Kunststoffersatz

Krabbenschalen und Bäume ersetzen Plastik

Mag. Silvia Stefan-Gromen
Abteilungsleiterin Medien & Kommunikation der Österreichischen Tierärztekammer

Der Plastikmüll im Meer sowie Kunststoffmassen, die unsere Umwelt verschmutzen, sind ein massives Problem, das die Menschheit bis dato nicht lösen konnte. Ein vielversprechendes neues Material aus Naturfasern könnte nun möglicherweise die Lösung herbeiführen: Forscher des Georgia Institute of Technology entwickelten eine innovative Verpackung aus Naturmaterialien, um Plastikverpackungsfolie zu ersetzen. Laut einer im Journal ACS Sustainable Chemistry and Engineering veröffentlichten Studie besteht das neue kompostierbare Material aus Holz und Krabbenschalen. 

Hergestellt wird die Folie mit einem Sprühverfahren: Schicht für Schicht werden abwechselnd Nanobestand-teile von Krabbenschalen und Baumfasern aufgetragen. Das getrocknete Endprodukt ist eine durchsichtige, kompostierbare Folie, die nicht nur wie Plastik aussieht, sondern sich auch so verwenden lässt, schreiben die US-Forscher. 

Möglich macht das der kristalline Aufbau des neuartigen Produkts. Chemisch betrachtet besteht die Folie aus Zellulose von Holzfasern sowie aus Chitin, das aus Krabbenpanzern gewonnen wird. Während Ersteres als natürliches Biopolymer bereits in der Herstellung von Plastikalternativen bekannt ist, ist Chitin eher neu. Dabei handelt es sich wie bei Zellulose um ein strukturgebendes Polysaccharid.

„Die besondere Eigenschaft von Chitin ist, dass es im Vergleich zu synthetischen Polymeren extrem kristallin ist“, erklärt J. Carson Meredith vom Georgia Institute of Technology. Zusammen mit Zellulose-Nanokristallen kreiert Chitin eine dichte Struktur, die Sauerstoff-Gasmoleküle nur schwer durchdringen können.

Die Festigkeit der Oberfläche ergibt sich vor allem durch die Art und Weise, wie Chitin und Zellulose aufgetragen werden. „Wir erkannten, dass die Chitin-Nanofasern positiv geladen sind und die Zellulose-Nanokristalle negativ. Sie lassen sich deshalb so gut abwechselnd auftragen und schaffen eine gut verbundene Schnittfläche“, sagt Meredith. Je öfter man den Vorgang wiederholt, desto dicker wird die Schicht. Das Material sei vergleichbar mit Polyethylenterephthalat oder PET, das derzeit als Basis für viele Kunststoffartikel, etwa Getränkeflaschen und Kunststofffolien, verwendet wird. 

Die neue Erfindung hat auch noch einen weiteren Vorteil: Das Material weist im Vergleich zu einigen PET-Formen eine um 67 Prozent geringere Sauerstoffdurchlässigkeit auf und hält damit Nahrungsmittel länger frisch. Die Menge des Lebensmittelabfalls könnte somit also ebenfalls reduziert werden. 

Die Wissenschaftler räumen allerdings ein, dass sich das Material noch nicht für die Massenproduktion eigne. Dennoch könnte die Erfindung letztendlich eine nachhaltige und kompostierbare Alternative zu Kunststoff werden.