Exoten at home

Dos and don’ts in der Tierhaltung

Bettina Kristof

So verschieden die Menschen sind, so unterschiedlich ist auch ihre Begeisterung für einzelne Tierarten. Während die einen lieber einen Hund oder eine Katze streicheln, bevorzugen die anderen vielleicht ein Kaninchen. Und dann gibt es noch Tierhalter, die sich für Exoten erwärmen. Warum die Haltung von Exoten fasziniert und was es dabei zu beachten gibt, haben wir für Sie recherchiert.

Tierarzt Mag. vet. med. Volker Harra

Herr Mag. Harra, wann haben Sie begonnen, Exoten zu behandeln, und warum?
Ich habe mich schon immer für exotische Tiere inter-essiert. Als Kind hatte ich diverse exotische Sittiche, mich haben diese Tiere fasziniert. Während des Studiums habe ich dann in der Tierarztpraxis von Dr. Hochleithner gearbeitet. Dr. Hochleithner hat eine hohe Exotenfrequenz und ich habe viel von ihm gelernt. Vor 18 Jahren habe ich die Tierklinik Stadlau eröffnet und von Beginn an neben Kleintieren auch viele exotische Patienten behandelt.

Welche exotischen Tiere halten Ihre Patienten am häufigsten?
Bei den Vögeln sind das Papageien, die noch immer in Mode und sehr beliebt sind. Früher wurden hauptsächlich die bekannten Graupapageien gehalten, jetzt geht der Trend zu selteneren Arten wie den Molukken- oder den Goffinkakadus. Bei den Reptilien sind Echsen aktuell, dabei besonders Bartagamen, Wasseragamen und Iguanas. Auch Chamäleons sind nach wie vor bevorzugte Exoten. Bei den Schildkröten waren früher hauptsächlich Griechische Landschildkröten vertreten, jetzt zeigt sich eine Entwicklung hin zu den anspruchsvolleren Arten wie Strahlen-, Stern- oder auch Köhlerschildkröten. 

Welche Erkrankungen treten bei Exoten am häufigsten auf?
Die meisten Erkrankungen resultieren aus Ernährungs- oder Haltungsfehlern. Was die Ernährung betrifft, kann es beispielsweise zu viel, zu wenig oder auch falsches -Futter sein. Exoten reagieren da oft sehr sensibel. Bei der Haltung passieren immer noch viele Fehler, meistens aus Unwissenheit. Es ist ganz wichtig, die natürlichen Lebensumstände des exotischen Tieres so gut wie möglich nachzustellen. Ein Chamäleon beispielsweise trinkt Tropfwasser von Pflanzen, das muss imitiert werden, damit das Tier gesund bleibt; oder einige Amphibien brauchen ein Vernebelungsgerät, um das feuchte Regenwaldklima zu erzeugen.

Und abgesehen von Haltungsfehlern, woran laborieren etwa Reptilien?
Das sind meistens Verletzungen, Traumata oder Unfälle. Es kommt auch immer wieder zu Stoffwechselerkrankungen in Richtung Vergiftung, wenn die Ernährung nicht passt. Schwierig ist oft die Anamnese, das ist eine richtige Spurensuche, ich komme mir manchmal vor wie Sherlock Holmes. Wenn sich die Beschwerden eines erkrankten Tieres trotz Behandlung nicht bessern, fahre ich zu den Patienten nach Hause, um mir vor Ort ein Bild zu machen. Ich hatte beispielsweise eine Boa constrictor als Patientin, die an einer hartnäckigen Rachenentzündung litt. 

Als die Behandlung keine Besserung brachte, habe ich mir das Terrarium der Würgeschlange angesehen. Dabei stellte sich heraus, dass der Besitzer das Terrarium selbst gebaut und dabei einen Kleber verwendet hatte, der nicht feuchtigkeitsbeständig war. Der Kleber ist ausgedampft und hat Rachenfäule bei der Boa constrictor bewirkt. Das hätte ich ohne Hausbesuch und detektivische Spurensuche nie herausgefunden!

Sind sich die Besitzer exotischer Tiere bewusst, dass die Haltung aufwendig ist?
Das hat sich sehr zum Positiven verändert. Früher gab es schon Tierhalter, die sich ein exotisches Tier genommen haben, weil es „in“ oder „cool“ war, und sich nicht so sehr mit der artgerechten Tierhaltung auseinander-gesetzt haben. Vier Wochen nach der „Exotika“, der großen -Reptilienmesse, kamen dann die Ersten mit ihren Tieren, die aufgrund falscher Ernährung erkrankt waren. 

