Beruf mit Zukunft:

Rinderpraktikerin im Salzburger Land

Bettina Kristof

Der Tierarztberuf wird immer weiblicher. Die meisten Absolventinnen der Vetmeduni Vienna zieht es in Kleintierpraxen, in die Pharmaindustrie oder in die Forschung. Im Nutztierbereich sind Frauen seltener – aber es gibt sie. Was daran spannend ist und welche Hürden es gibt, verrät uns Mag. Julia Enichlmayr, die mit Mag. Kathrin Göllner eine Rinderpraxis in Grödig führt.

Frau Mag. Enichlmayr, eine Frau in der Rinderpraxis ist recht ungewöhnlich. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, diese Fachrichtung zu wählen? Und wie geht es Ihnen in diesem männlich dominierten Bereich?
Ich habe schon während des Studiums und danach in Rinderpraxen gearbeitet. Durch die ersten Berufserfahrungen ist mein Interesse an diesem Gebiet gewachsen. Ich finde die Kombination aus tierärztlicher Tätigkeit und Landwirtschaft spannend. Seit meiner Selbstständigkeit gab es keine Skepsis vonseiten der Bauern, dass sie mich als Tierärztin nicht ernst genommen hätten. Die Probleme, die ich allgemein im tierärztlichen Beruf sehe, sind ganz anderer Natur: Der Beruf wird immer weiblicher, aber die aktuellen Modelle gehen zu wenig auf Frauenthemen wie Schwangerschaft und Karenz ein. Positiv finde ich, dass es seit Kurzem eine Reduktionsmöglichkeit der Kammerbeiträge während der Karenz gibt. Die Kürzung der Abgaben sollte allerdings meiner Meinung nach auf die Sozialversicherungsbeiträge ausgedehnt werden und auch etwa im Fall von Krankheit bei Männern und Frauen gelten. Ich bin überhaupt für eine flexiblere Gestaltung der Vorschreibungen, je nachdem, ob man Teilzeit oder Vollzeit arbeitet, krank oder karenziert ist. Der Wandel im Beruf des Tierarztes und der Tierärztin sollte sich auch bei Selbstständigen in einem anpassungsfähigen Abgabensystem widerspiegeln. 

Sie haben vor vier Jahren mit einer Kollegin eine Gemeinschaftspraxis gegründet. Warum haben Sie sich dazu entschlossen und wie funktioniert es?
Meine Kollegin und ich kannten uns schon von der Ausbildung her. Es war für uns nach einigen Jahren im Angestelltenverhältnis der nächste logische Schritt in der persönlichen Entwicklung, selbstständig zu werden. Die Gemeinschaftspraxis hat den Vorteil der besseren Zeiteinteilung: Wir bieten weitgehend eine 24-Stunden-Erreichbarkeit, sieben Tage die Woche, an, die die Landwirte sehr schätzen. Im Urlaubs- oder Krankheitsfall wird man von der Kollegin verlässlich vertreten. Wir sind ein Team und teilen sowohl die Arbeit als auch die Verantwortung. Wichtig war auch, dass wir vom ersten Tag unserer Praxistätigkeit an eine Büroangestellte hatten. Sie managt die Ordination und kümmert sich um alles Nichttierärztliche. Das entlastet enorm und wir können uns auf unsere Haupttätigkeit konzentrieren.

Haben Sie noch weitere Mitarbeiter in Ihrer Rinderpraxis?
Wir haben zwei Teilzeittierärzte angestellt. Aber es ist sehr schwierig, Mitarbeiter zu finden. Das liegt auch an den gesetzlichen Arbeitszeitbegrenzungen. Krankheiten und Geburten von Rindern halten sich leider nicht an offizielle Dienststunden und es wäre sehr wichtig, dass es da vom Gesetzgeber her flexiblere Regelungen gibt. Das würde auch helfen, mehr Absolventen der Vetmed-uni Vienna für diesen spannenden Beruf zu begeistern! Denn die Rinderpraxis ist eine Tätigkeit, die viele -Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Man kann in diesem freien Beruf medizinische Schwerpunkte setzen, je nachdem, wo die persönlichen Interessen liegen. Auch Familien- und Freizeit können gut gestaltet werden, wenn man ein hohes Maß an Flexibilität mitbringt und bereit ist, nicht alles nach der Uhr zu richten.