Aktuelles

zur Kälberkokzidiose

Prof. Dr. med. vet. Anja Joachim

Prof. Dr. med. vet. Arwid Daugschies

Kokzidien sind Stallparasiten, die für ihre Entwicklung Wärme und Feuchtigkeit benötigen. Einige Arten können akute Kokzidiosen auslösen, die gelegentlich fatale Folgen haben.

Einzeller aus der Gattung Eimeria (gemeinhin als Kokzidien bekannt) sind häufige Darmparasiten bei Rindern, vor allem Kälbern, und werden in hohen Befallsraten in Rinderherden in Österreich nachgewiesen. Einige Arten können akute Kokzidiosen auslösen, die gelegentlich sogar tödlich verlaufen. Die pathogensten Eimerien sind ­Eimeria bovis und Eimeria zuernii

Wie die meisten Kokzidien besiedeln diese Parasiten die Zellen, die den Darm auskleiden. Die pathogenen Spezies dringen ins Gewebe ein und zerstören auch das Endothel der tiefer gelegenen Blutgefäße mit der Folge von hämorrhagischem Durchfall (Abb. 1). Infizierte Kälber scheiden große Mengen an umweltresistenten Oozysten aus, die nach der Sporulation innerhalb von drei bis vier Tagen weitere Tiere infizieren können. Von der Ansteckung bis zu den ersten Krankheitsanzeichen und der erneuten Oozystenausscheidung vergehen bei den beiden oben erwähnten Arten 18 bis 21 Tage. Hat ein Kalb eine Infektion mit einer Kokzidienart durchgemacht, ist es nach Ansteckung mit dieser Art gegen eine erneute Erkrankung immun, nicht aber gegen andere Kokzidienarten.

Kokzidien sind vorwiegend Stallparasiten, da sie für ihre Entwicklung Wärme und Feuchtigkeit benötigen. Eimeria alabamensis soll als einzige Art auf der Weide sogar den Winter überleben und kann bei starker Weidekontamination mit Oozysten bei erstsömmrigen Tieren etwa zwei Wochen nach dem Austrieb Durchfälle verursachen.

Auch bereits früher infizierte Rinder scheiden nach Aufnahme von Oozysten erneut Parasiten aus, allerdings ohne zu erkranken, und stellen damit ein weiteres Reservoir für die Aufrechterhaltung der Parasiten im Bestand dar. Die Oozysten bleiben in feuchter Einstreu über Monate infektiös und akkumulieren z. B. in Tiefstreu oft innerhalb kürzester Zeit, sodass empfängliche Kälber hohe Infektionsdosen aufnehmen und infolgedessen auch schwer erkranken können. Die Ansteckung erfolgt meist kurz nach der Umstallung der Kälber in kontaminierte Laufställe. Der mit der Umgruppierung verbundene Stress kann eine Erkrankung begünstigen. 

Betroffene Tiere zeigen Durchfall, der in schweren ­Fällen übel riechend, grünlich-braun und schleimig, später dünnflüssig und blutig ist (Abb. 2), sowie Kotdrang (bis zum Mastdarmvorfall), Fieber und Bauchschmerzen, selten auch neurologische Störungen (Opisthotonus, ­Festliegen, Augenzittern). Obwohl die Erkrankung nach circa einer Woche von selbst abklingt, können die Tiere in dieser Zeit stark an Kondition verlieren und austrocknen. Auch wenn sie die Erkrankung überleben, kümmern sie oft dauerhaft. Weniger pathogene Eimerienarten können unblutigen, vorübergehenden Durchfall verursachen.

Eine gezielte Bekämpfungsmaßnahme setzt eine genaue Diagnose voraus. Die Oozysten, die in großen Mengen mit dem Kot ausgeschieden werden, lassen sich mittels Flotationstechnik koproskopisch nachweisen (Abb. 3). Da Mischinfektionen verschiedener Eimerienarten ­häufig sind, sollte dem Nachweis eine Artbestimmung folgen, um die Anwesenheit der pathogenen Arten zu bestätigen. Erst im Zusammenhang mit dem klinischen Bild lässt sich dann eine Kokzidiose diagnostizieren. Ein negativer Befund eines einzelnen Tieres ist nicht beweisend für die Abwesenheit von Eimerien im Bestand. Eine wiederholte Untersuchung bzw. eine Herdenuntersuchung (bevorzugt von Einzelproben!) ist für die umfassende Diagnose zu empfehlen. Differenzialdiagnostisch (und zur Abklärung multipler Infektionen, die das Krankheitsbild erheblich verschlechtern können) sollten andere Durchfallerreger, z. B. bovines Rotavirus, E. coli oder Clostridien, als ­weitere Krankheitsursachen mit in Betracht gezogen werden. Cryptosporidium parvum, ein verwandter Dünndarm­parasit, verursacht vorwiegend wässrige Durchfälle bei sehr jungen Kälbern (< drei Wochen).