Der Trend geht aber schon seit einigen Jahren in -Richtung bewusster Tierhaltung. Es gibt immer mehr Exoten-besitzer, die sich wirklich für die Tiere interessieren, sich intensiv informieren und ihre Tiere professionell halten. Da werden Keller umgebaut und große Terrarien und Glashäuser errichtet. Das Angebot in den Zoohandlungen ist mittlerweile auch schon sehr umfangreich. Von unterschiedlichen Terrarien für verschiedene Klimazonen bis hin zu Verneblern, die manche Tierarten brauchen, gibt es alles, was eine möglichst artgerechte Tierhaltung ermöglicht, und das zu recht moderaten Preisen.

Haben Sie den Eindruck, dass die Haltung von Exoten eher zu- oder abgenommen hat?
Ich denke, der extreme Boom ist vorbei. Durch die Gesetzgebung ist die Haltung von Exoten jetzt in strengere und geordnete Bahnen gelenkt worden, was ich gut finde. Ich befürworte generell, dass der Besitz von Tieren geregelt wird, vom Erwerb bis hin zur Haltung, im Sinne des Tierschutzes. 

Gibt es in Österreich ausreichend Tierärzte, die sich mit Exoten auskennen?
Schwer zu sagen. Im urbanen Bereich gibt es einige Tierärzte, die sich mit Exoten gut auskennen. Wichtig wäre, dass allgemeine Praktiker exotische Patienten an erfahrene Fachärzte für Exoten überweisen oder sich zumindest mit ihnen beraten. Ich würde meinen Hund mit Herzproblemen jedenfalls zu einem Spezialisten zum Herzultraschall schicken, dafür gibt es schließlich Experten!

Haben Sie selbst auch exotische Tiere?
Ich hatte über viele Jahre einige Exoten, darunter Goldstaubgeckos, Pfeilgiftfrösche, Diskusfische, -Goffinkakadus und Köhlerschildkröten. Einige der Tiere hatte ich in der Klinik geerbt, wenn jemand einen Platz für sie gesucht hat. Andere habe ich bewusst gekauft, wie etwa die Goffin-kakadus. Es war eine faszinierende Zeit, aber meine Lebensumstände haben sich geändert und so habe ich die langlebigen Exoten bei guten Freunden untergebracht, wo sie beste Bedingungen haben und es ihnen gut geht. Ich bin vor einigen Jahren auf einen Bauernhof in Nieder-österreich gezogen, auf dem meine Frau und ich Selbstversorger sind. Wir züchten Sulmtaler Hühner und Wachteln und haben Hunde und Katzen. Die passen auch besser auf einen Bauernhof!

 
Das sagt die MA 60 – Veterinärdienste und Tierschutz

Nachdem laut Tierschutzgesetz eine Meldepflicht aller Wildtierarten besteht, zu denen auch die privat gehaltenen Exoten gehören, haben wir ein Gespräch mit Amtstierärztin Dr. Kathrin Deckardt von der MA 60 – Veterinärdienste und Tierschutz geführt.

Frau Dr. Deckardt, welche exotischen Tierarten werden am häufigsten gemeldet? 
Die meisten Tierhalter melden bei uns Schildkröten, hier vor allem Griechische Landschildkröten; Echsen, dort sind es hauptsächlich Bartagamen und Leopardengeckos, und Schlangen, in der Mehrzahl Kornnattern.

Wie viele exotische Tiere werden im Jahr in etwa behördlich angemeldet?
Im Jahr 2017 gingen 171 Meldungen bei der MA 60 ein. 

Arbeiten Sie bei der Überprüfung der Meldepflicht mit Tierärzten und Zoohandlungen zusammen?
Zoofachhändler sind gemäß § 8 Tierhaltungs-Gewerbe-verordnung verpflichtet, ihre Kunden im Rahmen der sogenannten Kundeninformation über die Melde-verpflichtung aufzuklären. Die Zoofachhändler werden mindestens einmal jährlich von den AmtstierärztInnen auf die Einhaltung dieser Verpflichtung kontrolliert. Wir sind den TierärztInnen im Interesse der Tiere sehr dankbar, wenn sie die Tierbesitzer über die Meldepflicht sowie die korrekten Haltungsbedingungen und die Pflege der Exoten informieren.

Überprüfen Sie jedes gemeldete Tier oder machen Sie stichprobenartige Kontrollen?
Prinzipiell wird jede Meldung entgegengenommen, protokolliert sowie auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft. Die eigentliche Kontrolle erfolgt aufgrund eines risikobasierten Stichprobenplans. Jene Wildtiere, die bekanntermaßen besonders hohe Ansprüche an die -Haltung stellen, werden von uns lückenlos kontrolliert.

