Arbeitszeitmodelle

in der tierärztlichen Praxis

Tierärztin Tonia Olson
Autorin der Karriereplattform VetStage.de

Der tierärztliche Beruf ist mit einer hohen Arbeitsbelastung verbunden und erschwert dadurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten, Tierärzt/innen (mit oder ohne Familie) eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen. Dazu zählen u. a. die Erarbeitung neuer Arbeitszeitmodelle und die Ausgestaltung von flexiblen Arbeitszeiten in der tierärztlichen Praxis. 

Innovative Praxis- und Klinikinhaber haben sich bereits an die geänderten Forderungen der Mitarbeiter angepasst und werben in Stellenanzeigen mit einem geregelten und flexiblen Arbeitszeitmodell. Eine moderne Arbeitszeit­gestaltung berücksichtigt nämlich zunehmend auch die Interessen der angestellten Tierärztinnen und -ärzte, was zu einer Steigerung von deren Zufriedenheit und Motivation führt.  

Es gibt verschiedene Arbeitszeitmodelle, die die zu ­leistende Arbeitszeit von Mitarbeitern regeln und sich in unterschiedlichem Maße durch ihre Flexibilität und Familienfreundlichkeit auszeichnen. Welches Modell sich am besten eignet, hängt natürlich immer vom Typ und der Größe der tierärztlichen Praxis/Klinik, den Kollegen und nicht zuletzt der eigenen Einstellung ab. 

ARBEITSZEITMODELLE IM VERGLEICH


1. Vertrauensarbeitszeit (variabel)
Die wöchentliche Arbeitszeit wird im Vertrag schriftlich vereinbart, wobei es keine feste Kernzeit gibt, in der man in der Praxis/Klinik anwesend sein muss (in der Wirklichkeit sieht dies jedoch meist anders aus). Der ­Arbeitnehmer bestimmt also selbst über Arbeitsbeginn, -ende und ­Pausen. Der Arbeitgeber vertraut seinem Mitarbeiter, dass er die vereinbarte Stundenanzahl arbeitet. 

2. Kapazitätsorientierte Arbeitszeit (variabel)
Der Arbeitnehmer arbeitet auf Abruf und nur dann, wenn Arbeit anfällt, d. h., der Arbeitgeber gibt die Arbeitszeit variabel je nach Arbeitsanfall vor. Dieses Arbeitszeitmodell fordert ein hohes Maß an Flexibilität und ist mit keinem festen Einkommen verbunden, da sich die Bezahlung an der geleisteten Arbeit orientiert.

Variante: Jahresarbeitszeit-Modell
Hier wird zu Beginn eine Arbeitszeit festgelegt, die im Laufe des Jahres – flexibel nach Bedarf bzw. Kapazitäten – abgeleistet werden muss. Der angestellte Tierarzt erhält jedoch ein monatlich gleichbleibendes Gehalt.

3. Gleitende Arbeitszeit (Gleitzeit)
In diesem Modell wird meist eine verbindliche Kernzeit festgelegt, in der man in der Praxis/Klinik anwesend sein muss. Die ergänzende (Teil-)Zeit davor und danach (also Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit) kann vom Arbeitnehmer frei eingeteilt werden.
Gleitzeit erfordert Absprachen im Team, v. a. bei festen Sprech- und Öffnungszeiten. Der Vorteil dieses Modells liegt in einer größeren zeitlichen Flexibilität des Arbeitnehmers für private Termine. Außerdem kann das Arbeitsvolumen an den aktuellen Arbeitsbedarf angepasst werden. 

