Klinische Forschung

in der Bildgebenden Diagnostik

Bettina Kristof

Die bildgebende Diagnostik erlangt in der ­Tiermedizin immer größere Bedeutung. Ob zur Absicherung der ­Diagnose oder zur Kontrolle des Behandlungsverlaufs – Röntgen, Ultraschall, Computertomografie und Magnetresonanztomografie unterstützen den Tierarzt bei seiner täglichen Arbeit. Wir sprachen mit Univ.-Prof. Dr. med. vet. habil. Eberhard Ludewig, Leiter der Klinischen Abteilung für bildgebende Diagnostik an der Vetmeduni Vienna, über die Rolle der bildgebenden Verfahren in der Veterinärmedizin.

Herr Professor Ludewig, die Verwendung der bild­gebenden Verfahren im veterinärmedizinischen Alltag hat sich rasant entwickelt. Wird im Bereich der bild­gebenden Diagnostik intensiv geforscht?
Das kann man so sagen. Die klinische Forschung wird durch den Fakt des praktischen Bedarfs und der Verfügbarkeit hochmoderner Geräte vorangetrieben. Der Bedarf entsteht insbesondere durch neue Therapie­möglichkeiten, die die bildgebende Diagnostik benötigen. 

Welche Therapiemöglichkeiten meinen Sie im Speziellen?
Die therapeutischen Möglichkeiten haben sich im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte stark verändert. Nehmen wir zum Beispiel die veterinärmedizinische Onkologie: Sie hat heute eine wesentlich größere Bedeutung als vor 20 Jahren. Ein wichtiger Grund dafür, dass heute ganz selbstverständlich Tumorerkrankungen bei Tieren behandelt werden, ist der, dass heute die entsprechenden therapeutischen ­Möglichkeiten vorhanden sind. 

Mit diesen Therapien können unter Umständen Patienten geheilt werden. Ist das nicht möglich, so kann zumindest die Lebenszeit bei Sicherung einer guten Lebensqualität verlängert werden. Diese Entwicklungen betreffen die klassischen Kategorien der Therapie – also chirurgisch-­onkologische Techniken, die Strahlentherapie und die Chemotherapie, aber eben auch neuere innovative Thera­pieformen wie fotodynamische Therapie, Lasertherapie und Immunotherapie. 

Wie kann die bildgebende Diagnostik hier helfen?
Für all diese Untersuchungen ebnet die bildgebende Diagnostik den Weg. Bestimmte Symptome können auf eine Tumorerkrankung hinweisen. Es ist dann Aufgabe der bildgebenden Diagnostik, die Veränderungen zu detektieren und detailliert zu beschreiben. Jeder Tumor sieht anders aus. Die bildgebende Diagnostik unterstützt die Diagnose, hilft bei der Auswahl der Therapie und dient der Überprüfung des Therapieerfolges. 

Gibt es neue Einsatzmöglichkeiten der bildgebenden Verfahren? 
Im Bereich der Orthopädie gibt es Untersuchungen, wie man die Veränderungen des Gelenkknorpels sowie ­Arthrose bei Hunden, Katzen und Pferden besser darstellen kann. Derzeit wird sehr intensiv daran gearbeitet, mit Stammzellen den Gelenkknorpel zu beeinflussen. Hier ist die Magnetresonanztomografie in der Lage, Gelenk­veränderungen darzustellen und den Einfluss der Therapien zu beschreiben.  

In der Ophthalmologie wird neben dem ­konventionellen Ultraschall ein hochauflösender 3-D-Ultraschall ver­wendet. Dieses junge Verfahren ermöglicht eine fast mikro­skopische Auflösung der oberflächlichen Strukturen des Auges. Es ließen sich noch zahlreiche weitere Einsatzgebiete benennen. Die Aufzählung macht deutlich, dass die umfassende Nutzung dieser Techniken ohne Spezialisierung nicht möglich ist. Die technischen Entwicklungen schreiten voran und ermöglichen uns verfeinerte Methoden in der bildgebenden Diagnostik. Wir profitieren in der Veterinärmedizin davon, dass die Geräte für den Menschen entwickelt werden und wir diese für die Tiere adaptieren können. 

Sind Sie selbst an einem aktuellen Forschungsprojekt beteiligt?
Wir arbeiten in unserer Einrichtung auf verschiedenen Gebieten. Dabei bestehen sehr unterschiedliche Kooperationen mit Einrichtungen der Vetmeduni, aber auch mit Partnereinrichtungen im In- und Ausland. Aktuell sind wir in Studien zu orthopädischen Erkrankungen, zur Brachyzephalie sowie Onkologie eingebunden. 

Wie wird die bildgebende Diagnostik in Zukunft den medizinischen Alltag der Tierärzte verändern?
Meine hausgemachte These dazu lautet: Auch in 20 Jahren werden Röntgen und Ultraschall die Grundpfeiler in der bildgebenden Diagnostik im tierärztlichen Alltag sein. ­Diese Verfahren sind einfach anwendbar, preiswert und praktikabel. Sie ergänzen einander in ihrer Aussage und sind am wachen Tier anwendbar. Die speziellen Techniken wie Computertomografie und Magnetresonanz­tomografie werden zunehmend attraktiv – unsere Partner, die Tierärzte und Tierärztinnen in der kurativen Praxis, benötigen diese Informationen für die Behandlung ­ihrer Patienten. Weil die Geräte jedoch sehr teuer sind, wird nicht jeder Tierarzt über diese Techniken verfügen können. Diese Untersuchungen werden daher in Über­weisungszentren, die neben den Geräten über die entsprechende Expertise verfügen, durchgeführt werden. Die bildgebende Dia­gnostik boomt – ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht.