Neue Ansätze in der Diagnostik

und Bekämpfung der Moderhinke beim Kleinen Wiederkäuer

Dr. Michael Dünser, Dr. Eva Sodoma, Dr. Simone Mitterhuemer
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)*

Die Moderhinke zählt zu den größten Herausforderungen bezüglich Herdengesundheit beim kleinen Wiederkäuer. Aktuelle Erkenntnisse zur Ätiologie und die Weiterentwicklung in der Diagnostik ermöglichen völlig neue Perspektiven in der Bekämpfung dieser verbreiteten Klauenerkrankung.

Einleitung

Im Krankheitskomplex der infektiösen Lahmheiten beim kleinen Wiederkäuer (KW) besitzt die hochansteckende und schmerzhafte Klauenerkrankung Moderhinke (MH) die größte Bedeutung. Hauptverursacher der Moderhinke ist das zu den gramnegativen Anaerobiern zählende Bakterium Dichelobacter (D.) nodosus (Abb. 1), das in der Pathogenese als obligater Erreger nachweisbar ist. 

Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass D. nodosus in zwei Varianten auftritt: Die benigne und die virulente Form unterscheiden sich in ihrem Virulenzfaktor, der sauren Protease. 

Bei der benignen Variante des Erregers ist diese hitzelabil, bei der virulenten ist sie hitzestabil. Erreger der letzteren Variante können in tiefere Hornschichten eindringen und gravierende Entzündungen hervorrufen. Für die Auslösung der schweren klinischen Verlaufsformen ist immer die Infektion mit der virulenten Variante von D. nodosus erforderlich.


Klinik und Verbreitung

In der klinischen Ausprägung reicht das Krankheitsbild von der leichten Hautentzündung im Zwischenklauenspalt bis zur schweren Verlaufsform mit hochgradiger Unterminierung des Klauenhorns, die bis zur Ablösung des Klauenhorns von der Lederhaut führen kann. In den Abbildungen 2–5 sind die unterschiedlichen Schweregrade dargestellt. Tiere, die auf den Karpalgelenken kniend weiden, um die Klauen der Vorderextremitäten vom schmerzhaften Druck zu entlasten, sind ein deutliches Zeichen für Klauenerkrankungen und meist auf MH zurückzuführen (Abb. 6). Beschrieben wird jedoch auch der symptomlose Verlauf bei Vorhandensein der virulenten Variante von D. nodosus. Subklinisch infizierte Trägertiere sind maßgeblich für die Verbreitung des Erregers verantwortlich.

Das Wohlbefinden der Tiere wird je nach klinischer Ausprägung beeinträchtigt und führt in der Folge auch zu wirtschaftlichen Einbußen. Aufgrund der hohen Kontagiosität birgt die Sömmerung ein hohes Infektionsrisiko zur Verbreitung der MH bzw. zur Einschleppung in andere Herden. Bei der Alpung besteht überdies ein erhebliches Risiko der Einschleppung von MH auf die hochempfängliche Gams- und Steinwildpopulation.

Diagnostik

Der kulturelle Nachweis von Anaerobierinfektionen ist generell besonders arbeits-, zeit- und kostenintensiv und nur Speziallaboratorien vorbehalten. Schon bei der Probennahme muss darauf geachtet werden, dass die gegenüber Sauerstoff empfindlichen Bakterien in speziellen anaeroben Transportsystemen eingesandt werden. Hinsichtlich Nährmedien stellt D. nodosus besondere Ansprüche und erfordert die Anwendung von Spezialagarplatten (Abb. 7). Der Kulturversuch kann dann eingesetzt werden, wenn Erreger für die Herstellung stallspezifischer Vakzinen isoliert werden müssen bzw. zur Resistenztestung für den gezielten Einsatz von Antibiotika.

Durch die Entwicklung eines PCR-Tests an der AGES Linz ist es nunmehr möglich, den Erreger der Moderhinke ohne besondere Ansprüche an Transportbedingungen bzw. ohne aufwendigen Kulturversuch rasch und zuverlässig nachzuweisen und in einem Probenansatz zwischen der virulenten und der benignen Variante zu unterscheiden. Für die PCR-Diagnostik genügen Tupferproben (Kunststofftupfer ohne Transportmedium) des Zwischenklauenspaltes, wobei bei klinischen Verdachtsfällen insbesondere auch die krankhaft veränderten Stellen beprobt werden sollten (Abb. 8). Aufgrund der hohen Sensitivität der Methode können auch subklinisch mit D. nodosus infizierte Tiere erfasst werden. Dies ist insbesondere für die Kontrolle von Zukaufstieren während der Quarantäne sinnvoll, um die MH-freien Bestände vor der Einschleppung zu schützen. Für die zuverlässige Abklärung des MH-Status auf Bestandsebene sollte je nach Herdengröße eine ausreichende Zahl an Tieren beprobt werden (Tab. 1). Da die Proben im Rahmen der Diagnostik gepoolt untersucht werden, ist diese Bestandsuntersuchung auch mit vertretbaren Untersuchungskosten für den Tierhalter durchführbar.

Bekämpfungsmaßnahmen

Pilotversuche haben gezeigt, dass mit der PCR-Diagnos-tik und gezielten therapeutischen Maßnahmen erfolgreiche Herdensanierungen möglich sind und der Erreger der Moderhinke aus den Betrieben eliminiert werden kann. Darauf aufbauend gibt es in manchen Ländern bereits MH-Bekämpfungsprogramme mit klaren Richtlinien, die es den Betrieben ermöglichen, als MH-negativer Bestand zertifiziert zu werden oder aber eine entsprechende Sanierung durchzuführen. Zielsetzung sollte es sein, auch in Österreich der Moderhinke größeren Stellenwert einzuräumen und die Etablierung koordinierter Bekämpfungsmaßnamen zu forcieren – die entsprechenden labordiagnostischen Voraussetzungen dafür sind gegeben.

* Die Autoren bedanken sich bei Dr. Heinz Strobel (Stoffenried, BRD) für die Bereitstellung der Abbildungen 2-6.

 

Kontakt

AGES Institut für Veterinär-medizinische Untersuchungen Linz
Wieningerstraße 8, 4020 Linz
E-Mail: vetmed.linz-REMOVE-NOSPAM@ages.at
www.ages.at
Tel. 050555 45111