7 Fragen an Dr. Volker Moser

Ein Österreicher an der Spitze der UEVP

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Die Generalversammlung der Europäischen Union freiberuflicher Tierärzte (UEVP) hat Dr. Volker Moser für das Mandat 2023–2025 zum UEVP-Präsidenten gewählt. Er wird somit die europäische Stimme von Freiberuflern aus 29 Ländern und fünf tierärztlichen Organisationen (EAPHM, EAZWV, FECAVA, FEEVA, PVSGEU) sein.

Herr Doktor Moser, die Generalversammlung der UEVP hat Sie kürzlich zu ihrem Präsidenten gewählt. Welche inhaltlichen Schwerpunkte werden Sie im Rahmen Ihrer neuen Funktion setzen?

Zunächst möchte ich mich für die Gelegenheit bedanken, tierärztliche Themen, die uns auf europäischer Ebene verbinden, ansprechen zu dürfen, um hoffentlich das Interesse einiger Kolleg*innen wecken zu können! Meine neue Position umfasst eine vielfältige Agenda. Diese setzt sich einerseits aus Themen, die laufend betreut werden müssen, zusammen – dazu gehören etwa die Verknappung der veterinären Medikamente und die Mangelsituation der tierärztlichen Versorgung, die mittler­weile nicht nur in länd­lichen Gebieten vorherrscht. Andererseits stehen etwa auch „One Health“ und Themen­bereiche, die wir im neu gewählten Board diskutieren und bearbeiten wollen, auf dem Plan. Hier wird allem voran ein Schwerpunkt auf der Kommunikation der für Tierärzt*innen relevanten Themen liegen, denn um 300.000 Tierärzt*innen zu erreichen, brauchen wir zeitgemäße Strategien und Mittel. Wir werden uns auch mit der mentalen Gesundheit von Tierärzt*innen, der Diversität im tierärztlichen Beruf, dem Tierwohl und der Umsetzung des Artikels 25 AHL – Animal Health Law beschäftigen, um die „Stable to table“- respektive „Farm to fork“-Kampagnen der EU im Rahmen des Green Deals zu realisieren. 

Wie wird Ihre politische Arbeit aussehen - können Sie auch nationale tierärztliche Themen auf europäischer Ebene einbringen?

Die tägliche politische Arbeit ist sogenannten Working Groups zugeordnet, deren Mitglieder Expertise in dem jeweiligen Fachbereich mitbringen und Positionspapiere erarbeiten – ein sehr kommunikationsintensiver Prozess, der aber unabdingbar ist, um der europäischen Politik mit einer Stimme gegenüberzutreten. Diese Positionspapiere werden dann in der Generalversammlung von den Mitgliedstaaten beschlossen und vielfältig an die politischen Entscheidungsträger herangetragen. Hier bietet sich auch die Gelegenheit, Erfolgsrezepte oder besondere Notwendigkeiten, die auf nationaler Ebene bestehen, in den Meinungsbildungs­prozess einzubringen. Österreich spielt hierbei aufgrund seiner geografischen Lage und seiner Geschichte eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Die Europäische Kommission bereitet bis Jahresende einen neuen Entwurf zur Tierschutzgesetzgebung vor - welche Vorschläge werden Sie aus Sicht der praktizierenden Tierärzt*innen einbringen?

Der Entwurf, den Sie ansprechen, wird weit­reichende Folgen für unsere Branche haben. Wir werden mit Nachdruck auf eine lebbare Tierschutzgesetzgebung drängen, denn wir als Tierärzt*innen stehen wie keine andere Berufsgruppe im Spannungsfeld zwischen Lebens­mittelsicherheit, Tierschutz und Tierwohl und natürlich der Gesundheit von Mensch und Tier.

Wie möchten Sie das Interesse für europäische Themen bei den jungen Tierärzt*innen wecken?

Hierbei bedarf es eines Bündels an kurz-, mittel- und langfristigen Aktivitäten. Wir müssen von den Kolleg*innen lernen, wie sie zu Themen der flächendeckenden tierärztlichen Versorgung stehen und wie sie die Arbeitswelt wahrnehmen und entwickeln wollen – denn der gesellschaft­liche Auftrag an die Tierärzteschaft wird zu wenig ins Bewusstsein geholt und in der Vergangenheit wurde der Begriff der Work-Life-Balance zu sehr strapaziert. Hier müssen wir in einen Diskurs treten. Wir arbeiten eng mit der IFSA (Anm. d. Red.: Institute for Study Abroad, internationale Studentenorganisation) zusammen – deren Vertreter*innen sind bei allen Veranstaltungen eingeladen und nehmen regelmäßig an Round-Table-Diskussionen teil; sie steuern interessante und wertvolle Gedanken bei. 

Wie sehen Sie die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz im tierärztlichen Bereich, vor allem bei Nutztieren? Sind strengere Regularien und Einschränkungen nötig?

Das ist ein weites Feld, das ich im Rahmen meiner Aufgaben auch in der Taskforce zu diesem Thema bearbeiten darf. Es scheint vieles möglich zu sein - es ist zurzeit noch nicht abschätzbar, wie weit diese Reise unseren Beruf tragen wird. Bei all der Euphorie und den bestehenden Sorgen wird es entscheidend sein, einerseits auch emotionale Barrieren abzubauen und den Nutzen für die Tierärzteschaft aufzuzeigen, andererseits muss man aber auch ein brauchbares Regelwerk entwickeln, aufbauend auf dem European Artificial Intelligence Act. Die Zeit drängt, die Chancen für die Tierärzteschaft nutzbar zu machen, denn branchenfremde Dienstleister*innen und Unternehmen schielen förmlich auf diese tierärztlichen Chancen. 

Antibiotikaresistenten sind in aller Munde. Ist das weitreichende Antibiotikaverbot bei Heim- und Nutztieren, das im Vorjahr seitens der EU geplant war, nun vom Tisch?

Nein, keinesfalls – hier ist es wichtig, mit fach­licher Kompetenz permanent präsent zu sein, 
mit Fachwissen und Zahlen unseren Berufsstand realistisch auch gegenüber der Medienlandschaft darzustellen, und auch den Kolleg*innen aus der Humanmedizin und der Landwirtschaft gegenüber, die nur allzu gerne und allzu oft mit dem „populistischen Finger“ auf die tierärzt­liche Kollegenschaft zeigen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika, entsprechende Schulungen und Dokumentationen sowie die Kommunikation werden auch in Zukunft ein herausfordernder, intensiver Teil unseres täglichen Lebens bleiben. 

Welchen Fokus legt die UEVP auf das Thema Nachhaltigkeit?

Dieses Thema wird definitiv ein Schwerpunkt der nächsten Jahre – hierzu wurde eben auch eine Arbeitsgruppe eingerichtet.

Danke für das Gespräch!