Was schätzen Sie, wie hoch die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Tiere ist?
Die MA 60 kann Ihnen dazu keine seriösen Zahlen nennen. Wir beobachten allerdings, dass die Zahl der jährlich neu gemeldeten Exoten in den letzten Jahren stetig steigt.

Bekommen Sie öfter Hinweise auf nicht korrekte Haltung exotischer Tiere?
Der MA 60 werden immer wieder aus der Bevölkerung Informationen über wahrgenommene Mängel bei Tierhaltungen zugetragen. Wir gehen allen diesen Meldungen umgehend nach und setzen erforderlichenfalls auch die notwendigen Maßnahmen im Sinne des Tierwohls.

Was passiert, wenn Sie ein nicht gemeldetes exotisches Tier entdecken?
Es wird überprüft, ob die Tierhaltung den Vorgaben des Tierschutzgesetzes und der darauf beruhenden 2. Tierhaltungsverordnung entspricht. Der Besitzer muss seine Exotenhaltung jedenfalls nachmelden. Werden die normierten Mindesthaltungsbestimmungen nicht eingehalten, erfolgen Anpassungsaufträge und gegebenenfalls Tierabnahmen sowie Anzeigen zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens.

Wann wird einem Tierhalter das exotische Tier abgenommen? Kommt das häufig vor? Was passiert dann mit dem Tier?
Die AmtstierärztInnen sind gemäß § 37 Tierschutzgesetz verpflichtet, wahrgenommene Verstöße gegen die §§ 5 bis 7 (Verbot der Tierquälerei, Verbot der Tötung, Verbot von Eingriffen an Tieren, Anm.) unmittelbar zu beenden. Sie sind außerdem verpflichtet, ein Tier, das in einem Zustand vorgefunden wird, der erwarten lässt, dass es ohne unverzügliche Hilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird, dem Halter abzunehmen. Die abgenommenen Tiere werden einem gemäß § 30 Tierschutzgesetz mit der Stadt Wien vertraglich verbundenen Tierheim übergeben.

 
 
Das sagen Tierhalter

Der Erwerb und die Haltung exotischer Tiere sind an einige gesetzliche Auflagen gebunden. Umfangreiches Wissen über das Tier und seine Haltung ist notwendig, um dem Exoten artgerechte Lebensumstände zu ermöglichen. Beträchtliche Kosten für die Anschaffung eines je nach Tierart benötigten Terrariums sowie weiterer Accessoires können empfindlich zu Buche schlagen. All das hindert wahre Liebhaber dieser Spezies nicht daran, ihr Heim mit einem Exoten zu teilen. Was die Faszination exotischer Tiere ausmacht, verraten uns zwei Exotenbesitzer.


Karin W.
Grüner Leguan, Chamäleon


Wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Grünen Leguan zu halten?
Mich haben Tiere schon immer fasziniert. Ich hatte schon als Kind eine Katze und habe auch Stunden im Tiergarten verbracht. Die exotischen Tiere sind mir aber eigentlich „passiert“. Ich bin in der Tierhandlung meines Vertrauens als tierliebend bekannt, und als ich einmal Katzenfutter gekauft habe, hat mir ein Verkäufer von einem Grünen Leguan erzählt, der schon lange in seinem Terra-rium sitzt und keinen Käufer findet. Ich habe die Echse dann aus Tierliebe übernommen. Friedrich, so heißt mein Grüner Leguan, hat ein großes Terrarium mit Wasserbecken, Schwimmteich, vielen Pflanzen und Klettermöglichkeiten. Im Sommer steht ihm außerdem ein eingezäuntes Gartengehege zur Verfügung. Er ist mittlerweile 16 Jahre alt, kerngesund und fühlt sich in seinem Reich sehr wohl. 

Hatten Sie noch einen anderen Exoten?
Ja, ein Chamäleon. Das war auch so eine Sache: In der Tierhandlung gab es ein Chamäleon, das Rachitis hatte. Es hat mir leidgetan und ich habe es gekauft, natürlich mit allem, was dazugehört: Ein spezielles Terrarium, Pflanzen, Heizung, Beleuchtung wurden auch angeschafft. Ich war mit ihm beim Tierarzt und wir haben es dann mit Vitamin-präparaten aufgepäppelt. Leider ist es nicht sehr alt geworden, es hat aber zumindest noch ein viel schöneres Leben gehabt als in der Tierhandlung.

