich in verschiedene Kategorien je nach Entstehung der Kontamination unterscheiden. Die primäre Kontamination erfolgt über das lebende Schlachttier selbst. Diese Kontamination kann als Folge einer Erkranung oder häufiger durch eine als Translokation bezeichnete Streuung von Mikroorganismen infolge von postmortalem Stress vor der Schlachtung (Transport, tierschutzwidriges Verhalten des Personals) hervorgerufen werden. 
Zoonosenerreger, die latent bei Schlachttieren vorkommen können (z.B. Salmonellen, Campylobacter und Yersinia beim Schwein, Verotoxin-bildende E. coli bei Wiederkäuern), können daher unbeanstandet in die Schlachttierkörper bzw. ins Fleisch eindringen. 

Die zweite Form der Kontamination ist die sekundäre Kontamination, die einerseits von den Schlachttieren über die schlachttechnologische Herrichtung, und zwar mit Mikroorganismen von Haut, Fell und Darminhalt, andererseits vom Umfeld der Betriebsstätte (z.B. Maschinen, Arbeitsgeräte) sowie vom dort tätigen Personal stammen könnte. 

Eine primäre oder auch sekundäre Kontamination mit potenziellen Zoonoseerregern bei der Herrichtung von Schlachttierkörpern ist nie auszuschließen, jedoch kann man durch bestimmte hygienische Maßnahmen das Risiko reduzieren. Zum Beispiel spielt neben baulichen und technisch-logistischen Gegebenheiten hier die Personalhygiene eine entscheidende Rolle. Insbesondere Überschneidungen von reinen und unreinen Personalwegen sowie das Fehlen oder Missachten von Hygieneschleusen sind anzuführen. 
 

Sie haben von 2015 bis 2017 eine Tenazitätsstudie über Mesozerkarien in Wildfleisch durchgeführt. Welche Erkenntnisse haben Sie hier gewonnen?

Bei den Mesozerkarien (DME) handelt es sich um das Entwicklungsstadium eines Saugwurms (Alaria alata). Wildfleischfresser-Endwirte wie Füchse und Marder beherbergen den adulten Wurm im Darm und über den Kot werden die Eier ausgeschieden. Die weitere Entwicklung des Parasiten erfolgt dann über zwei Zwischenwirte, die Süßwasserschnecken und Frösche. Wenn sogenannte Fehlwirte, z.B. Wildschweine, infizierte Frösche aufnehmen, befallen die Entwicklungsstadien dieses Parasiten (Mesozerkarien) die Muskulatur. Der Mensch wird durch das Aufnehmen von infiziertem Fleisch an einer Alariose erkranken. 

Im vom BMEL geförderten Forschungsvorhaben haben wir Untersuchungen zur Tenazität der Alaria-Mesozerkarien durchgeführt: Chemikalien, Temperatur, Trocknung, Mikrowellen, Herstellung von Rohschinken, - würsten. Ziel des Forschungsvorhabens war die Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen für ein wirksames und hinsichtlich des humanen Expositionsrisikos sicheres Behandlungsverfahren (Brauchbarmachung) von mit DME befallenem Wildfleisch.
Dieses Ziel sollte durch kontrollierte Tenazitätsstudien bei unterschiedlichen relevanten fleischtechnologischen Behandlungsverfahren erreicht werden. 

Die Ergebnisse deuten insgesamt darauf hin, dass die Überlebensfähigkeit von A.-alata-Mesozerkarien in infiziertem Fleisch sowie in Rohwürsten relativ gering ist. Nur unmittelbar nach der Herstellung waren vitale Mesozerkarien in Rohwurstprodukten feststellbar. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Angaben in der Literatur und andere Arbeitsgruppen zur Tenazität von Alaria-Mesozerkarien können die eigenen Ergebnisse jedoch noch nicht als hinreichend für die abschließende Angabe von Brauchbarmachungs-Empfehlungen erachtet werden. 
Aufgrund dessesn wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens weitere In-vitro- und In-vivo-Versuche zur Tenazität der Mesozerkarien durchgeführt. Im Hinblick auf die Tenazität von Mesozerkarien nach Hitzebehandlung wurden in Wildschweinfleisch bis zu einer Kerntemperatur von 50°C noch lebende Mesozerkarien nachgewiesen. In den Wildschweinfleischproben, die höheren Temperaturen ausgesetzt wurden (60°C bis ca. 100°C), wie in Rohwurst und Rohschinken (gemäß o.g. Herstellungs- und Räucherprotokollen) wurden hingegen keine lebenden Mesozerkarien mehr nachgewiesen. 