4. Schichtarbeit
In größeren tierärztlichen Praxen besteht durch Schichtarbeit eine weitere Möglichkeit, die Arbeitszeit flexibel zu gestalten. Dabei unterscheidet man das Zwei-Schicht-Modell (früh/spät) und das Drei-Schicht-Modell (früh/mittags/spät). Die Dienstpläne sollten möglichst frühzeitig in Zusammenarbeit mit allen Mitarbeitern erstellt werden und überschaubar sein. Wichtig bei Schichtarbeit ist außerdem, dass die Wochenarbeitszeiten nicht zu stark voneinander abweichen, mehrere aufeinanderfolgende Nachtdienste vermieden werden und auf eine Phase mit Nachtarbeit eine möglichst lange arbeitsfreie Zeit folgt. 

5. Teilzeit
Teilzeitarbeit ist eine flexibel gestaltbare Verkürzung der Arbeitszeit, wobei die individuelle Ausgestaltung der wöchentlichen Mindeststundenzahl mit dem ­Arbeitgeber abgesprochen wird. Hierbei besteht die Möglichkeit, dass die angestellte Tierärztin/der angestellte Tierarzt ­entweder täglich für einen verkürzten Zeitraum in der Praxis/Klinik anwesend ist, oder dass die Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage reduziert wird. In diesem Fall wird an den Anwesenheitstagen Vollzeit gearbeitet. 

Ein deutlicher Vorteil der flexiblen Arbeitszeiten bei Teilzeit ist die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bzw. die Möglichkeit einer Weiterbildung oder Doktorarbeit neben dem Beruf. 

Nachteile für den Arbeitnehmer: 

• Weniger Verdienst durch die Verkürzung der Arbeits-
zeit. 

• Weniger Rente bzw. finanzielle Absicherung im Alter
durch den geringeren Verdienst. 

• Wechsel zurück in eine Vollzeitstelle beim gleichen
Arbeitgeber ist oft schwierig.

Nachteile für den Arbeitgeber: 

• Höhere Kosten (z. B. Lohnnebenkosten) und höherer
Aufwand (u. a. durch Fortbildung mehrerer Mitarbeiter)
als bei Vollzeitarbeitskräften. 

• Anfallende Arbeit und Dienstzeiten der Teilzeitkraft
sind im Tagesverlauf nur schwer kalkulierbar. 

Der dauerhafte Einsatz von Teilzeitkräften ist nur in größeren Tierarztpraxen und Kliniken sinnvoll. In ­kleineren Praxen ist die Umsetzung flexibler Arbeitszeiten oft problematisch, da die Arbeitsleistung der nur wenigen Mitarbeiter schwer zu ersetzen ist. Jedoch ist gerade beim Aufbau einer kleineren oder mittleren Praxis ein vorüber­gehender Einsatz von Teilzeitkräften denkbar, um z. B. durch Gleitzeit oder Schichtarbeit den Anfall von Mehrarbeit zu bewältigen. 

5. Jobsharing
Beim Jobsharing wird die Arbeitsstelle auf mehrere Mitarbeiter aufgeteilt, d. h., mehrere Tierärzte arbeiten in Teilzeit und teilen sich eine Vollzeitstelle. Die Arbeitszeiten, der Verdienst und die freien Tage werden untereinander aufgeteilt. Die Grundvoraussetzung für das Gelingen dieses Modells ist eine gut organisierte Übergabe der erledigten und offenen Tätigkeiten. Außerdem sollten die Tierärzte, die sich einen Job teilen, ähnliche oder sich ergänzende Qualifikationen mitbringen und teamfähig sein, da das Jobsharing eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung erfordert.  
Dieses Modell bietet zwar viele Freiheiten durch die hohe Flexibilität und ermöglicht durch die gleichzeitige Reduktion der Arbeitszeit eine gute Vereinbarkeit von Familie und Tierarztberuf. Man ist jedoch von seinen Kollegen abhängig und muss die Arbeitszeiten mit diesen genau absprechen. 