Ein umfassendes Programm zur Kontrolle der Kälberkokzidiose sollte mehrere Punkte umfassen. Die rechtzeitige Anwendung wirksamer Antikokzidia verhindert sowohl schwere Erkrankungen als auch die Ausscheidung großer Mengen an Oozysten. Wirksame Hygiene­maßnahmen im Bestand verringern zusätzlich die Anzahl von Infektionsstadien in der Umgebung der Tiere. Geringe Mengen an Oozysten sollen die Immunität stimulieren, ohne Krankheitserscheinungen auszulösen, daher ist in betroffenen Beständen darauf zu achten, dass der Erreger­druck konstant gering gehalten wird.

In Beständen, in denen gehäuft Probleme mit Kälber­kokzidiose auftreten, wird oft beobachtet, dass Kot ungenügend beseitigt wird und der Boden bzw. die ­Einstreu sehr feucht ist. In Zusammenhang damit spielt auch schlechte Fütterungshygiene (v. a. kotverschmutzte Futter­tische, Fütterung vom Boden usw.) eine große Rolle. Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen sind oft ungenügend oder gar nicht gegen Kokzidienoozysten wirksam. Trockene, saubere Einstreu, die häufig gewechselt wird, ­dichte, saubere Tränken, gute Bodenbelüftung, ­regelmäßige Reinigung des Stalls (inklusive Kalken der Wände) und gute Futterhygiene sind sehr wichtige Begleitmaßnahmen, um bei einem Kokzidioseausbruch möglichst schnell den Parasitendruck zu reduzieren. Eine effektive Desinfektion unbelegter Ställe kann man mit geprüften Desinfektionsmitteln lt. DVG (http://www.desinfektion-dvg.de/
index.php?id=1789) erreichen, wobei der Boden nach der Endreinigung unbedingt gut abtrocknen sollte. 

Bei Problemen mit Weidekokzidiose sollten Kälber nicht auf Weiden ausgetrieben werden, auf denen im Vorjahr ein Kokzidioseausbruch stattgefunden hat, da sich dort noch Oozysten befinden können, die insbesondere im Bereich feuchter Stellen überleben. Gemähtes Gras und selbst Heu können noch ansteckungsfähige Oozysten enthalten. Kokzidien sind aber sehr wirtsspezifisch, und Gras und Heu solcher Weiden kann an andere Tiere verfüttert werden.

Um die neuerliche Kontamination des Kälberstalls mit Oozysten zu verringern, sollten rechtzeitig Antikokzidia an alle Kälber einer Gruppe verabreicht werden. Damit werden die Erkrankungen durch Kokzidien deutlich reduziert. Triazinone wie Toltrazuril und Diclazuril sind zur Behandlung von Kälbern zugelassen und schon bei einmaliger Anwendung gut wirksam. Mit der Behandlung muss allerdings rechtzeitig begonnen werden (also vor Ablauf der Präpatenz von etwa 18 Tagen) und es müssen konsequent alle exponierten Kälber gruppenweise behandelt werden, denn auch symptomfreie Ausscheider tragen unter Umständen erheblich zur Rekontamination der Umgebung mit Oozysten bei. Schwer erkrankte Tiere ­müssen getrennt von ihren Altersgenossen trocken aufgestallt werden. Die Austrocknung macht gegebenenfalls einen Flüssigkeitsersatz (oral oder durch Infusion) notwendig. Bei Ausbruch einer Weidekokzidiose empfiehlt sich die sofortige Aufstallung und ggf. Behandlung. Ein Impfstoff ist derzeit nicht in Aussicht.

Literaturnachweis

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