In den Versuchen zur Tenazität von Mesozerkarien nach Kältebehandlung ermöglichen die Ergebnisse keine eindeutige Einschätzung. Die bislang erfolgten Untersuchungen können jedoch nur einen ersten Hinweis auf die tatsächliche Widerstandsfähigkeit einzelner Isolate geben. 
Deshalb ist es zwingend erforderlich, weitere Daten auch im Hinblick auf eine eventuelle rechtliche Implementierung von Behandlungsverfahren für die Brauchbarmachung von infiziertem Wildfleisch zu gewinnen. 

Aufgrund der erweiterten Datenlage und nach jetzigem Kenntnisstand empfiehlt das BfR die Hitzebehandlung als eine wirksame Methode zur Inaktivierung des DME in Wildschweinfleisch. Nach einer ausreichenden Erhitzung (72°C im Inneren für zwei Minuten) kann mit dem DME infiziertes Fleisch als diesbezüglich gesundheitlich unbedenklich angesehen werden, da durch den Erhitzungsprozess die Mesozerkarien sicher abgetötet werden. 

Welche Faktoren beeinflussen die Überlebensfähigkeit von Erregern auf Fleisch?

Grundsätzlich ist Fleisch leicht verderblich, da die Fleischoberfläche nur unvollkommen gegen das Eindringen von Bakterien geschützt ist und Fleisch ein gutes Substrat für die Vermehrung von Bakterien darstellt. Mikroorganismen benötigen für ihre Vermehrung geeignete Bedingungen. Diese Vermehrung kann durch unterschiedliche Faktoren beeinfluss werden.
Eine ganze Reihe intrinsicher Faktoren ("innere Faktoren"), die dem Lebensmittel eigenen physikalischen, chemischen oder biochemischen Eigenschaften, müssen mindestens in einem tolerablen Bereich liegen.
Extrinsische Faktoren wirken von außen her auf die Mikroflora des Fleischs ein. Einflussgrößen, die während der Herstellung und Behandlung eines Lebensmittels eine Auswirkung auf intrinsische Faktoren oder direkt auf die Mikroorganismen nehmen, werden als Prozessfaktoren bezeichnet. Hierzu gehören z.B. die Einwirkung höherer Temperaturen mit teilweiser oder vollständiger Abtötung der Mikroorganismen und technologische Verfahren wie Trocknen, Säuern, bestimmte Formen der Verpackung. 

Je nach Gruppe und Art nutzen Mikroorganismen unterschiedliche Quellen für die Versorgung mit Energie und Nährstoffen. Sind die Voraussetzungen schlecht, bilden manche Organismen Dauerformen (Sporen) aus, die bei geeigneten Bedingungen wieder auskeimen. Wenn die Einflussfaktoren (Temperatur, Salzgehalt, pH-Wert usw.) in Interaktion zusammenwirken, können durchaus additive oder sogar potentierende Effekte auf die Mikroorganismen des Fleischs entstehen. So wirken bei der Rohwurstreifung Einzelfaktoren wie Zusatz von Nitritpökelsalz, Vermehrung der Starterkultur, pH-Wert-Absenkung und Reduktion des Wassergehaltes (aW-Wert) so ineinander, dass ein lange haltbares Produkt erhalten wird. 
 

Welche Rolle spielen Temperatur, Feuchtigkeit und Umweltbedingungen in Bezug auf die Tenazität von Erregern auf Fleischprodukten?

Die meisten Organismen bevorzugen eine Temperatur im Bereich von etwa 15 bis 45°C. Sie werden als mesophil eingestuft. Durch äußere und innere Einflüsse kann das Frischfleisch mit einer Vielzahl verschiedener Mikroorganismen kontaminiert sein. Einer der wichtigsten Faktoren dafür, dass sich diese Bakterien weiter auf dem Fleisch vermehren bzw. überleben, ist die Temperatur. Nach ihren unterschiedlichen Temperaturanforderungen teilt man die Mikroorganismen in Psychrophile (kälteliebend), Mesophile (mittlere Temperatur liebend) und Thermophile (wärmeliebend) ein. 