6. Homeoffice/Telearbeit
Beim Homeoffice kann man durch moderne Kommunikationstechnik wie Internet, Telefon- oder Videokonferenzen teilweise (abwechselnd mit Präsenzzeiten in der Praxis/Klinik) oder ganz zu Hause arbeiten. Da der Arbeitgeber keine Kontrolle über seinen Mitarbeiter hat, ist ein gegenseitiges Vertrauen die Grundvoraus­setzung für dieses Modell.
Die Telearbeit ist gut geeignet für Tätigkeiten, die wenig Abstimmung, dafür aber ein hohes Maß an Konzen­tration und eine ruhige Arbeitsumgebung erfordern, z. B. das Erstellen von Berichten. Der Vorteil liegt darin, dass man eine große räumliche und zeitliche Flexibilität besitzt, was gerade für Eltern mit kleinen Kindern sehr hilfreich ist. 

ERFASSUNG DER ARBEITSZEIT 

Praxisinhaber/innen sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Arbeitszeit der Mitarbeiter/innen zu erfassen und zu dokumentieren. Dazu zählen auch die Zeiten von Bereitschaftsdiensten. Diese Dokumentation ermöglicht nicht nur eine Entlohnung der tatsächlichen Arbeitszeit
(bei Vereinbarung einer Stundenentlohnung) und den Nachweis von Mehrarbeit, sondern soll auch verhindern, dass die arbeitsrechtliche Grenze von 48 Stunden in der Woche überschritten wird. 

Eine manuelle Aufzeichnung der Arbeitszeiten ist mit viel Verwaltungs- und Zeitaufwand verbunden. Heutzutage wird die Dokumentation der Arbeitszeit durch PC-gesteuerte Systeme vereinfacht. Auch die mobile Zeiterfassung über Smartphone, Handy oder Notebook ist möglich. Die Arbeitszeiten, die ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin an­sammelt, werden dann automatisch von der entsprechenden Software auf ein Arbeitszeitkonto verbucht. Dies ist die Grundlage zur Anrechnung und Verwaltung der geleisteten Arbeitsstunden.

Software erleichtert jedoch nicht nur die Erfassung der Arbeitszeiten, sondern ermöglicht u. a. auch die Erstellung von automatischen Dienstplänen und stellt bei der Praxisorganisation und der Umsetzung der oben genannten flexiblen Arbeitszeitmodelle in der tierärztlichen ­Praxis/Klinik eine große Hilfe dar. 

Software zur Erleichterung der Planung und Dokumentation in der tierärztlichen Praxis

Die Dokumentation der Arbeitszeiten von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und die Erstellung von Dienst­plänen mithilfe von MS Excel ist für Praxisinhaber/innen mit viel Verwaltungs- und Zeitaufwand verbunden. 

Um die Personal- und Dienstplanung sowie die Dokumentation zu vereinfachen und sich dabei „Zeit und Nerven zu sparen“ (Papershift), werden ­unterschiedliche Praxis-Softwares angeboten, von denen wir zwei vor­stellen wollen: „X-Plan“ und „Papershift“. 

Beide PC-gesteuerten Systeme wurden uns von Tierärzten empfohlen und können gerade in größeren tierärztlichen Praxen und Kliniken mit flexiblen Arbeitszeitmodellen den Arbeitsalltag enorm erleichtern. Mithilfe der Softwares lassen sich nicht nur Personaleinsatz- und Dienstpläne automatisch erstellen, sondern u. a. auch Bereitschaftsdienste und Urlaube planen, der Lohn berechnen und die Arbeitszeit der Mitarbeiter erfassen. Auf die wichtigsten Merkmale wollen wir etwas näher eingehen: 

1. Erstellung von Dienst- und Schichtplänen

Die Praxis-Softwares ermöglichen eine schnelle, einfache und übersichtliche Erstellung von Dienst- und Schicht­plänen. Dabei werden u. a. individuelle Wünsche der Mitarbeiter, Qualifikationen, maximale Wochen­arbeitszeit und maximale Zahl der aufeinanderfolgenden Dienste berücksichtigt und automatisch ergänzt. Eine manuelle Korrektur ist jederzeit möglich. 