 

Was genau ist das Spannende an einem exotischen Tier?
Für mich ist es das Beobachten. Wie sich das Tier verhält, wie es sich bewegt. Das ist sehr interessant. Unser Leguan ist mittlerweile zahm, aber er ist trotzdem ein Wildtier. Man kann und sollte nicht mit ihm kuscheln oder ihn streicheln. Wenn wir das Terrarium reinigen, lassen wir ihn heraus, dann setzt er sich hin und beobachtet uns. Aber Leguane können mit dem Schwanz schlagen und haben sehr starke Krallen, man muss also wirklich aufpassen, wenn man ihnen nahe kommt. Ein Chamäleon sollte man übrigens gar nicht berühren, diese Tiere mögen das nicht. Chamäleons sind sehr stressanfällig, sie reagieren empfindlich auf Lärm und Unruhe. Ich finde auch, dass sie für Kinder nicht geeignet sind. Sie brauchen viel Ruhe, man sollte sie nicht berühren, nur beobachten.

Was sollte man bedenken, bevor man sich einen Exoten nimmt?
Die meisten Exoten werden sehr alt, man sollte sich also darüber im Klaren sein, dass man -Verantwortung für einen langen Zeitraum übernimmt. Wichtig ist auch, dem Tier eine möglichst artgerechte Haltung zu ermöglichen und sich über die Kosten zu informieren. Exoten sind für Kinder nur bedingt geeignet – wenn Kinder ein Tier zum Kuscheln oder Streicheln -wollen, sind Katzen oder Kaninchen eher zu empfehlen!

 
 
 
Hannes E.
Schlangen, Echsen und afrikanische Weißbauchigen


Welche exotischen Tiere haben Sie?
Meine Begeisterung für exotische Tiere begann mit drei Jahren. Da war ich bei einem Freund zu Besuch, dessen Vater eine Schlange hatte. Ich habe das Tier berührt und war total begeistert! Es dauerte allerdings 13 weitere Jahre, bis mir mein Vater erlaubte, ein Reptil zu halten. Mit 16 war es endlich so weit: Ich erwarb eine Bartagame. Das war mein Einstieg in die Welt der Reptilien. Dann folgten Schlangen: Ich hatte Kornnattern, eine Boa con-strictor imperator und einen Teppichpython. Später kamen noch Kronengeckos hinzu. Außerdem hatte ich afrikanische Weißbauchigel, mit denen ich zweimal erfolgreich gezüchtet habe. Bei meinen Eltern stand mir ein großer ausgebauter Keller für mein Hobby zur Verfügung. Als ich von zu Hause ausgezogen bin, habe ich die Tiere verkauft oder vergeben, weil in meiner neuen Wohnung einfach nicht genug Platz war, um die Tiere artgerecht zu halten. 

Was macht die Faszination aus?
Jeder kennt Katzen und Hunde, das Exotische sieht man nicht alle Tage. Es ist interessant, das Verhalten der Tiere zu beobachten. Ein Terrarium ist auch ein schöner Blickfang in der Wohnung. Wichtig ist es aber, die Tiere möglichst artgerecht zu halten. Ich habe mich intensiv mit der Haltung der unterschiedlichen Tiere beschäftigt und während des Studiums auch in der Terraristikabteilung einer großen Tierhandlung gearbeitet, um mein Wissen zu vertiefen. Man sollte sich unbedingt im Vorfeld überlegen, ob man genügend Platz für diese Tiere hat, und auch die Kosten bedenken. Die Anschaffung der Exoten ist relativ teuer und die Stromkosten für ein Terrarium sind recht hoch. Wenn man unterschiedliche Exoten hält, braucht man womöglich auch verschiedene Terrarien, je nach Herkunftsland der Tiere. Ich hatte Bartagamen im Wüstenterrarium und die Boa constrictor imperator im  Regenwaldterrarium. Viele Tiere brauchen auch Lebendfutter, das ist nicht jedermanns Sache. Ich habe meine Schlangen mit Ratten und Mäusen gefüttert, die Echsen mit Insekten, aber auch mit Salat und Obst. 

Haben Sie einen Tipp für zukünftige Exotenhalter?
Man sollte sich unbedingt vor der Anschaffung eines Exoten über die artgerechte Haltung und den Kostenfaktor informieren. Es ist ganz wichtig, das Tier von einem seriösen Züchter mit Herkunftsnachweis zu kaufen. Ich kann nur sagen: Finger weg vom Tierhandel im Internet! Und dann muss man sich noch über gesetzliche Auflagen im Klaren sein und diese erfüllen. Die Anmeldung von -Reptilien beim Veterinäramt ist verpflichtend.