Die meisten Verderbnis-Erreger sind mesophil bis psychrotroph. Deshalb ist die Kühlung von Fleisch bzw. Fleischprodukten eine der wichtigsten lebensmittelhygienischen Maßnahmen. Jedoch können sich v.a. die kälteliebenden Bakterien auch noch bei Kühltemperaturen vermehren. Darunter sind teilweise pathogene Arten wie Listeria monocytogenes und Yersinia enterocolitica mit minimalen Vermehrungstemperaturen bis -5°C. 

Vorschriftsgemäße Kühlung des Fleischs führt zu einer speziellen Keimflora, die sich auch unter Kühltemperaturen ("Kühlhausflora") noch vermehren kann. Die anderen Bakterienarten, z.B. wärmeliebende Bakterien treten dabei innerhalb von wenigen Tagen mehr und mehr zurück. Bei sachmäßiger, d.h. auch durchgehender Kühlung können sie sich nicht vermehren und werden sogar weitgehend durch die sich entwickelnde psychrotrophe bzw. psychrophile Mikroflora mit ihren kompetitiven Anteilen zurückgedrängt. Das trifft für Yersinia-encerocolitica- und Listeria-monocytogenes-Stämme ebenso zu wie für die mesophilen Salmonellen und die gesundheitlich bedenklichen E.-coli-Stämme.
Es schiebt sich eine Bakterienflora in den Vordergrund, die unmittelbar nach der Schlachtung nur einen Bruchteil des Gesamtkeimgehaltes auf der Fleischoberfläche ausmacht. Man beobachtet dabei Bakterien, die z.B. im Zusammenhang mit stark feuchtigkeitshaltigen Verunreinigungen, bspw. durch Spritzwasser beim Schlachten auf das Fleisch gelangen, die zu Geruchs- und Farbabweichungen des Fleischs führen können. 

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass der Keimgehalt von Gefrierfleisch im Verlauf der Lagerung abnimmt. Jedoch können die Dauerformen der Bakterien (Sporen) hingegen die Gefriertemperatur in der Regel ohne Schaden überleben. Deshalb ist eine sachgerechte Gefrierlagerung die schonendste Methode der langfristigen Haltbarmachung von Fleisch und Fleischerzeugnissen. 

Wie gehen Fleischproduzent*innen und Lebensmittelkontrollbehörden mit den Herausforderungen um, die sich aus der Tenazität bestimmter Erreger ergeben können?

In den letzten Jahren wurde die Fähigkeit von lebensmittelbedingten Mikroorganismen, die sich an Stressfaktoren anpassen können, intensiver beforscht. Dabei konnte an einer Vielzahl von Bakterien festgestellt werden, dass sich Bakterienzellen an unterschiedlichste subletale Stressbedingungen anpassen können. Damit konnten diese Bakterienarten ihre Überlebensfähigkeit verbessern. 
Mehr Kenntnisse über die bakterienphysiologischen und molekularbiologischen Ereignisse bei der Stressantwort bzw. Adaptionen an die wirkenden Stressoren wurden in den letzten Jahren gewonnen, da sie stark benötigt werden, um die technologischen Verfahren der Lebensmittelproduzent*innen bzw. der Überwachung bei der Lebensmittelherstellung so zu optimieren, dass die bakterielle Tenazität durch einzelne technologische Stressoren überfordert wird. Darüber hinaus können optimierte Bedingungen für eine gewünschte Bakterienflora geschaffen werden. Daher wurde die Kombination unterschiedlicher technologischer Stressoren (d.h. die Kombination von verschiedenen "Hürden") als effektive Möglichkeit der Abtötung pathogener Mikroorganismen in der Fleischlieferkette angesehen. 

Inwiefern spielen Tiergesundheit und Hygiene im Stall eine entscheidende Rolle für die Qualität und Sicherheit des Fleischs?

Die Grundlage für die Herstellung gesunder Lebensmittel tierischen Ursprungs ist die Aufzucht gesunder lebensmittelliefernder Tiere. Deshalb sind gesunde Tiere eine Voraussetzung für gesunde Lebensmittel. Die meisten Erkrankungen, die wir heutzutage in Tierhaltungen vorfinden, entstehen einerseits bei der Haltung im engen Lebensraum der Ställe, andererseits durch stressinduzierte Immunsuppressionen. Schon seit langer Zeit ist bekannt, dass manche Infektionsketten bei Schlachttieren unterbrochen werden können, wenn die Tiere den Bedingungen der Außenwelt ausgesetzt werden.
Beispielsweise werden Schlachtschweine mit Lungenentzündung durch die Schlachtung höher belastet als gesunde Schweine. Laut verschiedenen Studien hatten Schlachtschweine mit Pneumonien deshalb einen höheren Anteil PSE-Fleisch (pale, soft, exsudative) an Schlachtkörpern als gesunde. 