Sich regelmäßig wiederholende Folgen von Diensten und freien Tagen können in Schichtzyklen zusammen­gefasst werden, die dann im Monatsplan vorbelegt, jedoch jederzeit überschrieben werden können. 

Mitarbeiter bekommen einen eigenen Zugang für die Dienstpläne und können Wunschdienste, Urlaubs­­an­fragen, Verfügbarkeiten und Abwesenheiten online ein­tragen, die dann vom Dienstplaner bestätigt oder abgelehnt werden. Außerdem können sie Ist-Zeiten selbst eingeben und vergangene Zeiterfassungen nachträglich korrigieren. 

Die Dienstpläne lassen sich als E-Mail versenden, ins Intranet oder Internet hochladen oder zu MS Excel exportieren. Die Softwares ermöglichen somit einen elektronischen Datenaustausch zwischen Dienstplanern und Mitarbeitern. Dadurch entfallen das Ausdrucken von Plänen und die Abgabe von Wunschlisten und Zetteln mit Ist-Zeiten auf Papier. 

Weitere Vorteile für den Arbeitgeber:

• Automatische und damit schnelle Erstellung von Dienstplänen.

• Einfache/r Zugriff und Verwaltung der Pläne online.

• Schnelle Änderung möglich bei Abwesenheiten (z. B. Erkrankung eines Mitarbeiters) mit der Möglichkeit, schnell einen geeigneten Ersatz zu finden und Dienste zu verschieben.

• Vereinfachte Zu- oder Absage von Urlaubsanfragen oder anderen Abwesenheitsanträgen. 

Vorteile für die Mitarbeiter: 

• Jederzeit und von überall Einsicht in den aktuellen (und vergangenen) Dienstplan möglich, mit Übersicht über monatliche Sollstunden, freie Tage und Abwesenheiten. 

• Faire Dienstplanung durch Berücksichtigung der eigenen (Urlaubs- und Dienst-)Wünsche. 

• Gerechte Verteilung von Schicht- und Bereitschaftsdiensten (nachts und an Wochenenden) auf alle
Mitarbeiter.

2. Zeiterfassung

Die Arbeitszeit, die ein Mitarbeiter ansammelt, wird automatisch von der entsprechenden Software erfasst und auf ein Arbeitszeitkonto verbucht. Dies ist die Grundlage zur Auswertung und Verwaltung der geleisteten Arbeits­stunden und ermöglicht die Darstellung von geplanten Diensten und Ist-Zeiten. Folgende Möglichkeiten stehen für die Zeiterfassung zur Verfügung:

• Digitale Stempeluhr am PC: Mitarbeiter tragen sich zu Arbeitsbeginn manuell ein und bei Arbeitsende
wieder aus. 

• Buchungsterminal mit Transponderleser (berührungslos oder Fingerprint). 

Die Mitarbeiter können die Arbeitszeiten online einsehen und bei einer Abweichung selbst korrigieren. Nach einer Bestätigung der Zeiterfassung durch den Arbeitgeber ist keine Korrektur mehr möglich. 

Vorteile der genauen Erfassung der Arbeitszeit:

• Für den Arbeitgeber: Kontrolle der Anwesenheit und Ankunftszeit der Mitarbeiter möglich. 

• Für den Arbeitnehmer: Durch die Überwachung von Vorgaben und Grenzwerten (bezüglich Tages- und Wochenarbeitszeit, Anzahl der Nachtdienst etc.) werden Mehrarbeit und maximale Arbeitszeit erkannt.
Dies ist die Grundlage einer fairen Entlohnung der tatsächlichen Arbeitszeit. 

Beide genannten Softwares können vor dem Kauf kostenlos getestet werden. 

Weitere Informationen finden Sie unter: 
www.xplan-software.eu
www.papershift.com/produkt