Ich bin der Meinung, dass die besten Fütterungs- und Pflegemethoden zum Scheitern verurteilt sind, wenn den Tieren nicht gesunde bzw. hygienische Lebensbedingungen im Stall während der Mast geboten werden. Gesunde Schlachttiere haben eine höhere Wachstumsintensität, die in der Tendenz mit einem höheren Gehalt an intramuskulärem Fett verbunden ist.
Insofern besteht ein wichtiges Ziel der modernen Nutztierhaltung darin, die Tiere bestmöglich zu betreuen, zu überwachen und zu versorgen. Nur wenn darauf geachtet wird, dass sowohl die Landwirt*innen als auch die weiteren Beteiligten der Fleischlieferkette hygienisch mit den Tieren umgehen und sich diese wohlfühlen, kann man den Verbraucher*innen eine außergewöhnliche Fleischqualität anbieten.

Wie werden potenziell gefährliche bzw. infizierte Tiere bei der Schlachtung oder vor dem Eintritt in die Lebensmittelkette erkannt und ausgeschlossen?

Das EU-Lebensmittelrecht lässt die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung gemäß VO (EG) Nr. 2017/625 bei gleichzeitiger Umsetzung der entsprechenden Durchführungsverordnung (EG) Nr. 2019/627 bei Schlachttieren zu. Alle Schlachttiere, deren Fleisch für den menschlichen Verzehr verwendet werden soll, müssen vor und nach der Schlachtung durch amtliches Personal untersucht werden. 

Bei der Schlachttieruntersuchung wird ein Überblick über den Gesundheitszustand und somit die Schlachtfähigkeit der Tiere verschafft. Stichprobenartig können und im Verdachtsfall müssen die Tiere einer genaueren klinischen Untersuchung unterzogen werden.
Am Ende steht die eigentliche Fleischuntersuchung, bei der die Schlachtkörper und Nebenprodukte der Schlachtung einer Besichtigung, ggf. bei Verdacht auch dem Durchtasten und Anschneiden unterzogen werden. Im Rahmen der Fleischuntersuchung werden eventuell auch Probenentnahmen für weitere Untersuchungen notwendig oder planmäßig angefordert (Rückstandsuntersuchungen, bakteriologische Untersuchungen, Trichinenuntersuchung). Das Fleisch wird nach dem Untersuchungsergebnis als für den menschlichen Verzehr tauglich bzw. untauglich beurteilt und entsprechend gekennzeichnet. Untaugliche Schlachttierkörper bzw. -körperteile werden beschlagnahmt und deren unschädliche Beseitigung wird überwacht. 

Zusätzlich zu den amtlichen Kontrollen sind eigene Kontrollen durch Lebensmittelunternehmer*innen durchzuführen, um noch mehr Sicherheit zu gewährleisten. Die entnommenen Proben werden in einem unabhängigen akkreditierten Labor mit zahlreichen weiteren Überprüfungen untersucht. Beispielsweise wird eine Kontrolle der Schlachttierkörper auf das Vorkommen von Salmonellen unmittelbar nach der Schlachtung in der VO (EG) Nr. 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel gefordert. Dabei handelt es sich nicht nur um Lebensmittelsicherheitskriterien, sondern auch ausdrücklich um Prozesshygienekriterien. Hintergrund ist die Erfassung der epidemiologischen Situation hinsichtlich des Vorkommens von Salmonellen bei Schlachttieren. 

Wie gut funktioniert die Überwachung der Lebensmittelhygiene in Schlachthöfen und Fleischverarbeitungsbetrieben Ihrer Meinung nach?

Fleischproduktion erfolgt unter strengen Hygieneregelungen und amtlicher Überwachung. Fleisch wird kontinuierlich kontrolliert, Schlachtbetriebe werden durchgehend amtlich kontrolliert und überwacht. Kein Schlachtbetrieb darf die Produktion ohne einen amtlichen Kontrolleur/eine amtliche Kontrolleurin aufnehmen. Kein Tier darf geschlachtet werden, ohne dass ein amtlicher Tierarzt/eine amtliche Tierärztin das Tier zur Schlachtung freigegeben hat. Und kein Stück Fleisch verlässt den Schlachtbetrieb als Lebensmittel, das nicht nachweislich und dokumentiert von einem amtlichen Veterinär/einer amtlichen Veterinärin untersucht und als tauglich für den menschlichen Verzehr qualifiziert wurde. 
Die Räumlichkeiten, in denen die Tiere untergebracht und geschlachtet werden, unterliegen strengen hygienerechtlichen Bestimmungen, die ebenfalls von amtlichem Personal überwacht werden. In den größeren Schlachtbetrieben sind Untersuchungsstellen eingerichtet, die während der gesamten Schlachtdauer besetzt sind. 

Daher gibt es meiner Meinung nach kein Lebensmittel in Deutschland bzw. in der EU, das im Produktionsprozess so streng kontrolliert wird wie Fleisch. Es handelt sich schließlich um ein leicht verderbliches tierisches Produkt - und das unterliegt strensten Kontrollmechanismen. Eine besondere Bedeutung im Sinne der Verbraucher*innen haben die regelmäßigen Kontrollen durch die Veterinärbehörden. Die Qualitäts- und Hygienestandards in der Fleischproduktion sind somit außerordentlich hoch und die Unternehmen der Fleischproduktion achten schon aus ihrem Verantwortungsbewusstsein heraus strengstens auf die Produktsicherheit. 

Wie trägt die veterinärmedizinische Forschung zur Verbesserung der Lebensmittelhygiene bei Fleischprodukten bei und welche neueren Erkenntnisse haben zu Verbesserungen geführt?

Forschungsarbeiten im Bereich der Lebensmittelhygiene sind die methodische Erfassung von lebensmittelbedingten Risiken sowie die Charakterisierung von Hygiene- und Qualitätsmängeln entlang der Lebensmittelkette. Die Rolle der veterinärmedizinischen Forschung zur Verbesserung der Lebensmittelhygiene ist sehr wichtig.
Die Forschungsschwerpunkte sollen Grundlage der Entwicklung von Sicherheitskonzepten sein und dazu beitragen, existierende Sicherheitskonzepte kontinuierlich überprüfen und verbessern zu können. Die Tierärzt*innen sind Expert*innen für die Gesundheit von Tieren sowie der daraus hergestellten Erzeugnisse. Sie können die Übertragung von Krankheiten von Tieren auf Menschen (Zoonosen) verhindern, indem sie die Gesundheit der Tiere überwachen und die Lebensmittelhygienestandards in der Tierhaltung und in der Lebensmittelverarbeitung sicherstellen. 
Sie etablieren und validieren neue Methoden zur Bekämpfung von Lebensmittelinfektionen und führen Studien zum Verhalten von Mikroorganismen in Lebensmitteln durch, zur Verringerung des Risikos von Lebensmittelkontaminationen und zur Verbesserung von Lebensmittelqualität und -sicherheit. Aktuell führen wir bei uns verschiedene Forschungsprojekte über Zoonosenerreger in Wildfleisch, Hofschlachtungen sowie zur Schlachtung von trächtigen Tieren durch. 

Im Rahmen eines Projektes untersuchten wir etwa Waschbären aus ganz Deutschland auf zoonotische Erreger, Toxoplasma gondii und Trichinella. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass der Erreger Toxoplasma gondii in deutschen Waschbären weit verbreitet ist. Als Allesfresser hat der Waschbär viele Möglichkeiten, sich mit verschiedenen Stadien des Erregers zu infizieren. Vorläufige Ergebnisse zeigen eine höhere Belastung im Vergleich zu anderen lebensmittelliefernden Tieren, wobei Wildtiere im Allgemeinen eine höhere Prävalenz als konventiell gehaltene Tiere in Betrieben mit hohen hygienischen Standards haben. 
Im Rahmen des Projektes wurden 904 Waschbärtierkörper auf das Vorhandensein von Trichinellenlarven untersucht. Die Proben stammten dabei aus allen Gebieten der Bundesrepublik, in denen der Waschbär gemäß der gemeldeten Jagdstrecken vorkommt. Es konnten neue Erkenntnisse über eine potenzielle Infektionsquelle (Verzehr von Waschbärenfleisch) eines zoonotischen Erregers gewonnen werden. Es liegen erstmals Erkenntnisse über die bisher wenig untersuchte Prasit-Wirt-Kombination Waschbär und Trichinellen vor, welche auf einer großen Probenzahl basiert. Es konnte somit ein Beitrag zur Surveillance von Erregerreservoiren geleistet werden, welche einen zentralen Gegenstand der Forschungsagenda der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen darstellt. 
Die im Vorfeld des Projektes aufgestellte Hypothese, dass der Waschbär in relevanten Maßen am sylvatischen Kreislauf von Trichinella spp. beteiligt ist, konnte anhand der vorliegenden Ergebnisse nicht bestätigt werden. 

Um Chancen und Risiken der hofnahen bzw. mobilen Schlachtungen aufzuzeigen und offene Fragen zu klären, nimmt das Projekt "Untersuchungen zur hofnahen Schlachtung" im Hinblick auf Tierschutz und Verbraucherschutz mit Wissenstransfer für die Praxis dieser Schlachtungsform in den Blick. Unser Ziel ist es, Schlachtungen im Herkunftsbetrieb hinsichtlich des Tierschutzes und der Hygiene wissenschaftlich zu begleiten und schlussendlich Schulungsunterlagen wie einen E-Learnings-Kurs, Lehrfilme, Best-Practice-Praxisleitfäden und Lernerfolgskontrollen für alle beteiligten Akteur*innen der mobilen Schlachtung - also Landwirt*innen, Fleischer*innen und Tierärzt*innen - zu erstellen. 
Erste Erkenntnisse werden auf dem Leipziger Tierärztekongress präsentiert. Grundsätzlich kann die mobile Schlachtung durch den Verzicht auf Lebendtiertransporte und die Schlachtung in gewohnter Umgebung ein tierschonendes alternatives Schlachtverfahren darstellen. 

Das Forschungsprojekt zur Altersbestimmung von Schweinefeten vor dem Hintergrund des Tierschutzvollzuges sowie weiterer Aspekte im Zusammenhang mit Transport und Schlachtung von trächtigen Tieren wurde vor ein paar Monaten gestartet. Ziel des Projektes ist es, evidenzbasierte Daten zur Altersbestimmung von Schweinefeten zu generieren, um das Trächtigkeitsstadium gravider Schlachttiere besser bestimmen zu können und so einen harmonisierten Vollzug des TierErzHaVerbG bzw. der europäischen Gesetzgebung im Hinblick auf Tierschutz beim Tiertransport zu ermöglichen. 

Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Veterinärmediziner*innen und anderen Akteur*innen in der Lebensmittelindustrie verbessert werden, um die Sicherheit von Fleischprodukten weiter zu stärken?

An Lebensmittelsicherheit sind eigentlich alle Beteiligten der Lebensmittelkette, also die Verbraucher*innen, die Lebensmittelunternehmen, die amtliche Überwachung und die Wissenschaft interessiert. Das gilt zweifellos auch für Fleisch und Fleischerzeugnisse, die wertvolle Lebensmittel sind. 

Zahlreiche Verordnungen und Richtlinien der EU sorgen in den Mitgliedstaaten für ein einheitliches Niveau zum Schutz der Verbraucher*innen vor gesundheitlichen Gefahren und Täuschungen. Die Kontrollen werden auf allen Stufen der Wertschöpfungskette ("vom Acker bis zum Teller"), d.h. den Herstellungs- und Verarbeitungsbetrieben für Lebensmittel, im Einzelhandel oder an den Grenzkontrollstellen, durchgeführt. Auch Einrichtugen der Gastronomie und der Gemeinschaftsverpflegung werden risikoorientiert regelmäßig kontrolliert. 

Dem Lebensmittelunternehmen, z.B. im Schlachthof oder im Fleischverarbeitungsbetrieb, obliegt die Einhaltung aller lebensmittelrechtlichen Bestimmungen. Es ist durch seine Sorgfaltspflicht dafür verantwortlich, dass die Lebensmittel, die es herstellt und/oder vertreibt, sicher sind. Die Fleischwirtschaft sorgt gemeinsam mit den Partner*innen in der Lebensmittelkette Fleisch für Produktsicherheit vom Futtermittel bis zur Ladentheke. Aufgabe der zuständigen Behörden ist es, komplementär hierzu, durch regelmäßige und risikobasierte Kontrollen und Probenahmen, die Einhaltung dieser Sorgfaltsverpflichtung durch die Lebensmittelunternehmen zu überprüfen. Man spricht deshalb in diesem Zusammenhang häufig von der "Kontrolle der Kontrolle".

Nur durch die Stärkung und Verbesserung der engen Zusammenarbeit mit den Überwachungsbehörden innerhalb des Landes in den verschiedensten Bereichen der Lebensmittelherstellung kann eine durchgehende Überwachung von Erzeuger*innen über die Herstellung bis auf den Tisch der Verbraucher*innen gewährleistet werden. 

Hier sind konkrete Beispiele für Maßnahmen, die zur Verbesserung der Lebensmittelhygiene beitragen und die Zusammenarbeit verstärken können:

  • Lebensmittelaufsichtsbehörden können strengere Lebensmittelhygiene-Vorschriften erlassen und diese auch überwachen. 
  • Lebensmittelunternehmen können in die Hygieneschulung ihrer Mitarbeiter*innen investieren und somit sicherstellen, dass die Mitarbeiter*innen die geltendenden Hygienevorschriften kennen und befolgen. 

Welche zukünftigen Herausforderungen und Chancen sehen Sie in Bezug auf die Lebensmittelhygiene beim Fleisch und die Forschung auf diesem Gebiet?

Die Lebensmittelhygiene war in den letzten Jahren mit neuen Herausforderungen im Bereich biologischer und chemischer Gefahren konfrontiert. Neue Konzepte des Risiko- und Gefahrenmanagements haben es ermöglicht, diesen Herausforderungen wirksam zu begegnen. 
Allerdings treten immer neue Herausforderungen auf. Daher sind die Zukunftsaussichten für die Lebensmittelhygiene sowohl mit Herausforderungen als auch mit Chancen verbunden. 

Zu den Herausforderungen gehören u.a.:

  • Die mikrobiologische Sicherheit von Lebensmitteln und antimikrobielle Resistenz von Zoonoseerregern in Lebensmitteln. 
  • Neu auftretende ("emerging") Erreger lebensmittelbedingter Erkrankungen. 
  • Die Globalisierung und die zunehmende Vernetzung der Lebensmittelsysteme machen die Kontrolle der Lebensmittelhygiene schwieriger, da nicht überall so hohe Standards bei der Lebensmittelhygiene gelten und nicht überall vergleichbar umfassende Kennzeichnungspflichten und sensible Analyseverfahren wie in der Europäischen Union existieren. 
  • Der Klimawandel führt zu neuen Herausforderungen für die Lebensmittelhygiene, wie z.B. die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen. 
  • Die wachsende Weltbevölkerung stellt eine neue Herausforderung für die Lebensmittelproduktion dar, da es immer mehr Menschen gibt, die ernährt werden müssen. 
  • Die zunehmende Nachfrage nach Convenience-Lebensmitteln führt zu einer höhreren Verarbeitung von Lebensmitteln, was die Gefahr von Lebensmittelkontaminationen erhöht. 

Zu den Chancen gehören u.a.:

  • Die Entwicklung neuer Technologien und Herstellungsverfahren kann dazu beitragen, die Lebensmittelhygiene zu verbessern, z.B. die Verbesserung der Lebensmittelhygiene durch Dekontamination. 
  • Einführung moderner und hoch empfindlicher mikrobiologischer Nachweisverfahren. 
  • Die wachsende Nachfrage nach Regionalität und nachhaltigen Lebensmitteln kann dazu beitragen, die Lebensmittelhygiene zu verbessern, da regionale und nachhaltige Produkte das Risiko von Lebensmittelkontaminationen verringern können. 
  • Die zunehmende Aufklärung der Verbraucher*innen über die Bedeutung der Lebensmittelhygiene kann dazu beitragen, dass Verbraucher*innen verantwortungsbewusstere Entscheidungen bei der Lebensmittelauswahl treffen. 

Die Zukunft der Lebensmittelhygiene wird davon abhängen, wie gut es gelingt, die Herausforderungen zu bewältigen und die Chancen zu nutzen. Durch die Zusammenarbeit von Lebensmittelaufsichtsbehörden, Produzent*innen und Verbraucher*innen kann die Lebensmittelsicherheit für alle Menschen gewährleistet werden.